Der Haupteingang in der Verbandsgemeinde Kandel @Verbandsgemeinde Kandel

Bürgermeister von Kandel wird bedroht

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kandel in Rheinland Pfalz wird mit anonymen Hasskommentaren überschüttet. Selbst der örtliche Karnevalsverein musste wegen hetzerischer Kommentare seine Webseite schließen. Hintergrund ist eine Beziehungstat - ein Flüchtling hatte offenbar seine 15 jährige Ex-Freundin mit einem Messer erstochen.

Wegen Drohungen gegen den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kandel hat die Kommune nun Anzeige erstattet. Die Pressestelle der Gemeinde erklärte am Abend, es seien zahlreiche Drohungen per Mail eingegangen. Diese stammten offenbar von verschiedenen Personen. Die Unterlagen wurden mit allen verfügbaren Daten der Polizei übergeben. Wie dramatisch die Drohungen vor allem gegen den Bürgermeister formuliert wurden, wollte die Pressestelle nicht sagen.

Kandel war Ort einer Beziehungstat

Die 16.000 Einwohner Gemeinde im Landkreis Germersheim war zwischen Weihnachten und Neujahr bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Ein 15 jähriges Mädchen war dort am 27. Dezember erstochen worden. Schnell stellte sich heraus, dass es sich wohl um eine Beziehungstat handelte. Der mutmassliche Täter - er sitzt inzwischen in Untersuchungshaft - war der Ex-Freund des Mädchens. Er kam als Flüchtling nach Deutschland und soll nach bisherigen Erkenntnissen älter sein, als er bei seiner Ankunft angab. Der Fall löste daraufhin eine politische Debatte über DNA-Tests zur Altersdiagnostik aus.

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Bürgermeister von Kandel rief dazu auf, niemanden vorzuverurteilen

Im Rahmen der Debatte hatte Bürgermeister Volker Poß zu pauschale Forderungen nach einem härteren Umgang mit Flüchtlingen beklagt. Er rief zu Besonnenheit auf. Darauhin begann nach Angaben der Stadt die Hasswelle gegen das Stadtoberhaupt. Voß musste inzwischen auch seine persönliche Homepage schließen.

Karnevalsverein von Kandel sagt Menschenkette wegen Hasskommentaren ab

Die örtliche Karnevalsgesellschaft hatte nach der Beziehungstat federführend mit Vereinen, Kirchen und den Ratsfraktionen als Zeichen der Anteilnahme eine Menschenkette geplant. Sie sollte am kommenden Sonntag stattfinden. Nachdem auch der Karnevalsverein für diese Aktion massiv beschimpft wurde, sind alle Verantwortlichen der Aktion übereingekommen, diese nun um vier Wochen zu verschieben. Die Karnevalsgesellschaft hat inzwischen wegen der Hasskommentare auch ihre Facebook-Seite gelöscht. "Das habe ich noch nie erlebt, dass Menschen solche Sachen loslassen", wird ein Sprecher des Vereins in der örtlichen Presse zitiert.

Heftige Reaktionen im Netz - auch auf seriösen Portalen

Am Abend berichteten erste Online-Medien über die die Droh-Mails gegen den Rathauschef. Auf verschiedenen Plattformen findet sich in den Kommentarspalten von Nutzern ebenfalls harrsche Kritik am Vorgehen des Bürgermeisters. Hasskommentare werden hier zwar von den Redaktionen (wie auch bei uns) umgehend gelöscht. Scharfe Kritik hagelt es dennoch. So schreibt Werner G. auf der Plattform von Welt-Online: "Wenn man nach einem Mord noch eine Menschenkette organisiert muss man sich nicht wirklich wundern, wenn da bei dem ein oder anderen die rote Linie deutlich überschritten ist". Ein anderer Nutzer schreibt: "Wer das nicht aushält, soll aus der Öffentlichkeit verschwinden und Leuten Platz machen, die damit klar kommen". Andere fordern auf diversen Online-Seiten den Rücktritt des Bürgermeisters. Vereinzelt bekommt er aber auch Zustimmung in den Nutzer-Kommentaren.