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Bis der Arzt kommt

17. März 2016
„Ein Leuchtturm gegen Landärzte-Mangel“ – so wird gerne ein Projekt im Sauerland genannt – eine Kommune wurde aktiv, um die Versorgung vor Ort zu gewährleisten. Ein Modell, das auch rechtlich dank aktueller Gesetzesänderungen möglich wird.

Der Autor Andreas Wasielewski ist Sachverständiger und Wirtschaftsberater für Arzt- und Zahnarztpraxen. Für Kommunen entwickelt er Konzepte zur nachhaltigen Sicherung der Gesundheitsvorsorge und berät bei Fragen zur Praxisnachbesetzung.

Doch seien Sie versichert: Es gibt Licht am Ende des Tunnels! Positiv zu werten sind hierfür vor allem die aktuellen Gesetzesänderungen, die Kommunen wichtige Handlungsspielräume beim Erhalt der kommunalen Gesundheitsvorsorge eröffnen. Um diese zu erobern, sollten Sie sich aber nicht nur auf die klassischen Einzelkämpfer konzentrieren! Nehmen Sie vielmehr den Strukturwandel ernst, der neue Ideen und Wege erfordert. Hier bieten sich vor allem kreative Ansätze an, die die Vorteile aus Anstellung und Niederlassung kombinieren.
„Werdet selbst aktiv“, könnte das Motto lauten, das sich für die Kommunen als große Chance hinter den Gesetzesänderungen verbirgt. Doch „aktiv werden“ bedarf einer klaren Strategie, um als Kommune Vorteile erzielen zu können.
Ärztemangel1280Ohne Kenntnisse der Anforderungen verpuffen gutgemeinte Projekte schon in den Ansätzen. So haben einige Kommunen erhebliche Anstrengungen unternommen, um bestehende Arztpraxen am Leben zu erhalten. Leider fokussierte man sich dabei auf das klassische Arzt-Praxis-Modell, ignorierte die Bedürfnisse, die junge Mediziner wirklich beschäftigen und verpasste so die Chance, die richtigen Anreize für eine Niederlassung beziehungsweise Arzttätigkeit vor Ort zu setzen.
Dabei gibt es gute Strategien zur nachhaltigen Sicherung der örtlichen Gesundheitsversorgung – als neue Option ist die Kommunale Arztpraxis eine hervorragende Möglichkeit, junge Mediziner „aufs Land“ zu holen.
Der Weg in die kommunale Arztpraxis
Junge (Fach-) Ärzte, die eine sichere und gutbezahlte Anstellung an einem Krankenhaus haben, sehen heutzutage immer weniger Sinn darin, sich durch Selbstständigkeit langfristig an einen Ort zu binden und somit Karriere sowie Lebensplanung eng einzuschnüren. Mit der in kommunaler Verantwortung getragenen medizinischen Versorgung betreiben die Kommunen die Arztpraxen selbst. Damit erfahren die hier arbeitenden Mediziner die Vorteile des Anstellungsverhältnisses, was ihnen für die Zukunft zudem auch andere Optionen offen lässt. Die Anstellung als Arzt auf dem Land gewinnt so an enormer Attraktivität und wird langfristig eine gute Alternative zum Dienst im Krankenhaus.
Vorteile der kommunalen Arztpraxis für junge Mediziner sind:

  • -  kein unternehmerisches Risiko
  • -  flexible Lebensplanung
  • -  vergleichbares Gehalt wie im Krankenhaus
  • -  keine Nachtdienste
  • -  Option zur späteren Übernahme der Praxis auf selbständiger Basis

Bis diese Vorteile jedoch ausgespielt werden können, müssen die Grundlagen dafür geschaffen werden. Aufgrund meiner Erfahrung empfehle ich allen am Prozess Beteiligten, sich bei der Planung der kommunalen Arztpraxis auf Standortsicherung statt auf Gewinnerzielung zu fokussieren. Zudem sind umfassende Vorabmaßnahmen zu leisten, die den Standort sowie den Markt und damit die Machbarkeit des Projektes analysieren. Stimmen hier alle Faktoren, können die weiteren Schritte geplant und die Umsetzung durchgeführt werden. 
Aus vielen Gesprächen als Sachverständiger und Wirtschaftsberater aber auch als Kommunalpolitiker in Mittelfranken weiß ich, dass die Mehrzahl der Kommunalpolitiker und Verwaltungsangestellten das Feld der kommunalen Arztpraxis noch nicht betreten haben. Trotz aller Komplexität der Materie bietet die Kommunale Arztpraxis jedoch enorme Chancen für fortschrittliche Kommunen. Die Attraktivität einer Kommune für die Bürger zu erhalten, die Einstufung als Klein- und Mittelzentrum langfristig zu festigen und damit insgesamt die Zukunft der Orte zu sichern, sollte genug Ansporn sein, um die kommunale Arztpraxis beziehungsweise kommunale Ärztehäuser in Angriff zu nehmen.
Hinweis: KOMMUNAL berichtet aus Bödefeld - ein Ort, der sich selbst vom Ärztemangel befreit hat. Was die kleine Sauerland-Gemeinde getan hat, was die Politik sagt, wie die Ärzte vor Ort die Situation sehen - der KOMMUNAL-EXKLUSIV Report in Ausgabe 05/2016 - ab dem 22. April frei Haus für unsere 100.000 Abonnenten der Printausgabe und am Kiosk!

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