Metropolenfokus aufgeben - 2021 Chance für einen Neustart nutzen
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Forderungen für 2021

Chancen für einen Neustart nutzen

In der Krise liegen Chancen. 2021 bietet die Chance, gleichwertige Lebens­verhältnisse voranzutreiben. Dafür müssen wir den zu starken Metropolenfokus aufgeben, meint Gerd Landsberg in seinem Jahresausblick.

Deutschland hat durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Jahr 2020 die größte Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges erlebt. Die Wirtschaft ist stark eingebrochen, die Zahl der Arbeitslosen ist auf über 3 Millionen Menschen angestiegen, weitere 3 Millionen Menschen sind derzeit in Kurzarbeit. Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie für die Menschen und für die Wirtschaft stellen unser Land vor immense Herausforderungen.

Die Coronakrise hat den Zusammenhalt gefördert

Aber auch in dieser Krise liegen Chancen. Die Menschen haben die Erfahrung gemacht, dass man eine derartige Bedrohungssituation besser durchsteht, wenn sie zusammenhalten.  Es hat sich auch gezeigt, dass Bund, Länder und Kommunen – also der Staat insgesamt – funktioniert. Er hat Hilfe nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Menschen organisiert und geleistet. Das hat zu einem großen Vertrauensgewinn gegenüber den staatlichen Ebenen, vor allem vor Ort in den Kommunen, geführt. Diesen Vertrauensvorschuss müssen wir in Zukunft ausbauen und weiter nutzen.

In der Zukunft muss es auch verstärkt darum gehen, dass wir das gemeinsame Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland konsequent weiter vorantreiben. Die Krise hat die Spreizung zwischen armen und reichen Regionen verstärkt. Bei allen neuen Gesetzen und Verordnungen sollte künftig geprüft werden müssen, ob dieses Vorhaben das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse fördert. Wichtig wäre zudem, dass sich der mediale und politische Scheinwerfer nicht immer wieder ausschließlich auf die wenigen Metropolen in Deutschland richtet. Die Mehrheit der Menschen lebt eben nicht in Großstädten, sondern in den weniger dicht besiedelten Regionen und ländlichen Räumen. Ob Pop-Up-Radwege in Berlin oder Hamburg, der Ausbau des städtischen ÖPNV oder der Wohnungsmangel in Ballungsräumen – all dies wird in der Öffentlichkeit vorrangig unter dem Aspekt der Metropole gesehen. Das muss aufhören.

Metropolenfokus aufgeben

Der zu starke Metropolenfokus sollte auch für die wichtige Frage der Verkehrswende überwunden werden. Die Weiterentwicklung der Elektromobilität ist gut und richtig. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass Hunderttausende Menschen auf ihr Auto angewiesen sind, weil sie als Pendler aus den ländlichen Räumen über Hunderte von Kilometern täglich in die Städte gelangen müssen. Wir müssen bei allen Verkehrskonzepten im Blick haben, dass Stadt und Land voneinander profitieren. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zum Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Gleichzeitig wird es aber auch eine Aufgabe sein, die zunehmende Vollkasko-Mentalität und Staatsgläubigkeit einzudämmen. Die richtigen und umfangreichen Hilfsmaßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen haben oftmals den Eindruck vermittelt, der Staat könne alles und überall leisten. So werden immer neue und differenzierte Rechtsansprüche in der Politik diskutiert und vorangetrieben. Der Rechtsanspruch auf kostenlose Ganztagsbetreuung in der Schule, der Rechtsanspruch auf ein bedingungsloses Grundeinkommen oder ein Anspruch auf Homeoffice. Dabei wird regelmäßig verkannt, dass der Staat nur das verteilen kann, was er vorher über Steuern eingenommen hat. Hier brauchen wir eine Trendwende und das ehrliche Eingeständnis, dass die Corona-Krise uns finanziell dauerhaft und nachhaltig fordern wird. Vieles, was wünschenswert ist, ist nicht finanzierbar. Wir warnen ausdrücklich davor, gerade in den Wahlkämpfen 2021 immer neue und kostenintensivere Versprechungen zu formulieren und zu fordern.

Ohne erfolgreiche Wirtschaft ist der Sozialstaat in Gefahr

Natürlich müssen wir alles dafür tun, dass unser bewährter Sozialstaat leistungsfähig und finanzierbar bleibt. Dazu gehört aber auch Mut, Eigeninitiativen zu fördern und zu fordern. Wir dürfen die Leistungsbereitschaft als wesentliches Element einer sozialen Marktwirtschaft nicht kleinreden. Wir müssen deutlich machen, dass ohne eine erfolgreiche deutsche Wirtschaft auch der Sozialstaat in Gefahr gerät.

Nur weil alle anderen Themen im vergangenen Jahr von der Pandemie überlagert wurden, sind sie nicht weniger wichtig. Der Klimaschutz bleibt eine zentrale Herausforderung unserer Zeit und die Kommunen haben hier eine Schlüsselposition. Klimaschutz und Klimafolgenanpassung sind nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance für ein besseres Leben vor Ort. Weniger Autoverkehr, mehr Fahrradverkehr, mehr Platz für Fußgänger, mehr Grün und mehr Wasser in der Stadt können zu einem deutlichen Plus an Lebensqualität führen. Dafür brauchen wir Kreativität und Mut zur Veränderung. Schon um die Hitze- und Dürreperioden in unseren Innenstädten und Ortskernen erträglich zu gestalten, werden wir diese Bereiche umbauen müssen. Wichtig ist, dass alle Maßnahmen in einem ausgewogenen Verhältnis von Finanzierbarkeit, Sozialverträglichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen stehen.

Kommunen müssen finanziell gestärkt werden

Aus eigener Kraft werden allerdings nur finanzstarke Städte und Gemeinden die notwendigen Investitionen auf den Weg bringen können. Im Hinblick auf die zu erwartenden geringeren Steuereinnahmen müssen die Kommunen finanziell gestärkt werden, damit zentrale Arbeitsfelder jenseits der pandemischen Herausforderungen nicht vernachlässigt werden müssen. Deshalb fordern wir auch für das Jahr 2021 einen weiteren Rettungsschirm zum Ausgleich von Gewerbe- und Einkommenssteuerverlusten.

Es darf auch nicht aus dem Blick geraten, dass wir die weltweite Klimakrise nur dann wirksam bekämpfen können, wenn sich möglichst viele Staaten an den notwendigen Maßnahmen beteiligen. Der Europäische „Green Deal“ ist dafür ein gutes Vorbild. In der Öffentlichkeit wird zu oft der Eindruck erweckt, die Klimakrise könnte national gelöst werden.

In den kommunalen Verwaltungen arbeiten viele motivierte Frauen und Männer mit einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein. Das hat die Krise für alle deutlich sichtbar gemacht. So haben die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, wie in vielen anderen Bereichen auch, schnell und weitgehend unkompliziert auf digitale Angebote umgestellt, wo dies möglich war. Diese Anpassungs- und auch Innovationsbereitschaft brauchen wir auch, wenn wir immer mehr Leistungen digital anbieten wollen und trotzdem Zwischenmenschliches und Bürgernähe weiter im Vordergrund stehen sollen. Um den Prozessen, etwa rund um das Onlinezugangsgesetz, zum nachhaltigen Erfolg zu verhelfen, brauchen wir auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger.

Neustart ins Jahr 2021 als Chance nutzen

Insgesamt zeigt sich mit Blick auf das kommende Jahr, dass Krisen durchaus auch eine Chance sein können. Es liegt an den Bürgerinnen und Bürgern sowie an einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Mit einem starken Zusammenhalt, ein Bekenntnis zu einem gemeinsamen Europa und zu unseren Werten, werden wir die Zukunft gewinnen.