Die Emsländer Senioren machen sich fit für das Dorfleben 2.0 ©Franz Frieling/Gesundheitsregion EUREGIO

Dorfleben 2.0 - Digital durchs Dorf

Digitalisierung und Dorfleben – passt das zusammen? In den Medien hört man von schleppendem Breitbandausbau und überalternder Dorfbevölkerung. Nach Digitalisierung klingt das nicht. Dabei sind es gerade die digitalen Möglichkeiten, die das Leben auf dem Dorf attraktiver und leichter gestalten können. Das niedersächsische Forschungsprojekt „Dorfgemeinschaft 2.0“ nimmt sich dem Thema in einer groß angelegten Projektreihe an.

„Lösungen für den ländlichen Raum werden nicht in Berlin oder München gefunden“, sagt Ingmar Ickerott, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Osnabrück und Mitglied der Forschungsgruppe. Das Projekt des Vereins Gesundheitsregion EUREGIO in Kooperation mit der Uni und der Hochschule Osnabrück, sowie einigen weiteren Vereinen und Wirtschaftsunternehmen wird im südlichen Emsland und der Grafschaft Bentheim durchgeführt. Es läuft bis 2020 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit etwa fünf Millionen Euro gefördert.

Dorfleben in Niedersachen wird digital

Einen besonderen Fokus legt das Team auf die ältere Bevölkerung. In ländlichen Kommunen steigt der Altersdurchschnitt schnell an. Für Senioren bedeutet das Leben in einer eigenen Wohnung jedoch besonders dort viele Schwierigkeiten. Die Wege, die zurückgelegt werden müssen, um Besorgungen zu machen oder einen Arzttermin wahrzunehmen, sind deutlich länger als in der Stadt. Dazu kommen weitere Probleme: In Notsituationen zum Beispiel ist es oft unmöglich selbst Hilfe zu rufen. Trotzdem wünschen sich die meisten Senioren im eigenen Heim bleiben zu können und nehmen Seniorenheime nur selten als annehmbare Alternative wahr. Hierbei ist die Digitalisierung ein wichtiger Faktor. Durch die Mensch-Technik-Interaktion soll der Mensch im Mittelpunkt stehen und die Technik eine stützende Hand bieten, den Alltag auch im höheren Alter zu bewältigen.

Das Team von Dorfgemeinschaft 2.0 verbessert das Dorfleben mit Hilfe digitaler Mittel. ©Ariadne Thanos

An verschiedenen Teilprojekten wird momentan gearbeitet: Der Ort Ohne entwickelt seinen eigenen Dorfladen weiter, um z. B. Bestellungen – mit Hilfe von Ehrenamtlichen – zu Senioren nach Hause zu liefern. Eine rollende Praxis soll die mobile Gesundheitsversorgung unterstützen. Diese Dienstleistungen, die das Dorfleben erleichtern sollen, möchte das Projektteam digital bündeln. Über einen virtuellen Marktplatz sollen alle eingerichteten Dienste abrufbar sein. Das Team arbeitet bereits an der Plattform, die ähnlich einem App-Store funktionieren soll. Voraussichtlich 2018 wrid der Marktplatz der Öffentlichkeit präsentiert . Dann wird er auch geöffnet für weitere Widgets, die nach technischen und ethischen Standards vom Team geprüft werden.

Smarthomes sollen für mehr Sicherheit sorgen

Auch an Smarthomes speziell für Senioren forscht das Team der Dorfgemeinschaft 2.0. Wichtigster Bestandteil ist die Nutzung von Sensorentechnologie. So würde das Smarthome mithilfe von Sensoren erkennen, wenn jemand im Haus stürzt und könnte automatisch den Notdienst oder einen Notfallkontakt verständigen. „Hauseigentümer und Mieter können so mit einem überschaubaren Aufwand einen individuellen Mehrwert an Komfort, Sicherheit und Eigenständigkeit erzielen“, sagt Nerlinger. Ziel des Projekts ist es, jegliche Möglichkeiten der Digitalisierung für eine gesteigerte Lebensqualität auf dem Land zu nutzen. Dabei sei es essentiell, die menschliche Interkation und die Technik so zu kombinieren, sodass das prägende Lebensgefühl bestehen bleibe und der Mensch trotz digitaler Präsenz im Mittelpunkt stehe, erklärt Nerlinger.