Plogging ist ein globaler Trend.
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Erfahrungsbericht einer Gemeinderätin

Plogging-Trend in Kommunen angekommen

Immer mehr Kommunen setzen auf Plogging, um die Ortschaft von Müll zu befreien. Um was es sich dabei handelt und warum sich der Trend für Städte und Gemeinden lohnt, erklärt die Grünen-Gemeinderätin Barbara Weiß in einem persönlichen Erfahrungsbericht.

Was sich anhört wie ein Anglizismus, kommt tatsächlich aus Schweden, eine Wortkreation, wobei das schwedische Wort plocka für aufheben steht, die Verlaufsform -ing hingegen bleibt in diesem Fall von Jogging übrig. Meint kurz: unterm Laufen den Müll Anderer einsammeln.

Hört sich nervig und anstrengend an – ist es auch, denn manchmal kommt man nicht zum Joggen vor lauter Bücken. Weit bevor diese Bewegung nach Deutschland, nach München schwappte, habe ich das – wenn ich so darüber nachdenke – schon immer getan, auch ohne Joggen. Das war fester Bestandteil in der Erziehung.

Warum machst du das?

Das werde ich des Öfteren ungläubig gefragt. Ganz einfach: Mich ärgert es, durch eine schöne Gegend zu laufen, wo Plastik in Wäldern und auf Feldern liegt, was oft untergeackert wird, sich zu Mikroplastik zersetzt und letztendlich in die Nahrungskette gelangt. Bei dieser Vorstellung ist dann die Entspannung, die ich suchte, gänzlich dahin. Somit ist es also für mich purer Selbstschutz, um meine Joggingstrecke genießen zu können.

Aufsehen erregt man auf jeden Fall, wenn man statt mit Gewichten mit Plastiksäcken durch die Gegend läuft. Meist handelt es sich um leichte Sachen – Flaschen fordern allerdings heraus. Da ich keinen Rundlauf habe, sondiere ich beim Hinlauf und sammle beim Zurücklaufen. Falls ich nichts entdecke, bin ich dann voll entspannt und freue mich. Es macht mir nichts aus, die Dinge anzufassen, sie haben Sonne und Wasser gesehen und sind oft nur vom Erdreich schmutzig. Oft sind es ja ursprünglich Wertstoffe, die durch Verschmutzung letztendlich zum Restmüll wurden und so aus dem Recyclingprozess fallen. Schade drum.

Plogging sensibilisiert auch Umstehende

Es haben sich schon viele Gespräche und Reaktionen auf das Plogging ergeben, z.B. Kopfschütteln, übrigens nie über das, was ich gerade mache, sondern immer über das Ergebnis der illustren Sammlung. Manche erkennen, dass sie als Spaziergänger, weil langsamer unterwegs, sogar den besseren Blick dafür haben, wo sich der Müll im Laub versteckt, und werden ebenfalls tätig. Eines meiner schönsten Erlebnisse aber war, dass ein ca. 13-jähriger Junge das toll fand, was ich da gerade mache, und er mit seinem Freund auch noch eine Runde drehen wollte. Erziehung und FFF (Fridays for Future) zeigen Wirkung!

Und was ist mit dem Gemeinschaftsevent Ramadama? So heißt eine Müllsammel-Veranstaltung in vielen Gemeinden und Städten, die jedes Jahr durchgeführt wird und höchste Anerkennung verdient. Kindergärten, Schulen behandeln das Thema und beteiligen sich wie viele andere Gruppen an Aktionen. Plogging hilft dabei, auch unterm Jahr den Müll in der Landschaft zu reduzieren, das kann gut in einer Gruppe oder eben auch alleine passieren.

Plogging entlastet den Bauhof

Unsere Gemeinde unterscheidet sich nicht von anderen Gemeinden im Müllaufkommen, die Bauhofmitarbeiter tun alles, damit die öffentlichen Räume sauber sind. Dennoch gibt es immer wieder Ärger über zerbrochenes Glas und sonstigen Müll.

Müll zieht Müll an. Wenn bereits etwas herumliegt, sinkt die Scheu, etwas wegzuwerfen. Das Problem kennt man von Rastplätzen, Staats-, Bundesstraßen und ähnlichen Orten. Verpackungen von Fastfood und Coffee-to-go-Einwegbecher sind immer dabei. Wo liegt denn das eigentliche Dilemma? Wir gehen im Verpackungsmüll unter. Es liegt an uns, darüber nachzudenken, was wir kaufen, wie es verpackt ist. Bei mir um die Ecke kommt jetzt ein Unverpackt-Laden. Schön! Es werden immer mehr! Es muss ein Umdenken geben, der Produzent muss für die Folgen des Müllaufkommens noch viel mehr zur Kasse gebeten werden. Und so bekommt das C2C (Cradle to Cradle)-System eine echte Chance – die spannende Geschichte um geschlossene Materialkreisläufe, wo letztendlich kurz gesagt Abfall gleich Nahrung ist.

Barbara Weiß über Plogging
Barbara Weiß ist Gemeinderätin für die GRÜNEN in Zorneding und offizielle Gästeführerin der Stadt München.

2019 sind wir GRÜNEN, für die ich seit 2008 im Gemeinderat tätig bin, mit Plogging ins Frühjahr gestartet. Nach dem Schnee, der alles schön verdeckt, sprießt das Gras schnell und es wird dann noch beschwerlicher. Wir haben auch die Felder von umherfliegendem Müll befreit, die Wertstoffe separiert und alles zum gemeindlichen Wertstoffhof gebracht. Wert ist es die Sache auf jeden Fall, für die Natur, die sich nicht wehren kann, für unser Lebensgefühl und für unsere Gesundheit. Auf dass Plogging wieder zu Jogging wird!