Attacken gegen Kommunalpolitiker nehmen weiter zu
Attacken gegen Kommunalpolitiker nehmen weiter zu
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KOMMUNAL EXKLUSIV

Attacken auf Kommunalpolitiker in der Corona-Pandemie weiter gestiegen

Die jüngste Umfrage von KOMMUNAL für das ARD-Politmagazin "Report München" lässt an trauriger Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Hass und Gewalt gegen Bürgermeister, Mitarbeiter in Rathäusern und Kommunalpolitiker ist weiter an der Tagesordnung - und nicht nur das: Das Ausmaß ist während der Corona-Pandemie sogar weiter angewachsen. Alle erschreckenden Zahlen und Fakten im Überblick:

72 Prozent der Bürgermeister in Deutschland wurden bereits beleidigt, beschimpft, bedroht oder sogar tätlich angegriffen. Das hat eine exklusive Umfrage des Magazins KOMMUNAL im Auftrag des ARD-Politmagazins report München unter 1.611 Mandatsträgern ergeben. Bei einer vergleichbaren Umfrage im vergangenen Jahr lag der Wert noch bei 64%. Über ein Drittel der Befragten sieht eine Zunahme der Übergriffe und Beleidigungen aufgrund der Corona-Pandemie. 

Kommunalpolitiker

Auffallend ist dabei, dass es schon lange nicht mehr nur die Großstädte sind, in denen das Klima vergiftet ist. Vor allem in kleineren Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern hat die Zahl der Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen und auch der körperlichen Angriffe deutlich zugenommen. In vielen Regionen erreicht die Hasswelle inzwischen fast die Werte von Großstädten. 

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Nicht nur die Bürgermeister sind das Ziel von Attacken: In 79% der Kommunen gab es Beleidigungen und Übergriffe gegenüber Gemeindevertretern oder Mitarbeitern. Vor einem Jahr berichteten noch 70% der Kommunen davon. 20% der Gemeindevertreter oder Mitarbeiter wurden sogar körperlich angegriffen, bespuckt oder geschlagen. Unter den Bürgermeistern haben dies 11 Prozent selbst erlebt – zwei Prozent mehr als im vergangenen Jahr und vier Prozent mehr als bei einer vergleichbaren Umfrage des Magazins KOMMUNAL im Auftrag des ARD-Politmagazins report München 2019.

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"Die Zahlen zeigen, dass selbst die Corona-Pandemie sogar Treiber von noch mehr Hass und Gewalt ist", so KOMMUNAL-Chefredakteur Christian Erhardt in der ARD-Sendung. Dabei verlagern sich Hass und Gewalt sogar bis in die heimischen Wohnzimmer. "Wir erleben, dass Hass und Gewalt im Home-Office erstmals eine signifikante Rolle in der Corona-Pandemie spielt", erläutert Christian Erhardt die Zahlen. Im vergangenen Jahr hatten gerade mal 1 Prozent der Rathäuser über Zwischenfälle von Mitarbeitern in den eigenen vier Wänden berichtet. Der Wert ist nun sprunghaft auf 10 Prozent angestiegen. "Natürlich ist das Homeoffice hier der logische Grund", so Erhardt. Im Gegenzug sind Übergriffe bei Veranstaltungen und direkt im Rathaus zurückgegangen. Aber bei Weitem nicht so stark, wie man das hätte angesichts vieler geschlossener Rathäuser hätte erwarten müssen. Bei Hass und Beleidigungen spielen zudem soziale Netzwerke eine immer größere Rolle. 

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Gerade in der Corona-Pandemie stehen natürlich diejenigen im direkten Kreuzfeuer, die vor Ort die Maßnahmen umsetzen müssen. Das sind die Mitarbeiter in den Rathäusern. Und entsprechend ist ein trauriges Ergebnis der neuen Umfrage, dass vor allem die Zahl der Übergriffe auf die Mitarbeiter in den Verwaltungen im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen hat. 

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Hass gegen Kommunalpolitiker und die Rolle der Corona-Pandemie 

37 Prozent der Umfrageteilnehmer sind der Ansicht, dass Beleidigungen oder Übergriffe durch die Corona-Pandemie zugenommen haben. 15 Prozent sprechen von einer deutlichen Zunahme, 22 Prozent sagen, diese Vorfälle hätten etwas zugenommen, 53 Prozent sagen, die Zahl der Übergriffe oder Beleidigungen sei in etwa gleich.

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Ein Grund sind dabei natürlich die sogenannten Corona-Leugner, die auch in der öffentlichen Wahrnehmung immer eine große Rolle spielen. Doch darüber hinaus sind es in kleineren Kommunen meist die "Kleinen" notwendigen Regeln, die ignoriert werden. Eine große Mehrheit der Kommunen beklagt Probleme mit dem Einhalten der beschlossenen Regeln. "Bund und Länder beschließen Maßnahmen, die Kommunen müssen sie vor Ort umsetzen. So werden die Mitarbeiter in den Städten und Gemeinden zu den Prügelknaben der Nation", kommentiert KOMMUNAL-Chefredakteur Christian Erhardt die Entwicklung in der ARD. 

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Ein kleiner Lichtblick: Jede zehnte Kommune gab auch an, dass ich im Rahmen der Corona-Pandemie die Hass und Gewaltwelle gegen Kommunalpolitiker und Mitarbeiter im Rathaus reduziert habe. 

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Bei der Durchsetzung der Corona-Maßnahmen gibt es deutliche Unterschiede zwischen den ostdeutschen und den westdeutschen Bundesländern. In den neuen Bundesländern beklagen deutlich mehr Bürgermeister Probleme bei der Umsetzung der Maßnahmen. Regional gibt es ebenfalls Unterschiede - so sind die Probleme bei der Durchsetzung in Bayern zwar vergleichsweise etwas geringer, hier sind aber Ausgangssperren (15 Prozent in Bayern melden Probleme, deutschlandweit 10 Prozent) höher als in anderen Regionen. "Das dürfte auch an den früheren und härteren Ausgangssperren im bayerischen Landesgesetz liegen", ordnet Christian Erhardt die Zahl ein.

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Die Umfrage wurde von KOMMUNAL im Auftrag des ARD-Politmagazins „Report München“ unter 1.611 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in der Zeit vom 08. bis zum 20. April 2021 durchgeführt.

Den TV-Beitrag der ARD können Sie hier noch einmal ansehen:  LINK ZUR ARD-SEITE

https://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/videos-und-manuskripte/hass-und-gewalt-gegen-politiker-corona-verstaerkt-trend100.html

Kleine Auswahl der Medienberichterstattung:

Bericht auf www.welt.de: HIER

Bericht der ARD-Tagesschau: HIER

Bericht auf www.Zeit.de: HIER

Bericht im Tagesspiegel: HIER