Stadträte sind häufig männlich und "alt"
Im Rathaus tagen immer häufiger ältere Menschen
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Stadträte sind überaltert!

Entscheiden ältere Männer die Zukunft unter sich? Schaut man in die Kommunalparlamente, erweckt das zumindest den Eindruck. Der typische Kommunalpolitiker ist demnach männlich und über 50. Nachwuchs: Fehlanzeige!

Die Zahlen der Studie über die Stadträte stammen zwar aus Nordrhein-Westfalen, dürften aber bundesweit ähnlich sein. Der WDR hat die Daten von 87 Prozent aller Ratsmitglieder im größten deutschen Bundesland erfasst und ausgewertet. Demnach liegt der Anteil der Frauen in NRW bei rund 24 Prozent. Frühere Umfragen hatten vor allem in Ostdeutschland sogar noch geringere Werte ergeben. Noch erschreckender scheint aber die Zahl der jungen Abgeordneten in deutschen Kommunalparlamenten zu sein. Gerade mal 11 Prozent der Stadt- und Gemeinderäte in NRW sind laut der WDR-Studie jünger als 40 Jahre. Das heißt: Ältere Politiker sind überproportional in den Räten vertreten und bestimmen somit die politischen Entscheidungen in der Kommune.

Stadträte: Wer entscheidet über die Zukunft der Gemeinde? 

Damit stellte sich den Machern der Studie unweigerlich die Frage: Entscheiden ältere Männer über die Zukunft der Kommunen unter sich? Welche Folgen hat die Situation für die Gestaltung in den Stadt- und Gemeinderäten? Dazu hat der Sender eine weitere Umfrage durchgeführt - 700 Politiker, die 1978 oder später geboren wurden, und Mitglied in einem Gemeinde- oder Stadtrat sind, wurde dazu online befragt. Das Ergebnis: Hauptmotivation junger Kommunalpolitiker ist es, etwas bewegen zu wollen. Das gaben 81 Prozent der Befragten an. Auffällig ist auch, dass viele über eine Jugendorganisation zur Kommunalpolitik kamen - der Wert liegt immerhin bei 45 Prozent. Die Jugendorganisationen wie Junge Union, Jusos oder JuLis scheinen also ein wichtiger Faktor bei der Gewinnung junger Kommunalpolitiker zu sein. Ähnlich viele, nämlich 44 Prozent erklärten, sie seien auch bereits Mitglied einer Partei und seien dort gefragt worden, ob sie kandidieren wollen. Aktiv und selbstinitiativ um eine Kandidatur beworben hat sich hingegen nur jeder Dritte Befragte unter 40 Jahren. 

Übrigens: Das Klischee, junge Leute wollten über die Kommunalpolitik lediglich "Karriere" als Landespolitiker machen, trifft eher selten zu. Nur jeder zwölfte gab an, eine entsprechende Kandidatur auf Landes- oder Bundesebene anzustreben. 

Parteien sei zudem gesagt, dass es als Werbemaßnahme für junge Menschen offenbar nicht sonderlich interessant ist, sie mit einem Mandat als Stadtrat zu  locken - nur jeder 20. gab an, Mitglied einer Partei geworden zu sein, um Ratsmitglied werden zu können. 

Das sind die Themen junger Stadträte 

Junge Menschen wollen der Studie zufolge vor allem das Thema Digitalisierung voranbringen. Drei Viertel der Befragten erklärten, es sei ihnen wichtig, bei diesem Thema mehr Einfluss zu nehmen. Offenbar ist das auch durchaus erfolgreich. Zwei von drei "jungen" ehrenamtlichen Engagierten in den Stadträten gab an, dass der Einfluss in ihrer Fraktion groß sei, beziehungsweise, dass sie sich als gleichberechtigte Mitglieder gegenüber Älteren fühlen. Bildung und Finanzen sind weitere Themen, die die jungen Stadträte besonders interessieren. Themen wie Umweltschutz, Kultur und Integration stehen hingegen ganz hinten auf der Liste (Jeweils weniger als 25 Prozent). Ähnlich sieht es beim Thema Sportpolitik aus. 

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Was tun, um junge Stadträte zu werben?

Fragt man junge Ehrenamtliche, was zu tun wäre, so sagen sie überdurchschnittlich häufig, dass die politische Bildung schon in der Schule stärker passieren müsse. Vor allem WErbung an Schulen und Hochschulen für politisches Engagement in der Kommunalpolitik halten viele für ein wichtiges Instrument. Häufig kam die Aussage in der Studie, Jugendliche hätten gar keine Idee davon, was auf kommunaler Ebene entschieden wird. 

Gleichzeitig erklären aber auch gerade junge Politiker, dass es ihnen oft schwerfalle, Job, Familie und Kommunalpolitik miteinander zu vereinbaren. Sie sehen vor allem in der Belastung in Schule/Hochschule und Job den größten "Killer" für kommunalpolitisches Engagement. Auch das Thema "Flexibilität im Job, Umzug und die geringere Verwurzelung junger Menschen mit ihrer Heimatkommune wurden immer wieder als Gründe genannt. Häufig stehe bei diesen Menschen im Vordergrund, sich erstmal eine Stellung in ihrem Beruf zu erarbeiten und eine Familie zu gründen.