Die Gewalt gegen Rathäuser im Zusammenhang mit Corona nimmt offenbar zu
Die Gewalt gegen Rathäuser im Zusammenhang mit Corona nimmt offenbar zu

Morddrohungen und Polizeischutz

Lockdown: Gewalt gegen Bürgermeister nimmt offenbar wieder zu

Es ist in den vergangenen Monaten still geworden um das Thema "Angriffe auf Bürgermeister und Amtsträger". Zu sehr waren alle mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie beschäftigt. Doch das Thema war offenbar nur "medial" ruhig, denn die Zahl der Angriffe steigt offenbar nun im Zusammenhang mit dem Lockdown wieder an.

Der Lockdown zehrt an den Nerven aller Menschen. Natürlich macht das auch vor Deutschlands Rathäusern nicht Halt. Dass es nun aber wieder Morddrohungen gegen Bürgermeister und Landräte gibt, ist jedoch eine neue traurige Qualität der Pandemie-Lage. Am eigenen Leib muss das in diesen Tagen der Bürgermeister von Dormagen, Erik Lierenfeld, spüren. Der Bürgermeister der 60.000 Einwohner Stadt im Rhein-Neuss Kreis bekam Morddrohungen, nachdem er ein Video in einem sozialen Netzwerk gepostet hatte. In dem Video kritisiert Bürgermeister Lierenfeld eine Initiative von Querdenkern. Mit der Aktion wollten die Kritiker Kinder und Eltern auf dem Schulweg über die angebliche Wirkungslosigkeit von Masken informieren. Die Aktion sollte auch vor Schulen stattfinden. 

Was folgte waren Mails mit Beleidigungen, sein Telefon stand nicht mehr still, dort kam es auch zu Gewalt- und Morddrohungen, so ein Stadtsprecher. Der Bürgermeister stellte Anzeige, der Staatsschutz ermittelt nun, auch mit Spezialermittlern gegen Cyberkriminalität. 

Morddrohungen wegen Lockdown auch gegen Landrat 

Dramatische Szenen spielen sich schon seit Wochen im kleinen thüringischen Landkreis Hildburghausen ab. 64.000 Menschen leben in dem Landkreis, ihr Landrat Thomas Müller musste seine Bewohner schon im November wegen massiv gestiegener Corona-Infektionen in einen kompletten Lockdown schicken, unter anderem wurden Kitas und Schulen geschlossen. Im Internet wurden daraufhin aus wüsten Beschimpfungen schnell Morddrohungen gegen den Landrat. "Nimm dir ein Strick und häng dich weg", kommentierte der erste, darauf antwortete der Nächste: "Es ist besser, wenn wir ihm dabei helfen". Inzwischen ist die Zahl der Morddrohungen so stark gestiegen, dass der Landrat unter Polizeischutz lebt, die Kripo ermittelt.

Besonders betroffen von Wut wegen dem Lockdown sind Mitarbeiter im Ordnungsamt 

Im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Maskenpflicht melden aktuell in ganz Deutschland Rathäuser Probleme, auch wenn es selten direkte Morddrohungen sind. Immer wieder aber werden Stadtmitarbeiter beschimpft. In Frankfurt wurde bei einer Maskenkontrolle ein Stadtpolizist tätlich angegriffen. Platzwunden, die im Krankenhaus versorgt werden mussten, Hämatome am Kopf und im Gesicht, eine Zerrung der Schulter und einiges mehr erlitt der Stadtpolizist. 

Gewalt, die leider viele Menschen erleben müssen, die sich kritisch mit Corona-Gegnern auseinandersetzen. So bekam auch ein Dortmunder Blogger, der kritisch über die Querdenker-Bewegung berichtete, am vergangenen Wochenende Morddrohungen. Robert Rutkowski hatte unter anderem aufgezeigt, dass sich in dieser Szene viele Rechtsextreme bewegen. Am Wochenende nun klingelte mitten in der Nacht das Telefon, übrigens ohne Rufnummernunterdrückung. Auf dem Anrufbeantworter hinterlässt er eine mehr als zwei minütige Hassbotschaft. Der Wortlaut laut Polizei unter anderem: "Wir haben uns was ganz, ganz Besonderes überlegt, für dich, Rutkowski. Und zwar, dass immer weniger Luft reinkommt und gleichzeitig Nazi-Propaganda vor den Augen läuft. Das ist das, was du sehen wirst, als Letztes. Die Lunge ist schon 'ne gute Sache, also wenn die einmal abkackt. Da gibt's kein zurück." Am Ende röchelt der Mann, als würde er ersticken. 

Statistisch nachweisbar ist die neue Gewalt gegen Rathäuser, Bürgermeister und andere bisher nur bedingt. In der jüngsten Polizeistatistik, die etwa das Land Rheinland-Pfalz in dieser Woche veröffentlicht hat heißt es zwar, dass die Straftaten im Zusammenhang mit Corona deutlich nachweisbar sind. Insgesamt spricht die Statistik bisher aber von weniger Gewalttaten - allerdings eben auch deutlich mehr politischer Kriminalität. 

Alle Zahlen der exklusiven Umfrage zur Gewalt gegen Kommunalpolitiker im Jahr 2020