Migranten kommen nach Deutschland - Symbolbild mit Fahne
Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Deutschland.
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Flüchtlinge

Asyldebatte in Deutschland: Das sind die Pläne

Die Bundesregierung will die Zahl der Flüchtlinge ohne Anrecht auf Asyl eindämmen. Was die Bundesregierung konkret plant und was die überlasteten Kommunen fordern.

In der Debatte um die deutsche Flüchtlingspolitik laufen die Gespräche auf Hochtouren. Die Spitzen der Ampelkoalition haben sich auf Maßnahmenpaket geeinigt, das bald im Bundeskabinett beraten werden soll. Ein Gesetzesentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht ein Maßnahmenbündel vor, mit dem die Bundesregierung irreguläre Migration begrenzen möchte und Menschen ohne Bleiberecht in Deutschland schneller abgeschoben werden können. Doch viele Punkte sind noch strittig.

Welche Maßnahmen sieht der Gesetzentwurf vor?

- Das Rückführungspaket sieht ein Bündel an Maßnahmen vor, die effektivere Verfahren und eine konsequentere Durchsetzung der Ausreisepflicht vorsehen. Dabei geht es auch um die schnelle Abschiebung von Straftätern und Gefährdern.

- Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsam soll von derzeit 10 auf 28 Tage verlängert werden. Damit erhalten die Behörden mehr Zeit, eine Abschiebung vorzubereiten.

- Straftäter sollen schneller abgeschoben werden: Bei Personen, die mindestens zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden, wiegt das Ausweisungsinteresse künftig besonders schwer, was eine Abschiebung erleichtert.

- Mitglieder krimineller Vereinigungen sollen ebenfalls leichter abgeschoben werden können. Die Abschiebung wird unabhängig von einer individuellen strafgerichtlichen Verurteilung bei hinreichenden Tatsachen ermöglicht, die eine Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung belegen.

- Die Ausweisung von Schleusern soll forciert werden.

- Wohnungen dürfen künftig nach Datenträgern und Unterlagen durchsucht werden, vor allem, um die Identität einer Person zweifelsfrei klären zu können. Auch sollen Räume in Gemeinschaftsunterkünften durchsucht werden können, wenn dafür die rechtsstaatlichen Voraussetzungen vorliegen. Damit soll sichergestellt werden, dass im Falle einer Abschiebung die betroffene Person auch tatsächlich in der Gemeinschaftsunterkunft angetroffen wird.

- Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden als eigenständiger Grund für Abschiebehaft geregelt.

- Eine Abschiebung wird bei Ausreisepflichtigen in Haft nicht mehr angekündigt. Auch soll die einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging, gestrichen werden. Ausnahmen gelten für Familien mit Kindern unter zwölf Jahren.

- Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen ebenso wie Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen künftig sofort vollziehbar sein, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.

- Der Gesetzentwurf greift zudem Vorschläge zur Entlastung der Ausländerbehörden auf. So sind vorgesehen: eine längere Gültigkeitsdauer von Aufenthaltsgestattungen im Asylverfahren (von drei auf sechs Monate) und von Aufenthaltserlaubnissen von subsidiär Schutzberechtigten (von einem auf drei Jahre) sowie von elektronischen Aufenthaltstiteln von Ausländern mit Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt in der EU. 

Landsberg für Ausweisungen in sichere Herkunftsländer

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, begrüßte, "dass Bewegung in die Migrationspolitik kommt". Die Kommunen engagierten sich bei der Flüchtlingsunterbringung und Integration über ihre Leistungsgrenzen hinaus. Er sprach sich dafür aus, dass mehr Menschen in sichere Herkunftsländer ausgewiesen werden. "Wir müssen diejenigen, die rechtskräftig dazu verpflichtet sind, auszureisen, gegebenenfalls abschieben", so Landsberg." Geflüchteten aus Syrien oder Afghanistan müssen wir hingegen gut und humanitär helfen", betonte Landsberg im ZDF-Interview.

Es gebe kurzfristig "keine tolle Lösung", so Landsberg. "Die Menschen erwarteten jedoch, dass die Politik konkrete Dinge auf den Weg bringt." Es sei der richtige Schritt, dass die Menschen schneller arbeiten dürfen. "Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern auch einen Arbeitskräftemangel."  Vor Beginn des Migrationsgipfels von Bund, Ländern und oppositioneller Union forderte der Deutsche Landkreistag eine Arbeitspflicht für alle Migranten in Deutschland. "Wer gesund ist und nicht gehandicapt ist, muss arbeiten. Eine Arbeitspflicht muss her", sagte Verbandspräsident Reinhard Sager der "Bild"-Zeitung. Dabei sei es egal, ob es sich beispielsweise um gemeinnützige Arbeit oder eine Arbeit in der Gastronomie handele.

Die Bundesregierung begrüßt die Vorschläge aus dem Länderkreis, dass Länder und Kommunen arbeitsfähigen Geflüchteten spätestens nach ihrer Zuweisung aus der Erstaufnahme-Einrichtung an die Kommunen geeignete Arbeitsgelegenheiten zuweisen und Kommunen arbeitsfähige Geflüchtete zu geförderter, gemeinnütziger Arbeiten heranziehen.

Sachleistungen für Asylbewerber statt Geld?

Debattiert wird auch darüber, dass Länder und Kommunen den im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch machen, Leistungen an Asylsuchende als Sachleistungen statt als Geldleistungen zu erbringen. Den Vorschlag, den Schutzsuchenden Sachleistungen auszuzahlen und kein Bargeld, bewertet er skeptisch. "Wenn jemand vor Verfolgung flieht, bleibt er nicht ernsthaft weg oder geht woanders hin, nur weil es dort Geld statt Gutscheine und Bezahlkarten gibt." Vor allem sei der bürokratische Aufwand hoch.  "Das Bundesverfassungsgericht sagt: Es muss auf jeden Fall ein Taschengeld bezahlt werden", unterstrich Landsberg.

Die Länder haben bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag und Freitag neben effektiven Maßnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren, stationären Grenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen auch eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte für Asylbewerber an Stelle von Zahlungen in bar gefordert.

Kommunen fordern angepasste Pauschale

Im Streit um eine Pauschale, die Bund und Länder für jede Geflüchteten zahlen sollen, sagte Landsberg: "Wichtig ist, dass diese Pauschale sich an den tatsächlichen Flüchtlingszahlen orientiert. Wenn viele Menschen kommen, muss mehr Geld bezahlt werden. Die Kommunen müssten auch wissen, ob sie die Pauschale dann auch im nächsten Jahr bezahlt wird."

Das derzeit verhandelte Asylpaket soll im Kabinett vor der Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz am 6. November verabschiedet werden. Danach muss noch der Bundestag zustimmen.

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