Ärger wegen steuerlichem Querverbund
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Steuerlicher Querverbund: Steuersparmodell gerät ins Wanken

Der Bundesfinanzhof will den sogenannten steuerlichen Querverbund bei kommunalen Unternehmen durch den Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen. Kommunale Spitzenverbände warnen vor massiven Folgen!

Viele Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge bringen dauerhaft Verluste: zum Beispiel der Betrieb von Schwimmbädern, Bibliotheken, Theatern oder der Öffentliche Personennahverkehr. Deshalb lagern Kommunen ihre Betriebe, die dauerhaft Verluste erwirtschaften, in kommunale Eigengesellschaften, wie Stadtwerke GmbHs aus - und sparen damit Steuern.

Seit Jahren aber gibt es wegen dem Steuersparmodell Ärger mit Finanzämtern und -gerichten. Nun ruft der Bundesfinanzhof den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg an. Er soll klären, ob es sich dabei um eine staatliche Beihilfe handelt - die verboten ist.

Dabei geht es um einen Rechtsstreit aus Mecklenburg-Vorpommern. Die Klägerin ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen. Die Anteile der GmbH werden komplett von einer Stadt gehalten. Die hatte den Betrieb des Schwimmbades dem Energieversorgungsunternehmen übertragen. Weil die Schwimmhalle dauerhaft Verluste erwirtschaftete, machte die GmbH die Verluste steuermindernd geltend. Prüfer haben das aber nicht anerkannt und als "verdeckte Gewinnausschüttung" beanstandet.

Bestätigt der Europäische Gerichtshof die Zweifel, drohen vielen Kommunen auch außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern finanzielle Schwierigkeiten und hohe Steuernachzahlungen über einen Zeitraum von vielen Jahren.

Steuerlicher Querverbund: Wie wichtig ist das Steuersparmodell für Städte und Bürger?

"Wenn der EuGH zu der Auffassung kommen sollte, dass das rechtswidrige Beihilfen sind, wäre die gesamte Schwimmbadversorgung in Deutschland in Frage gestellt", warnt Uwe Zimmernann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. "Es gibt kein kommunales Schwimmbad, das sich wirtschaftlich trägt, die werden alle bezuschusst. Das ist ja auch so gewollt, weil es sich um eine Dienstleistung für die Bürger handelt." Betroffen sind nicht nur Schwimmbäder, denn die kommunale Daseinsvorsorge umfasst auch andere Bereiche, wie beispielsweise den ÖPNV.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) warnte ebenfalls vor weitreichenden Folgen für die Bürger: "Wenn der kommunale Querverbund nicht mehr angewendet werden dürfte, könnten in der Folge viele kommunale Leistungen wie ÖPNV und Schwimmbäder im derzeitigen finanziellen und rechtlichen Rahmen nicht mehr erbracht werden."

Der Bundesfinanzhof macht deutlich, dass ein Unternehmen von der Kommune einen Ausgleich dafür verlangen würde, wenn es Busse oder Bäder finanzieren würde. Der VKU meint dazu: "Hier geht es um Daseinsvorsorge. Wenn private Unternehmen so ähnliche Verlustgeschäfte fürs Allgemeinwohl übernehmen wollen, dann nur zu."

Wurde das EU-Recht nicht beachtet?

Die Bundesregierung sah das ähnlich und änderte vor ein paar Jahren ein Gesetz. Demnach sollten Dauerverluste, die aus verkehrs-, sozial-, oder gesundheitspolitischen Gründen übernommen werden, nicht mehr als verdeckte Gewinnausschüttung gelten. Allerdings: Der Bund legte die neue Regelung nicht der EU vor. Damit blieb unklar, ob dies mit EU-Recht vereinbar ist.

Bei Privatfirmen ist das Steuerrecht streng: Solche Verlustverrechnungen zählen als verdeckte Gewinnausschüttung und führen deshalb auch nicht zu einer geringeren Steuernabgabe. Der Finanzhof sieht deshalb einen selektiven Vorteil für Kommunalunternehmen und geht von einer Beihilfe aus.

Das Bundesfinanzministerium sieht in dem steuerlichen Querverbund aber eine wichtige Regelung für die Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge auf kommunaler Ebene. Es kündigte an: "Im Verfahren vor dem EuGH werden wir die Regelung verteidigen und darlegen, dass sie mit dem EU-Recht vereinbar ist."

Und auch der Städte- und Gemeindebund erklärt, dass die kommunale Daseinsvorsorge etwas anderes sei als ein privates Unternehmen: "Wir sind erstmal optimistisch, dass auch der EuGH sieht, dass es sich dabei um Tätigkeiten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, die für die Gemeinschaft von Nutzen sind. Da müssen auch steuerliche Privilegien zulässig sein", sagt Zimmermann.

Auch von Njema Drammeh