Dettmannsdof trotzt dem Trend
Dettmannsdorf trotz dem Trend und zieht beharrlich junge Leute an.

Dettmannsdorf - Der Bürgermeister der Gründer

1.030 Einwohner in einer Gemeinde östlich von Rostock. Direkt nach der Wende wurde die örtliche Schule geschlossen. Der Beginn des politischen Lebens von Stefan Schmidt. Seit 1995 ist er ehrenamtlicher Bürgermeister in Dettmansdorf.

Auf dem Hof der Evangelischen Regionalschule in Dettmannsdorf spielen die Kinder. Ein helles, lichtdurchflutetes Gebäude mit modernen Unterrichts- und Fachräumen steht mitten in der Gemeinde östlich von Rostock, im Amt Recknitz-Trebeltal. Verantwortlich dafür ist Stefan Schmidt. Der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde, seit 1995 im Amt und stets auf der Liste des Bauernverbands angetreten, ist auch Vorsitzender des hinter der freien Schule stehenden Schulvereins.

Dettmannsdorf in den 1990ern - ein Problemfall

„Der Auslöser war im Prinzip die Wende 1989/90“, sagt Schmidt. „Es war in der Aufbruchzeit zu erkennen, dass gerade auf dem Gebiet der Bildung viel zu tun ist, weil es gerade im Bereich der Bildung große Defizite gab.“ In Dettmannsdorf und Umgebung habe es viele Jugendliche gegeben, die durchs Raster gefallen seien. Sie hätten mit der Berufsreife ihre Schulbildung beendet, dann aber kaum eine Ausbildung gefunden. „Es war schwer, für diese Kinder überhaupt Fuß zu fassen“, sagt Schmidt. „Es gab nur noch Leistungsdenken in überhöhter Form.“ Es fehlte die Wertebildung. Und dann schloss der Landkreis auch noch die örtliche Schule. Als erstes, denn sie war am weitesten vom Zentrum des Landkreises entfernt. „Da haben wir uns im kleinen Kreis damit beschäftigt, was man machen müsste“, sagt Schmidt. Zusammen mit dem Pastor aus dem benachbarten Bad Sülze entstand das Konzept für eine evangelische Schule. „Heute lernen hier 350 Kinder an der Schule, wir sind bis auf die zehnte Klasse zweizügig“, sagt Schmidt. „Wir haben eine sehr moderne Schule aufgebaut, die in der Region eine sehr feste Größe ist und die entsprechende Anerkennung erfährt.“

Der Bürgermeister von Dettmannsdorf

Doch ging das Projekt des Bürgermeisters immer auch im Gemeindrat glatt durch? „Jein“, antwortet Schmidt. „Da bin ich als Bürgermeister dann auch manches Mal an meine Grenzen gestoßen.“ Zum Beispiel, als es darum ging, ob die freie Schule in das leerstehende Gebäude der früheren staatlichen Schule einziehen konnte. Er selbst musste bei diesem Thema ja vor die Tür gehen, durfte als Befangener nicht mitentscheiden. „Ich kann mich erinnern, dass ich da gefühlte Stunden draußen saß – auch wenn es nur eine halbe Stunde war“, sagt Schmidt. „Man war abgeschnitten, konnte selbst nicht argumentieren, und war darauf angewiesen, dass der Rest den richtigen Weg fand.“ Am Ende kam dann der Mietvertrag zu Stande. Doch als Schmidt später darüber nachdachte, sein Amt als Bürgermeister niederzulegen, um sich nur um das Schulprojekt zu kümmern, war der Gemeinderat strikt dagegen. „Und die Zeit hat dann gezeigt, dass man auch beides unter einen Hut bringen konnte.“

Aufschwung in Dettmannsdorf

Zumal die Einwohner in Dettmannsdorf unternehmungslustig sind, und im Unterschied zu anderswo auch etwas unkonventioneller denken. Genau wie ihr Bürgermeister. Schon im Juni 1990 hatte man die örtliche LPG aufgelöst, anders als in vielen anderen Orten Ostdeutschlands machten sich die Menschen selbständig. Neben der evangelischen Schule, die mit rund 70 Arbeitsplätzen größter Arbeitgeber des Dorfes ist, gibt es heute rund 90 Selbständige und Gewerbetreibende, und immerhin acht Haupterwerbslandwirte. Der Gemeinde geht es gut, jedenfalls was die eigenen Ein- und Ausgaben betrifft. „2014 hatten wir sehr gute Einnahmen hier“, erinnert sich Schmidt. Doch dafür musste Dettmansdorf dann zwei Jahre später fast 500.000 Euro an den Haushalt von Amt und Landkreis abgeben „Das ist nicht fair“, sagt der ehrenamtliche Bürgermeister. „Wer gut gewirtschaftet hat, wird bestraft.“ Dies sei demotivierend für Bürgermeister und Gemeinderat. Auch Dettmannsdorf müsse immer Fördermittelanträge stellen, um Dinge zu bauen. „Wesentlich besser wäre es, wenn die Kommunen per se haushaltsmäßig besser ausgestattet wären, und selbst entscheiden könnten“, sagt Schmidt. „Das wäre ein Schritt in Richtung kommunaler Selbstverwaltung.“

Die Schule von Dettmannsdorf

Wobei in Dettmannsdorf nicht immer alles nur mit Fördermitteln gemacht wird. Aus dem ehemaligen Kulturhaus des Ortes soll ein neues Dorfgemeinschaftshaus werden. Doch als die Gemeinde beschloss, das dafür nötige Gebäude, eine ehemalige Gaststätte, zu kaufen, stellte sich der Landkreis quer. Der Betrieb eines solchen Gebäudes sei nicht Aufgabe einer Gemeinde, Fördermittel könne es nicht geben. „Wir haben dann ein Konzept ohne Fördermittel gemacht“, sagt Schmidt. Das Gebäude sei in vier Einheiten aufgeteilt und vermietet worden, zum Beispiel an einen Caterer und einen Friseur. Das Ergebnis: Die Gemeinde erwirtschaftet damit sogar einen Überschuss. „Die Kreisverwaltung musste schließlich zustimmen, weil das Konzept aufgeht“, sagt Schmidt.

Rezept für den guten Bürgermeister

Was aus Sicht von Stefan Schmidt einen guten Bürgermeister ausmacht? Dass er immer auch darauf hinweist, dass alles nicht allein sein Verdienst ist, sondern eigentlich alle Dinge in Dettmannsdorf ohne Beteiligung der ganzen Gemeinde nicht zustande gekommen wären. „Ein guter Bürgermeister muss führen können, aber er muss sich auch zurücknehmen können“, sagt Schmidt. „Er sollte nicht immer in der ersten Reihe stehen.“ Man müsse für das Gemeinsame kämpfen und es nach außen vertreten können, aber man müsse in seiner Gemeinde auch moderieren und ein Mediator sein. Damit am Ende, so wie in Dettmannsdorf, alle am gleichen Strang ziehen.

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