Das neue Baurecht ist seit dieser Woche offiziell in Kraft

Deutschland hat ein neues Baurecht!

Es soll das Zusammenleben in den Städten und Gemeinden fördern. Konkret müssen Gemeinden künftig zahlreiche neue Regeln beachten. Das beginnt schon bei den Veröffentlichungspflichten im Netz. KOMMUNAL mit einer Übersicht, worauf Ihre Kommune jetzt achten muss!

Nach Verkündung im Bundesgesetzblatt (BGBl. Teil I Nr. 25, S. 1057 ff.) am 12. Mai 2017 trat am 13. Mai mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenhalts in der Stadt“ die immerhin vierte Städtebaurechtsnovelle in dieser Legislaturperiode in Kraft. Während die erste Novellierung von August 2014 eine Sonderregelung zur Windenergie betraf, beinhalteten die beiden Novellen von November 2014 und Oktober 2015 städtebaurechtliche Erleichterungen zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Anlass für die jetzige Novelle im Baurecht war die bis zum 16. Mai 2017 umzusetzende EU-UVP-Änd-RL 2014. Zusätzlich soll mit dem neuen Städtebaurecht das Zusammenleben in Städten und Gemeinden gestärkt werden.

Baurecht macht Vorgaben zur Internetveröffentlichung

  Ein neuer § 4 a Abs. 4 BauGB gibt vor, künftig den Inhalt der ortsüblichen Bekanntmachung der Bauleitpläne und die auszulegenden Unterlagen auch in das Internet der Gemeinde einzustellen und über ein zentrales Internetportal des Landes (s. Art. 6 Abs. 5 UVP-Richtlinie) zugänglich zu machen. Zur Einstellung in das Gemeinde-Internet genügt, wenn die Unterlagen für die Öffentlichkeit auffindbar und abrufbar sind.

Urbanes Gebiet und neue Lärmwerte

  Mit dem Ziel der Nachverdichtung wurde ein neuer Gebietstyp, das „Urbane Gebiet“ geschaffen (§ 6 a BauNVO). Das „Urbane Gebiet“ kommt primär für dicht besiedelte  Großstädte in  städtebaulichen Umbruchsituationen zur Anwendung, weniger für ländlich geprägte Gemeinden. Städte können in diesen innerstädtischen Gebieten zum Zwecke der verstärkten Nutzungsmischung Wohnen und Gewerbe enger zusammen bringen. Ergebnis ist, dass sie mehr Wohnungen auf der gleichen Fläche schaffen können wie bisher. Im Urbanen Gebiet kann der für Mischgebiete auf maximal 50 Prozent festgelegte Wohnanteil überschritten werden. Zudem ist eine dichtere Bebauung möglich: Mit einer Grundflächenzahl (GRZ) von 0,8 dürfen künftig 80 Prozent des Grundstücks überbaut werden. Die zulässige Geschossflächenzahl ist im Urbanen Gebiet mit 3,0 so hoch wie im Kerngebiet.

Das Baurecht in Deutschland hat sich seit dieser Woche geändert - zum Vorteil für die Kommunen

Parallel zur Einführung des Urbanen Gebiets erfolgte im Baurecht die Änderung der Verwaltungsvorschrift zum Lärmschutz (TA Lärm). Der zulässige Lärmwert ist im Urbanen Gebiet auf 63 dB(A) (Bisher: 60) angehoben werden. Nachts bleibt der zulässige Grenzwert von 45 dB(A) bestehen.

Lärmschutzprivilegierung bei Sportanlagen

Um den Sport auch in verdichteten Gebieten zu fördern, wurden durch Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) die zulässigen Immissionsrichtwerte am Tag in der Nähe von Sportplätzen erhöht. In einer zusätzlichen Entschließung hat der Bundesrat die Bundesregierung gebeten, ergänzende Regeln zur lärmschutzrechtlichen Privilegierung des Kinderlärms an Sportanlagen zu schaffen.

Absicherung der Einheimischenmodelle

  • 11 BauGB („Städtebaulicher Vertrag) sieht nunmehr vor, dass u. a. „Gegenstand eines städtebaulichen Vertrags der Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwache und weniger begüterte Personen der örtlichen Bevölkerung“ sein kann. Damit werden die von der EU-Kommission gegenüber Deutschland beanstandeten „Einheimischenmodelle“ auf eine rechtssichere Basis gestellt.

Folge ist, dass Kommunen Bauland an die ortsansässige Bevölkerung, die oft die Aktivposten der örtlichen Vereine und der freiwilligen Feuerwehr sind, verbilligt abgeben können. Die jetzige Einigung ist mit der EU-Kommission abgestimmt und daher europarechtskonform.

Bauerecht bietet ein beschleunigtes Verfahren für die Einbeziehung von Außenbereichsflächen

  Ein neuer § 13b BauGB ermöglicht Städten und Gemeinden ein beschleunigtes Verfahren zur Einbeziehung von Außenbereichsflächen für den Wohnungsbau. Gemeinden können künftig Bebauungspläne mit einer Grundfläche bis zu einem Hektar für Wohnnutzung im beschleunigten Verfahren aufstellen. Die Grundstücke müssen an bebaute Ortsteile anschließen. Die neue Regel ist bis Ende 2019 befristet. Das kommunale Aufstellungsverfahren für entsprechende Bebauungspläne muss daher bis zum 31. Dezember 2019 eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss muss bis zum 31. Dezember 2021 vorliegen. Auf Basis der Neuregelung können die verpflichtenden Umweltprüfungen und Ausgleichsmaßnahmen entfallen. Die Abwägung der Umweltbelange bei der Aufstellung der Bauleitpläne muss naturgemäß nach wie vor erfolgen.

neues Baurecht bietet bessere Steuerung von Ferienwohnungen in Wohngebieten

Zur Ausräumung einer bestehenden Rechtsunsicherheit, ob insbesondere in Wohngebieten Ferienwohnungen zulässig sind, werden Ferienwohnungen künftig mit nicht störenden Gewerbebetrieben und kleinen Beherbungsbetrieben gleichgesetzt und in Wohngebieten als zulässig angesehen (§ 13 a BauNVO). Auch die Handhabe von Kommunen gegen sogenannte Rolladensiedlungen, also  Siedlungen in Tourismussgebieten, deren Wohnungen als Nebenwohnsitz nur wenige Wochen im Jahr genutzt werden und sonst leer stehen, wurde verbessert. Künftig kann auch die Begründung von Bruchteilseigentum unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Damit erhalten touristisch geprägte Gemeinden, etwa an Nord- und Ostsee, eine bessere städtebaurechtliche Steuerungsmöglichkeit.

Das neue Baurecht: ein Fazit

  Das neue Baurecht beinhaltet eine moderate und in vielen Punkten sinnvolle Ergänzung bestehender Regeln. Es erweitert kommunale Gestaltungsspielräume und ist aus kommunaler Sicht insgesamt zu begrüßen.