Mann surft auf Digitalisierungswelle
Bei der Digitalisierung sind die Kommunen teilweise noch wacklig unterwegs. Das sind die Gründe!
© adobeStock

Studie

Kommunen surfen auf Digitalisierungswelle

Die Kommunen machen große Fortschritte bei der Digitalisierung, doch wünschen sie sich viel mehr personelle und inhaltliche Unterstützung. Eine Studie hat jetzt ergeben, dass 96 Prozent der befragten Führungskräfte in Gemeinden, Städten und Landkreisen den interkommunalen Austausch als besonders wertvoll ansehen. 90 Prozent der Kommunen wünschen sich Beratung in technischen Fragen. Rund 80 Prozent hätten gerne auf sie zugeschnittene Angebote wie Checklisten, Leitfäden und konzeptionelle Strategieberatung. Der größte Hemmschuh scheint das fehlende Personal zu sein.

Die aktuelle Kommunalstudie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hat untersucht, wo in den vergangenen Jahren bei der Digitalisierung Fortschritte erzielt wurden, welche Themenbereiche besonders wichtig waren - und wo noch Unterstützungsbedarf besteht. Insgesamt geht es voran: Etwas mehr als die Hälfte der Kommunen gibt an, dass durch Corona die Digitalisierung beschleunigt wurde - und hier vor allem die Digitalisierung der Verwaltung  In 91 Prozent der Kommunen führte die Herausforderung dazu, dass Mitarbeiter inzwischen mobil arbeiten können. 

Digitalisierung in Kommunen:  OZG, Breitband und WLAN

Im Vergleich zu den früheren Erhebungen hat eine zunehmende Zahl von Kommunen eigene Digitalisierungsstrategien entwickelt oder bestehende Strategien weiter umgesetzt. Die Zahl der Kommunen, die eine Digitalisierungsstrategie haben, hat sich seit 2019 um acht Prozent, seit 2016 sogar um 16 Prozent erhöht. Allerdings spielen Themen wie  Cybersicherheit, Energieerzeugung und -versorgung, Gesundheit, und Umwelt- und Ressourcenschutz bisher keine große Rolle.  Schwerpunkte kommunaler Digitalisierungsstrategien liegen bisher in der Umsetzung von Leistungen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sowie dem Ausbau von Breitband und WLAN-Netzen.

Kommunal fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen:

  • Wichtige Schlüsselfiguren für eine erfolgreiche digitale Transformation sind die Chief Digital Officers, die Digitalisierungsbeauftragten in den Kommunen. Ein gutes Drittel aller deutschen Kommunen verfügt über eine zentrale Stelle für Digitalisierungsangelegenheiten. Oft ist die Stelle als Stabstelle direkt beim Bürgermeisterbüro angesiedelt und hilft sehr bei der Bündelung der Aktivitäten. Die Digitalisierungsbeauftragten koordinieren Digitalisierungsansätze und sind treibende Kraft bei der Ausrichtung der kommunalen Digitalisierung. Gleichzeitig sind sie die Schnittstelle zwischen der Verwaltung, Eigenbetrieben und kommunalen Unternehmen, lokalen Akteuren sowie den Bürgern. Besonders kleine Kommunen haben seltener eine oder einen Chief Digital Office, wohl aus finanziellen Gründen.
  • Viele Kommunen bewerten den interkommunalen Austausch und die Zusammenarbeit mit benachbarten Kommunen bei ihren Digitalisierungsstrategien sehr positiv.
  • Der Anteil der Kommunen, die eine ausgearbeitete Digitalisierungsstrategie haben, liegt 2022 erstmals über 25 Prozent. Über drei Viertel aller Kommunen hat eine solche Strategie, arbeitet aktuell daran oder plant das.
  • Der Anteil, der keine Digitalisierungsstrategie hat und auch keine Strategie plant, hat sich über die vergangenen sechs Jahre zwar mehr als halbiert, stagniert jedoch seit 2019 bei knapp über 20 Prozent. Somit hat jede fünfte Kommune in Deutschland bisher keine Digitalisierungsstrategie vor.
  • 2019 gab es noch keine Kommune, die ihre Digitalisierungsstrategie vollständig umgesetzt hatte, dafür aber einen kleinen Anteil, der noch nicht mit der Umsetzung begonnen hatte. Heute ist das Bild umgekehrt: Über die Hälfte der Kommunen mit einer solchen Strategie ist damit schon weit gekommen oder hat sie sogar schon fertig. 

Screenshot
Kommunalstudie 2022/InitiativeStadt.Land.Digital/Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Was sind die Hemmnisse?

  • Mangelnde finanzielle Ressourcen werden nicht als wichtigstes Hemmnis angeführt, sondern personelle Engpässe. Mehr als acht von zehn Kommunen geben an, dass die Mitarbeiter mit alltäglichen Aufgaben  ausgelastet sind. Knapp 60 Prozent der Kommunen sagen, dass sie keinen Bedarf für eine Digitalisierungsstrategie sehen. Knapp die Hälfte der befragten Kommunen führt an, dass der politische Wille fehlt, sie zu entwickeln.
  • Die Kommunen haben eine große Nachfrage nach inhaltlicher Unterstützung für ihre Digitalisierungsstrategien. 96 Prozent sehen den interkommunalen Austausch als besonders wertvoll an, und rund 80 Prozent wünschen sich auf sie zugeschnittene Angebote wie Checklisten, Leitfäden und konzeptionelle Strategieberatung. 90 Prozent der Kommunen wünschen sich Beratung in technischen Fragen. Hier können auch Digitalagenturen, die es bisher in fünf Bundesländern gibt, Kommunen bei ihrer digitalen Transformation unterstützen.
  • Insgesamt ist der Austausch mit verschiedenen Interessensgruppen gewünscht: 76 Prozent der Kommunen wollen sich über Netzwerke austauschen, 60 Prozent setzen auf den Austausch mit Bürgern, 59 Prozent auf den Austausch mit lokalen Unternehmen und 40 Prozent wollen den Austausch mit der lokalen Wissenschaft. Drei Viertel der Kommunen wünschen sich Vernetzungsangebote und Seminare.

Spannend: Fachliche oder inhaltliche Unterstützung bei der Digitalisierung erhalten Kommunen zumeist von anderen Kommunen, von den kommunalen Spitzenverbänden und von den Ländern. Die meiste Unterstützung nehmen Kommunen durch den Austausch mit anderen Kommunen in Anspruch. Das sagen 70 Prozent der Befragten.

Wie gehen Kommunen vor?

  • Bei der Durchführung von IT-Dienstleistungen spielen kommunale IT-Dienstleister eine tragende Rolle, Start-ups kommen bei der Vergabe von IT-Dienstleistungen durch die Kommunen hingegen bisher selten zum Zug. Drei von vier Kommunen vergeben Aufträge für IT-Dienstleistungen an kommunale oder öffentliche IT-Dienstleister. Knapp die Hälfte aller Kommunen hatte Schwierigkeiten, passende Angebote auf ihre Ausschreibungen zu erhalten.
  • Etwa die Hälfte der Kommunen mit Digitalisierungsstrategie nutzt die persönliche Ansprache vor Ort, um Bürger in Digitalisierungsmaßnahmen miteinzubeziehen. Ein Viertel hat eine Projekt-Website eingerichtet, um Bürger zu informieren. Nur jede fünfte Kommune macht ihre Strategie öffentlich zugänglich.
  • Etwa die Hälfte der befragten Kommunen plant oder nutzt bereits Datenplattformen als Basis für Smart-City-Lösungen. Gleichzeitig plant die andere Hälfte nicht, in kommunale Datenplattformen zu investieren. Die Kosten der Einrichtung einer Plattform, Sicherheitsbedenken und die kontinuierliche und professionelle Pflege könnten sie zögern lassen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei offenen Daten. Diese könnten etwa über Datenplattformen zur Verfügung gestellt werden. Jedoch erhebt nur eine von zehn Kommunen überhaupt offene Daten oder stellt diese zur Weiterverwendung zur Verfügung.
  • Eine Mehrheit von 91 Prozent der Kommunen nutzt auch eigene Mittel zur Finanzierung ihrer Digitalisierungsstrategien. Bei externen Mitteln stehen Landesmittel mit 61 Prozent an erster Stelle, 41 Prozent nennen Bundesmittel als Quelle und immerhin 17 Prozent erhalten Fördermittel von der Europäischen Union. Der Bund und die Länder fördern Digitalisierung in den Städten, Gemeinden und Landkreisen über zahlreiche Förderprogramme.

Digital KOMMUNALstudie
Kommunalstudie 2022/InitiativeStadt.Land.Digital/Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Was erwarten sich Kommunen?

  • Über die Hälfte der Kommunen, die eine Digitalisierungsstrategie haben, ausarbeiten oder planen, erwarten positive Effekte für Klima und Umwelt durch die Umsetzung der Digitalisierungsmaßnahmen.
  • Den größten Mehrwert erhoffen sich die Kommunen jedoch für ihre Attraktivität als Wohnort für junge Menschen und Familien, gefolgt von der Standortattraktivität für Unternehmen.

 Schlussfolgerungen der Kommunalstudie

Einige Kommunen spielen eine Vorreiterrolle bei der Erhebung, Nutzung und Bereitstellung offener Daten. Kommunen wie Moers, Münster oder Jena haben hier bereits umfassende Erfahrungen und zeigen, welche Potenziale sich durch offene Daten ergeben, loben die Verfassser der Studie. Kommunen könnten über den Austausch mit Kommunen, die bereits erfolgreich mit offenen Daten arbeiten, mögliche Vorbehalte abbauen und Möglichkeiten für sich ausloten. Fördermaßnahmen für deutsche Kommunen können noch zielgerichteter gestaltet werden, um noch mehr Kommunen zu erreichen und diese effizient zu fördern, so das Fazit.

Kommunen, die bereits eine Digitalisierungsstrategie planen oder umsetzen, greifen neben den eigenen Haushaltsmitteln auf Fördermittel zurück. Dennoch benennen fast 80 Prozent fehlende finanzielle Ressourcen als Herausforderung. Bei den Fördermitteln werden mangelnde Transparenz der Angebote und Schwierigkeiten bei der Beantragung hervorgehoben. Förderprogramme, die noch mehr an den Bedarfen dieser Kommunen ausgerichtet sind, könnten die Erfolge dieser Maßnahmen steigern.

Potenziale der digitalen Transformation in den Kommunen liegen laut Verfassser der Studie insbesondere darin, Klimaschutzaspekte stärker in die Strategien zu integrieren, die Expertise von Start-ups und privaten Unternehmen mehr zu nutzen, auch durch eine aktivere Bereitstellung von offenen Daten. Insgesamt habe sich die digitale Transformation in deutschen Kommunen weiter dynamisch entwickelt und ist thematisch vielfältig.

Zur Studie als PDF: