Notbetreuung während der Corona-Pandemie
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Kommunen und Kitas arbeiten zusammen

Best-Practice: Notbetreuung in Zeiten der Corona-Pandemie

Mit der Schließung aller Schulen und Kitas kam eine große Herausforderung auf die Kommunen zu: Die Notfallbetreuung. Doch die haben Städte und Gemeinden reibungslos auf die Beine gestellt. Wir zeigen wie das abgelaufen ist und was Kommunen und Kitas für Kinder und Eltern geleistet haben.

Die Arbeit in den Städten und Gemeinden steht seit Ausbrechen der Coronavirus-Pandemie in Deutschland Kopf. Die Ausgangssperre und weitere Schutzmaßnahmen, die die Ausbreitung des Virus eindämmen sollen, haben die Kommunen vor große Herausforderungen gestellt. Wie etwa die Notbetreuung. 

Corona-Pandemie macht Betreuung zur Herausforderung

In den Kitas wird nur noch wenig geschaukelt, geturnt und gespielt. Gleichzeitig sitzen Eltern mit dem Laptop am Tisch und dem Kind auf dem Schoß im Home-Office. Oder telefonieren alle Bekannten ab, um eine Betreuung zu improvisieren, während sie auf die Arbeit müssen. Seit dem 16. März sind alle Kitas im Bundesgebiet geschlossen. Eltern mit Vollzeitjob stellt das vor ein Problem. Und im Falle einiger Berufsfelder wird das zum Problem für die Gesellschaft. Denn Ärzte, Pfleger, Polizisten und Lebensmittelfachverkäufer sind überlebenswichtig - besonders während der Pandemie. Trotz Schließung konnten sie ihre Kinder deshalb weiterhin in den Kindergarten oder die Grundschule bringen. Eine Notfallbetreuung, die von Bund und Ländern beschlossen wurde, deren Voraussetzungen die Landkreise definieren und die von den Kommunen vor Ort umgesetzt werden muss. Eine schwierige Aufgabe. 

Kommunen und Kitas wurden allein gelassen

Doch schon am ersten Tag zeigte sich: Kommunen und Kitas sind ihrer Aufgabe gewachsen. Überall, wo Notbetreuung angefragt wurde, konnte sie sofort bereitgestellt werden. Dabei war mit einigen Unklarheiten in den Verordnungen zu kämpfen. In der bayerischen Gemeinde Pöcking etwa richtete eine Kitaleitung eine wichtige Frage an die Stadtverwaltung: Was wird für die Sicherheit des Kitapersonals getan? Weder ist es für Erzieher möglich permanent 1,5 Meter Abstand zu den Kindern zu halten, noch ist es zu realisieren, dass sich die Kinder nicht ins Gesicht fassen. Die Landesverordnung lieferte hierzu keine zufriedenstellende Antwort. „Fakt ist, das Staatsministerium ordnet eine Notbetreuung an, ohne die Träger zu unterstützen. Ohne das Personal zu sensibilisieren, wie mit der Virusansteckung umgegangen werden soll“, kritisiert Sven Neumann, Geschäftsleitung der Gemeindeverwaltung Pöcking. „Der Träger kann nur über Hygienemaßnahmen belehren, aber keine medizinischen Auskünfte geben.“ Die Gemeinde hat sich eingehend mit der Frage beschäftigt. „Der Arbeitsschutz der Erzieher muss genauso ernst genommen werden, wie der Betreuungsbedarf der Eltern“, so Neumann. Darüber hinaus wurden weitreichende Folgen befürchtet: Wenn sich Kinder von Klinikpersonal in der Notbetreuung ansteckten, könne das dazu führen, dass die Eltern im Klinikdienst ausfielen. Pöcking hat daraufhin Atemmasken für die Erzieher bestellt. Wann diese ankommen würden, war jedoch unklar. Für Kinder von Klinikpersonal ist darüber hinaus Eins-zu-Eins-Betreuung vorgesehen. Das trifft jedoch bisher nur auf ein Kind in der Notbetreuung zu. In Pöcking war man vorerst mit der Lösung zufrieden. Diese musste die Gemeinde jedoch selbst erarbeiten. 

Handlungsfreiheit sorgte für gute Ergebnisse

Auch im brandenburgischen Rathenow konnte die Notbetreuung schnell, unbürokratisch und effektiv organisiert werden. „Wir haben die Verfügung bekommen und sie umgesetzt“, sagt Reinbern Erben, Amtsleiter des Bürgerbüros der Stadt Rathenow. „Wir haben dabei vom Landkreis viel Freiraum in der Umsetzung bekommen und das war der Schlüssel zum Erfolg.“ Der Landkreis habe allen Kommunen Entscheidungsfreiheit gelassen, wie sie die Notfallversorgung umsetzen. Gleichzeitig gibt es eine regelmäßige Telefonkonferenz zwischen dem Landkreis, der Polizei und den Städten, um das Verfahren - unter anderem in Sachen Notbetreuung - zu besprechen und Unklarheiten aus dem Weg zu räumen. Nachdem in der ersten Woche viele Details geklärt werden mussten, sei das Vorgehen jetzt aber ganz klar.

Hier beweist sich die Arbeitsfähigkeit und Flexibilität der kommunalen Verwaltungen."

Reinbern Erben, Amtsleiter des Bürgerbüros der Stadt Rathenow

Reinbern Erben über die Notbetreuung zu Zeiten der Corona-Pandemie.

Zunächst mussten alle Erzieher weiter in die Kitas gehen. Nun, wo klar ist, wieviele Kinder maximal täglich zur Notbetreuung kommen, versuche man die Effektivität zu erhöhen. Kitas in denen nur ein Kind betreut wird, werden geschlossen und das jeweilige Kind wird einer anderen Kita zugeteilt. „Dabei achten wir natürlich weiterhin darauf, dass die Gruppen so klein wie möglich bleiben und so wenig Kontakt wie möglich entsteht“, sagt Erben. Zudem wird nun im Wechsel mit der Hälfte der Erzieher gearbeitet. Falls sich ein Erzieher ansteckt, ist so die Notbetreuung weiterhin sichergestellt. Erben ist mit der Arbeit der Stadt in Sachen Notbetreuung sehr zufrieden: „Manchmal sind Vorgaben von Oben wichtig, aber nicht in dieser Situation. Die Fragen ergeben sich an der Basis und da müssen sie auch beantwortet werden.“  

Erzieher der Kita Mandala nehmen ein Video für die Kita-Kinder zu Hause auf.
Erzieher der Kita Mandala nehmen ein Video für die Kita-Kinder zu Hause auf.

Nachdem sich die Notbetreuung in den meisten Kommunen schnell eingespielt hatte, hatten die Kitas Zeit sich auch Gedanken um die Kinder zu machen, die nicht in die Notbetreuung kommen und ihre Kita, ihre Erzieher und ihre Freunde wochenlang nicht mehr sehen. Verschiedene Kitas, wie etwa die Kita Kinderland aus Prenzlau oder die Kita St. Josef in Waldthurn, schickten ihren Kindern Briefe mit Malvorlagen, Bastelanleitungen und Liedtexten. Die Kita Mandala in Magdeburg ging jedoch noch einen Schritt weiter. Die Erzieher nehmen dort täglich Videos auf, die die Eltern mit ihren Kindern - auf einem geschützten Kanal - online ansehen können. Von Anfang an war klar, dass die Kita mindestens für vier Wochen geschlossen bleiben muss. Eine lange Zeit für Kleinkinder. Damit sie währenddessen die Verbindung zu ihrer Kita behalten, produzieren die Erzieher Videos auf denen die Kitatiere - ein Hund, Kaninchen und Fische - zu sehen sind, oder auch die tägliche Routine. Die Erzieher singen beim Morgenkreis und führen Puppenspiele vor. Die Köchin der Kita zeigt, wie man Schweineohren backt oder Tomatensauce kocht. Online für Eltern und Kinder verfügbar gibt es außerdem Bastelanleitungen und Liedtexte. So haben die Eltern zu Hause die Möglichkeit die gewohnte Tagesstruktur der Kinder aufrecht zu erhalten.

Die Erzieher waren von der Idee nicht sofort begeistert, es hat schon Überzeugungsarbeit gebraucht. Aber mittlerweile machen sie von sich aus täglich Videos. Das liegt auch an den tollen Rückmeldungen der Eltern und Kinder.

Kitaleiterin Claudia Rondio

Kitaleiterin Claudia Rondio über Notbetreuung in Zeiten der Corona-Pandemie

Diese bedanken sich auf unterschiedlichstem Wege für die Videos. Viele schicken sogar eigene Videos aus ihrem Zuhause zurück. Auch für Ostern hatten die Kitamitarbeiter viele Ideen. So versteckten sie etwa Ostereier an Orten in Magdeburg, bei denen Massenansammlungen nicht zu befürchten sind, damit die Kinder eine Osterschatzsuche machen können. Mit den bis zu 14 Kindern, die zur Notbetreuung kommen, haben die Erzieher zudem Osterkörbchen gebastelt, die sich die anderen Kinder in Schichten aus einem Pachtgarten abholen konnten. „Viele sagen uns, dass wir das alles nur machen können, weil wir einen freien Träger haben“, sagt Rondio. „Aber ich denke, jede Kita kann einige unserer Ideen übernehmen oder weiterentwickeln. Das hat auch etwas damit zu tun, wie man seine Prioritäten setzt. Und Fördervereine helfen bei so einem Projekt sicherlich auch gerne.“