Im Kampf gegen schlechte Luft werden immer mehr Kommunen im Rahmen der Verkehrsplanung kreativ - die besten Ideen sollen in einer Art Messenger Gruppe a la Facebook gesammelt und diskutiert werden...Kommunen können sich beteiligen
Im Kampf gegen schlechte Luft werden immer mehr Kommunen im Rahmen der Verkehrsplanung kreativ - die besten Ideen sollen in einer Art Messenger Gruppe a la Facebook gesammelt und diskutiert werden...Kommunen können sich beteiligen
© 123rf

Verkehrsplanung: Projekte gegen schlechte Luft

An Ideen in den Kommunen mangelt es wahrlich nicht - geht es um die Verkehrsplanung, so versuchen immer mehr Städte und Gemeinden, neue Ideen und Konzepte zu entwickeln. Nun sollen sie sich künftig besser austauschen können. Doch wie sinnvoll sind die einzelnen Maßnahmen und wie bezahlbar? Ein Überblick!

Touchscreens in der Verkehrsplanung sind offenbar gerade der aktuelle Hit. Immer mehr Kommunen versuchen, an ihren Haltestellen moderne Mittel einzusetzen, damit sich Bürger informieren können. Die Stadt Augsburg etwa bietet an ihren Haltestellen Infos zu Fahrplänen und Tarifen - immer schön mit Touchscreen, damit es möglichst Freude macht, sich zu informieren. Immer in der Hoffnung, dass die Bürger dann ihr Auto stehen lassen. Wie erfolgreich das wirklich ist, mehr dazu weiter unten im Text. 

Die Stadt Heilbronn ist noch etwas technikaffiner und hat zusätzliche Sensoren installiert. Sie sollen Verkehrsdaten erfassen. Also wer fährt wann in welche Richtung wohin? Mit Hilfe der Daten soll der Verkehr langfristig intelligenter gesteuert werden. 

Leipzig probiert es derweil mit einer App für den ÖPNV. Darüber sollen Nutzer vom Bus über Bahn und Bikesharing bis zum Carsharing alles kombinieren können. Ähnliche Versuche zur Verkehrsplanung laufen in Berlin. Wirklich Erfolge auf dem Gebiet - wenn auch ohne App - kann aber zu dem Thema eine ländliche Region in Ostwestfalen verzeichnen. Auch dazu mehr in diesem Text. Doch der Reihe nach...

Das Bundesverkehrsministerium will die Verkehrsplanung vernetzen

Im Ministerium gibt es im Rahmen des Klimaschutzpaketes zur Zeit enorm große Fördertöpfe. Millionen stehen für ÖPNV und Radverkehr zur Verfügung. Sorge bereitet dem zuständigen Minister nur, das Geld auch unter die Leute und die Kommunen zu bringen.  "Die Fördertöpfe müssen jetzt auch abgerufen werden", sagt er. Die Kommunen mögen sich - so wörtlich - "was Schönes überlegen, damit der Bund auch kräftig fördern kann". Eine sogeannte Lotsenstelle, also eine Koordinationseinrichtung, ist schon vorhanden. Und natürlich hat der Minister auch sofort eine technische Spielerei an Bord. Die sogannte NaKoMo Webseite. Nakomo steht für Nationales Kompetenznetzwerk für nachhaltige urbane Mobilität". Auf der Seite sollen sich Stadt- und Bauplaner nun registrieren. 

Das Facebook für Stadtlenker soll die Verkehrsplanung erleichtern

Wer sich registriert, fühlt sich tatsächlich ein wenig an Dienste wie Facebook erinnert. Auf einer digitalen Pinnwand werden die Neuesten Beiträge angezeigt, zudem gibt es geschlossene Gruppen. Dort kann diskutiert werden. Außerdem gibt es natürlich eine Art Messenger für private Nachrichten. Abgerundet wird das Ganze noch für Veranstaltungen und Informationen rund um Förderprogramme. 

Doch wollen die Bürger überhaupt umsteigen? 

Der Wunsch, die Bürger auf Bus und Bahn zu lenken, ist zumindest in allen größeren Städten vorhanden. Doch offenbar treffen viele damit nach wie vor nicht den Nerv der Bevölkerung. Die Stadt Pfaffenhofen mit ihren 26.000 Einwohnern stellt gerade fest, dass ihr ambitioniertes Projekt ungebremst vor die Wand fährt. Seit Dezember 2018 ist das Busfahren in der Stadt kostenlos. Ziel: Die Leute sollen mit dem Bus statt mit dem Auto zum Regionalbahnhof fahren. 

Nach außen hin scheint das auch erfolgreich zu sein, die Zahl der Fahrgäste im Bus ist nach Angaben der Stadt seither von rund 1000 auf über 2000 gestiegen. Doch glaube bekanntlich keiner Statistik, die du nicht selbst gemacht hast. Denn gleichzeitig räumt die Stadt ein, dass der örtliche Parkplatz am Regionalbahnhof weiter völlig überfüllt ist - sprich: Diejenigen, die mit der Regionalbahn fahren, nutzen den kostenfreien Busverkehr hin zu dem Regionalbahnhof gar nicht. Reporter der Zeitung "Die Zeit" haben sich das genauer angesehen. Ihre Fahrgastbefragungen ergaben: Die meisten Menschen, die nun den kostenlosen Bus nutzen, sind die Strecke zum Regionalbahnhof vorher zu Fuß gegangen. Es sind also diejenigen, die ohnehin für die kurze Strecke kein Auto nutzen. Fachleute sprechen hier  von einem "Mitnahmeeffekt", der die Busse zwar belastet - stellenweise war er morgens schon überfüllt und konnte keine Passagiere mehr aufnehmen. Eine Entlastung der Straßen ging damit aber nicht einher. 

Die meisten Menschen, die nun den kostenlosen Bus nutzen, sind die Strecke zum Regionalbahnhof vorher zu Fuß gegangen"

Ganz ähnliche Erfahrungen liefern Statistiken über Nutzer von Carsharing Fahrzeugen. Diese Autos werden in vielen Städten vor allem von Menschen genutzt, die bisher mit Bus und Bahn gefahren sind aber gar kein Auto besitzen. Unterm Strich wird also mehr Auto gefahren, denn die Hoffnung, Menschen in den Städten würden die eigenen Autos verkaufen und lieber Carsharing nutzen, sind demnach bisher nicht aufgegangen.

Es gibt aber auch Erfolgsmeldungen 

Erfolgreich ist hingegen ein Projekt im ländlichen Raum, genauer im Kreis Minden-Lübecke in Ostwestfalen, NRW. Dort gibt es das Landei-Ticket. Es bietet eine Verkehrsplanung der besondern Art. Im Ticket für Bus und Bahn kombiniert ist ein Leasing-Fahrrad. Dieses ist maximal höhenverstellbar, kann mit in die Bahn genommen werden und soll die letzten Kilometer zwischen Bahn und eigenem Haus oder Arbeitsplatz überbrücken. Wie das Projekt funktioniert, können Sie in diesem kurzen Youtube Video gut selbst sehen.

Was bleibt ist die Erkenntnis: Mag so manche technische Spielerei auch noch so hipp und modern (und nicht zuletzt teuer) sein, am Ende setzt sich das Pragmatische, wie hier beim Landei-Ticket durch.