Forsa-Chef Manfred Güllner

Forsa-Umfrage zu Corona

Mehrheit der Deutschen steht hinter Lockdown

Den von Bund und Ländern verhängten Teil-Lockdown sehen zwei Drittel der Bürger als angemessen an. Die kommunalen Entscheidungsträger sollten sich daher stets verdeutlichen, dass die Corona-Gegner eine Minderheit sind, meint Forsa-Chef Manfred Güllner.

Politische Entscheidungen auf Bundes- und Länderebene wirken sich in Corona-freien Zeiten meist nicht unmittelbar auf den Alltag der Bürger aus, sondern erst mit zeitlicher Verzögerung und dann oft auch als eher abstrakte Regelungsmechanismen ohne direkt spürbare konkrete Auswirkungen. Doch die in der Corona-Krise in der Runde der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin getroffenen Entscheidungen sind für die Bürger sofort und unmittelbar wirksam.

Zwei Drittel halten Lockdown für angemessen

Die meisten dieser Entscheidungen seit Beginn der Pandemie wurden von der großen Mehrheit der Bürger für richtig oder gar für nicht streng und ausreichend genug gewertet. Nur eine Minderheit hat bislang die Einschränkungen als zu weitgehend empfunden. Das gilt auch für die jüngsten zur Eindämmung der Infektionszahlen beschlossenen Maßnahmen, die zwei Drittel aller Bundesbürger für angemessen (50 %) oder nicht weitgehend genug (16 %) bewerten. Einem Drittel gehen die für November beschlossenen konkreten Maßnahmen zu weit.

Dabei wird die Schließung von Sportstätten am ehesten (von 65 %) für angemessen gehalten. Mehrheitlich (von 55 %) wird auch die Schließung von Kultureinrichtungen für richtig gehalten. Lediglich die Schließung von gastronomischen Betrieben hält eine Mehrheit von 57 Prozent nicht für angemessen. Dabei gibt es bei der Akzeptanz der Schließung von Sportstätten keine Unterschiede zwischen Stadt und Land. Die Schließung von Kultureinrichtungen bedauern eher die Bewohner der urbanen Metropolen als die Bewohner des ländlichen Raums, während die Schließung von gastronomischen Betrieben eher in den kleinen Gemeinden als in den großen Städten kritisch gewertet wird.

Grafik Corona Forsa

Die für den Monat November beschlossenen Einschränkungen werden wie alle bisherigen Maßnahmen überwiegend für richtig befunden, obwohl sich diese Beschränkungen auf den Alltag der Menschen in hohem Maße (40 %) oder zumindest etwas (49 %) auswirken. So muss zum Beispiel mehr als die Hälfte der Bürger die bisherigen Pläne für Weihnachten ändern. Doch das beeinträchtigt nicht die generelle Akzeptanz der Einschränkungen, zumal sich viele Menschen bei den hohen Infektionszahlen zunehmend davor ängstigen, dass sie selbst oder ein naher Angehöriger mit dem Virus infiziert wird. Insofern erhofft man sich von den einzelnen Maßnahmen einen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie – auch wenn man sich Ende des Jahres anders als noch im Sommer keine allzu großen Illusionen mehr über ein schnelles Ende der Pandemie macht.

Lockdown Forsa

Die kommunalen Entscheidungsträger sollten sich bei ihrem Krisenmanagement und ihrem unmittelbaren Kontakt mit den Bürgern immer bewusst sein, dass die „Corona-Gegner“ nur eine Minderheit und weitgehend identisch sind mit jenen, die ohnehin einen Hang zu rechtsradikalen Verschwörungstheorien haben. Es ist deshalb wichtig, dass gerade vor Ort nicht jenen Gruppen von sich lautstark artikulierenden „Querdenkern“ zu viel Beachtung geschenkt und Bedeutung zugemessen wird. Es wäre völlig falsch, diese Gruppe als Nukleus einer neuen sozialen Bewegung aufzuwerten. Das wäre so falsch wie es schon bei Pegida falsch gewesen ist, diese rechtsradikale Minderheit als harmlose „Wutbürger von Oberursel bis Dresden“ (wie in Medien wie dem STERN zu lesen war) anzusehen.

Corona-Leugner eine Minderheit

Den heutigen „Querdenkern“ muss immer klargemacht werden, dass sie nicht die Meinung der großen Mehrheit der Bürger artikulieren und vertreten, sondern nur die einer radikalen Minderheit. Und die große Mehrheit der Bürger, die alles unterstützt, was zur Eindämmung der Corona-Pandemie geeignet sein könnte, darf nicht das Gefühl bekommen, dass sich die Politik auch vor Ort zu wenig um diese Mehrheit und zu viel um die Minderheit der Corona-Leugner kümmert. So wird auch die Stimmung im Hinblick auf die Akzeptanz der zur Bewältigung der Corona-Krise erforderlichen Maßnahmen nicht – wie in letzter Zeit fälschlicherweise oft zu hören war – „kippen“.

Vorrang haben Interessen der Mehrheit

In der Vergangenheit zeichnete sich eine gute und von den Bürgern akzeptierte Kommunalpolitik dadurch aus, dass interessensgeleiteten Partikulargruppen stets nur der Stellenwert eingeräumt wurde, der ihnen zukam. Vorrang aber hatten die Interessen der Mehrheit. Die Beachtung dieser alten Tugend der Kommunalpolitik ist in der Corona-Krise wichtiger denn je.