Pflegeheim- Coronaausbruch-Sanktionen
Corona-Viren sind besonders für Senioren gefährlich, in Pflegeheimen ist besondere Vorsicht geboten.
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Sanktionen

Coronaausbruch in Pflegeheim: Wie Behörden einschreiten können

Immer wieder kommt es in Pflege-und Seniorenheimen zum schweren Coronaausbruch mit Toten. Nachdem künftig Besuche vielerorts wieder erlaubt sind, stellt sich für viele die Frage: Wie sicher sind die Menschen dort untergebracht? Welche Sanktionsmöglichkeiten haben Gesundheitsbehörden, wenn es Mängel beim Infektionsschutz gibt?

Sie zählen zur Risikogruppe und zu den Schwächsten in der Gesellschaft: Betagte Senioren. Deshalb müssen sie ganz besonders vor einem Coronaausbruch geschützt werden. Doch ausgerechnet in Pflegeheimen wütet das Virus besonders schlimm. Nach Erhebungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) lebten mehr als ein Drittel der Corona-Toten in Deutschland in Heimen.

Tote bei Coronaausbruch in Pflegeheimen

 Nur zwei Beispiele: In einem Wolfsburger Pflegeeim sind Berichten zufolge über 40 Bewohner an Corona verstorben. In einem Würzburger Pflegeheim erlagen bislang 22 Menschen den Folgen der Infektion. Die Liste der Einrichtungen mit heftigen Corona-Ausbrüchen ist inzwischen lang. Verzweifelte Angehörige verlangen immer häufiger Konsequenzen gegen die Heimleitung. KOMMUNAL wollte wissen: Über welche Handhabe verfügen Gesundheitsbehörden überhaupt? Wie gehen sie vor - und  wann drohen Sanktionen und strafrechtliche Ermittlungen gegen die Heimbetreiber?

Eklatante Verstöße in Pflegeheim angeprangert

Im Landkreis Potsdam- Mittelmark (Brandenburg) sind acht Senioren  nach einem Corona-Ausbruch in einem Pflegeheim verstorben. Gesundheitsaufseher und Ärzte stellten fest, dass in der Einrichtung immer wieder gegen Hygienieauflagen verstoßen wird, was der private Träger zurückweist. Er hat den Vorwürfen widersprochen. Doch das Gesundheitsamt bleibt bei seiner Einschätzung: "Teilweise werden Vorgaben und angeordnete Maßnahmen des Gesundheitsamtes nicht umgesetzt und nicht befolgt",  kritisierte das Landratsamt.

Dieser Vorwurf ist öffentlich auf der Landkreis-Homepage zu lesen. Ganz offensichtlich als Reaktion auf die Schlagzeilen, die der Corona-Ausbruch verursachte - und wohl auch eine Warnung an andere Heime.

"Verantwortlichen fällt auf, dass die Heimleitungen nicht ausreichend für Krisensituationen geschult sind, sich oft vollkommen überfordert fühlen und auch von ihrem Träger allein gelassen werden", heißt es in dem Schreiben des Landratsamtes. 

Gesundheitsamt kündigt verstärkte Kontrollen im Heim an

Die Behörde bemängelt auch öffentlich, dass zu wenige Tests dazu führen, dass oft zu spät erkannt wird, dass in Heimen das Virus bereits Einzug gehalten hat. "Die Heimleitungen werden dann von einer Welle überrollt und gut durchdachte Pläne, wie man in dieser Situation umgehen würde, werden Null und nichtig." Das Gesundheitsamt kündigte an, in den Heimen nun verstärkt Kontrollen durchführen zu wollen. Und nach einem Beschluss von Bund und Ländern soll künftig in Pflegeheimen mehr getestet werden.

"Die Erfahrungen zeigen, dass sich sehr viele Heime mit ihrem Personal bemühen, richtig auf die Krise zu reagieren", sagte eine Sprecherin des Landratsamtes, "das rechtfertigt aber nicht, dass wissentlich gegen angeordnete Auflagen und notwendige Hygienemaßnahmen verstoßen wird."

Einem Corona-Ausbruch möglichst vorbeugen

Doch die Behörden sind nicht machtlos: Sie sollten zunächst alles tun, um die Heime unter den schwierigen Bedingungen in der Corona-Krise zu unterstützen - und wenn nötig drastischen Maßnahmen ergreifen. Zunächst ist darauf zu achten, dass Heimleitungen und das Personal über alle Informationen zu den  Infektionsschutzmaßnahmen verfügen, um einem Corona-Ausbruch möglichst vorzubeugen.

Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts RKI

Das Management der Einrichtung sollte möglichst in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden einen Covid-19-Plan erarbeiten. Dazu gehört, dass Teams mit klarer Verantwortungszuordnung für Hygiene, Infektionskontrolle der Heimbewohner, des Personals und der Angehörigen aufgestellt werden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat dazu Empfehlungen erarbeitet.

Tritt ein Infektionsfall auf, müssen die infizierten Heimbewohner sofort isoliert werden. Infiziertes Pflegepersonal, das keine Symptome zeigt, darf nur noch in Bereichen arbeiten, in denen ebenfalls infizierte Heimbewohner untergebracht sind. Allerdings nur solche Mitarbeiter, die unter "erweiterter Quarantäne" stehen und ihre Wohnungen nur verlassen dürfen um zur Arbeit zu gehen.

Infektionsgeschehen kann sich rasch ändern

Es ist immens wichtig, dass Gesundheitsamt und Heime in engem Austausch stehen, weil sich ein Infektionsgeschehen rasch ändern kann. Wer heute negativ getestet ist, kann morgen schon infiziert sein.

"Unsere Mitarbeiter gehen teilweise täglich in die betroffenen Heime", berichtet ein Sprecher  des Landratsamtes Potsdam-Mittelmark. Zudem stehe man telefonisch in Kontakt. "Die Kommunikation muss stimmen", betont er. "Man muss nicht gleich die große Keule an Sanktionen ansetzen, wichtig ist es, die weitere Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen."

Angehörige verstoßen gegen Abstandsregeln

Wenn Angehörige Verstöße melden, dann müssten diese ernst genommen werden. Dann komme der Gesundheitsaufseher auch ohne Anmeldung vorbei. Andererseits verstoßen auch Angehörige zuweilen gegen die Regeln. "Während der Besuchsverbote in den Heimen spielten sich Szenen ab, die unverantwortlich waren", sagte eine Sprecherin der Kreisverwaltung KOMMUNAL. "So umarmten in einem Fall Angehörige  den über 100-jährigen Bewohner auf der anderen Seite des Gartenzauns".

Kriseninterventionsteam nach Corona-Ausbruch

Im Falle des von vielen Corona-Infektionen betroffenen Heimes in Potsdam-Mittelmark  schaltete sich ein Kriseninterventionsteam des Robert-Koch-Instituts ein, mit Experten der beim Land angesiedelten Heimaufsicht, des Medizinischen Dienst und weiteren Pflegeexperten. Damit hoffen die Behörden, den Ausbruch eindämmen zu können, damit Corona nicht weitere Todesopfer fordert.

Bußgelder und Strafverfahren drohen bei Verstößen

Vorgeschrieben ist, dass die Heime eine nachgewiesene Corona-Infektion umgehend meldenSollte in Heime trotzdem immer wieder gegen die Vorgaben verstoßen werden, können die Behörden dies als Ordnungswidrigkeiten nach dem Bundesinfektionsgesetz mit hohen Bußgeldern ahnden - und sogar die Einrichtungen schließen.

 Strafen bei Verstößen gegen Infektionsschutzgesetz

Immer häufiger ermittelt die Staatsanwaltschaft in deutschen Heimen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Verstöße gegen das Bundesinfektionsschutzgesetz können - je nach Schwere der Ordnungswidrigkeit bis zu 2500 Euro und bei schwereren Verstößen bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Bei einer schweren Straftat wäre eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren möglich.

Bund und Länder lockern Besuchsverbot in Heimen

Die Situation könnte sich noch zuspitzen: Bund und Länder haben vereinbart, dass im Zuge der Lockerungen Besuche in Heimen wieder erlaubt sind. Der Schutz für die Heimbewohner müsse im Vordergrund stehen und der Gefahr der Ausbreitung von Infektionen der wesentliche Maßstab sein, heißt es ihrem Beschluss. Entsprechende Regularien dürfen aber nicht zu einer vollständigen Isolation der Betroffenen führen. Es kommt daher Heimleitungen, Personal - und Angehörige an, die Bewohner möglichst vor dem in Heimen oft tödlichen Corona-Virus zu schützen.