Volkshochschule Digitales Lernen
Das Volkshochschulteam Oelde-Ennigerloh wirbt mit dem Slogan "Digital und lokal!" für sein digitales Lernangebot
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Erwachsenenbildung

Digitales Lernen an der Volkshochschule

Die Volkshochschulen stellten wegen der Pandemie auf digitales Lernen um. KOMMUNAL war bei zwei Kursen dabei. Vor- und Nachteile des virtuellen Klassenzimmers.

„Es ist schön, euch alle ohne Maske zu sehen“, sagt Claudia Ochoa und nickt ihren sieben Kurteilnehmern lächelnd zu. Ihr Videofenster ist oben rechts, die der sieben Kursteilnehmer unten in der Mitte. Der Spanischkurs an der Volkshochschule Oelde-Ennigerloh in Nordrhein-Westfalen kann wegen der Pandemie nur noch online stattfinden. Ich habe mich von zuhause aus in die Videokonferenz eingeklinkt. In der lockeren Lernatmosphäre sind alle per Du.  „Willst du auch mal?“, fragt mich Claudia bei einer Sprachübung. Spanisch lerne ich heute zum ersten Mal.

In der Krise hilft Zusammenhalt

„Wir wachsen da zusammen rein“, sagt Spanischlehrerin Claudia. Der Spanischkurs hält zusammen. Auch das war nicht überall so der Fall. Viele Kurse fielen aus, weil Kursteilnehmer oder Kursleiter keine Lust auf Online-Unterricht hatten. Die Hürde zum digitalen Lernen war für viele zu groß. Andere dachten, die Krise sei bald wieder vorbei.

Die digitale Lernsituation hat sich seit dem ersten Lockdown verbessert. Ob digital oder vor Ort macht beim Lernen keinen Unterschied mehr, sagt Teilnehmerin Angela. Die Gruppe ist bunt gemischt – Jung und Alt nehmen am digitalen Lernangebot in Oelde-Ennigerloh im Kreis Warendorf teil. Das ist nicht selbstverständlich – insbesondere für viele Ältere ist der Weg ins Digitale manchmal schwer, weiß Hildegard. Für sie ist es aber kein Problem.  Im Spanischkurs von Claudia sind auf jeden Fall alle dankbar, dass der Kurs trotz Krise stattfinden kann.

Digitales Lernen Volkshochschule im virtuellen Klassenzimmer
Auch wenn es noch ein paar technische Quälereien gibt, die Stimmung ist gut! Bei Kursteilnehmer Hugo und mir steht nur das Videobild von Friederike (Reihe unten) auf dem Kopf.

Der Umstieg auf digitales Lernen war für viele erstmal neu

Als die deutschlandweit fast 900 Volkshochschulen den Präsenzunterricht einschränken mussten, überrumpelte das viele. Auch Cornelia Schönlau, die seit 15 Jahren Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Sie und Christine Oehlmann, Fachbereichsleiterin Sprache und Integration, treffe ich im virtuellen Klassenzimmer der Volkshochschule Moosburg in Bayern. Das Format einer Videokonferenz ist angebunden an die vhs.cloud, die das zentrale Netzwerk der Volkshochschulen bildet und unterschiedliche Angebote wie Lernportal, Dateiablage und Videokonferenz verbindet.

Als der erste Lockdown im März 2020 begann, stand einer ihrer Kurse kurz vor der Prüfung, erzählt Schönlau. „Im Mai hieß es dann, das Bundesamt verlangt Online-Unterricht“, erinnert sie sich. Gemeint ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Volkshochschulen sind die Träger für die Durchführung von Integrationskursen und Prüfungen. Auftraggeber ist das Bundesamt.

Die Kursleiterin in Moosburg bestätigt, was auch schon eine Spanischkursteilnehmerin in Oelde meinte: Der digitale Unterricht unterscheidet sich kaum von der Präsenzlehre. Sollte er auch nicht. Schließlich müssen die Kursteilnehmer ihre Lernziele erreichen. Für die Menschen in den Integrationskursen ist dies besonders wichtig. Sie sind von Ausländerbehörden verpflichtet, an den Kursen teilzunehmen. Die Teilnahme wirkt sich auf ihre Aufenthaltsgenehmigung aus.

So geht virtuelles Klassenzimmer an der Volkshochschule

In der Mitte meines Bildschirms ist eine Arbeitsfläche. Kursleiterin Schönlau zeigt uns eine Grammatikübung. Den linken Teil hat sie geschrieben, den rechten die Teilnehmer. Dafür kann die Kursleiterin die Arbeitsfläche freigeben und die Teilnehmer können - wie im analogen Klassenzimmer auch - an die Tafel schreiben.

Fachbereichsleiterin Oehlmann und ich probieren es aus. Ganz so selbsterklärend ist es nicht. Kursleiterin Schönlau geleitet uns Schritt für Schritt durch die Symbole. Nach dem Klick auf ein Handsymbol erscheint ein Tassensymbol und dann eine Leiste, auf der wir das Schreibwerkzeug auswählen. Die Fachbereichsleiterin Oehlmann ermutigt mich. Ich würde mich ganz gut schlagen. Als digitalaffiner Mensch fällt es mir leichter, mich in der neuen Lernumgebung zurechtzufinden.

So geht es nicht allen. „Als das mit dem Online-Unterricht anfing, hatten ich und die Kursteilnehmer schon keinen persönlichen Kontakt mehr“, erklärt Kursleiterin Schönlau die Situation im Rückblick. „Viele können das Handy benutzen, haben aber noch nie mit einem Computer gearbeitet.“ Dass die meisten Kursteilnehmer noch keine Erfahrung mit dem virtuellen Klassenzimmer hatten, erschwerte die Situation zusätzlich. Umständlich mussten sie via E-Mail und Telefon in die digitale Welt der Volkshochschule gelotst werden.

Das sind die Vor- und Nachteile des digitalen Lernens

Die Kursteilnehmer sind sehr vielfältig – von 18 Jahren bis Mitte 50 sind alle Altersgruppen dabei. Sie kommen aus der ganzen Welt – aus Asien, Afrika und Europa. Darunter sind Hochqualifizierte wie Ärzte, Ingenieure und Lehrer, aber auch Menschen ohne Ausbildung. Letztere sind technisch häufig schlechter ausgestattet. In den jeweiligen Unterkünften gibt es manchmal keinen Internetanschluss. Einige Kursteilnehmer mussten in die Volkshochschule kommen und den dortigen Internetanschluss nutzen.

Das digitale Lernen hat Vor- und Nachteile. Berufstätigen kann das Online-Lernen die Teilnahme erleichtern. Abends nach der Arbeit müssen sie nicht noch extra zum Kurs fahren. In Zeiten von Homeoffice arbeiten viele Kursteilnehmer wie beim Spanischkurs sowieso schon von zuhause aus. Risikopatienten können aus sicherer Distanz am Unterricht teilnehmen. Eltern können bei ihren Kindern sein.

Zudem verfügen Teilnehmer in Berufssprachkursen des BAMF nur über eine sehr begrenzte Zahl an unterrichtsfreien Tagen. In den Schließzeiten von Kitas und Schulen waren es insbesondere Mütter, die so doch noch am Unterricht teilnehmen konnten, erzählt Kursleiterin Schönlau.

Die Volkshochschule ist Begegnungsstätte

Kursleiterin Schönlau weiß aber auch, dass vielen Kursteilnehmern das soziale Miteinander fehlt. Gerade für Leute, die keiner Arbeit nachgehen dürfen und unter erschwerten Bedingungen leben, ist das Zusammensein und der direkte Kontakt wichtig im Alltag.

Die Volkshochschulen sind ein besonderer Ort. Fachbereichsleiterin Oehlmann verbindet mit ihnen Dinge wie lebenslanges Lernen, Chancengleichheit und Kommunikation auf Augenhöhe. Kein anderes Angebot der Erwachsenenbildung ist flächendeckend so gut organisiert wie die Volkshochschule. „Es ist wichtig, dass es ein kostengünstiges Weiterbildungsangebot gibt“, sagt Kursleiterin Schönlau.

Dabei bildet die Volkshochschule eine große Vielfalt an Themen ab und bereichert das Stadtleben. Als Begegnungsstätte trägt sie zum allgemeinen Klima einer Kommune bei, sagen die beiden Frauen.

Mit der Zusammenarbeit zwischen Volkshochschule und Kommune sind die beiden Frauen in Moosburg sehr zufrieden. Es sei ein großes Glück gewesen, dass die Stadt Moosburg das jetzige Gebäude von der Sparkasse erwerben konnte, um es der Volkshochschule bereitzustellen.

Es fehlt die technische Infrastruktur

„Es ist ideal, wenn die Volkshochschule im Zentrum der Kommune liegt“, sagt Fachbereichsleiterin Oehlmann. Das würde sie sich für andere Kommunen auch wünschen. Wo sich dringend etwas tun müsse, ist die digitale Infrastruktur. Damit meint Kursleiterin Schönlau aber nicht die Volkshochschulen. „Die Bundesrepublik ist eine technische Wüste“, sagt sie. „Ich wohne auf dem Dorf und ständig ist das Internet weg.“ Die Kursleiterin erzählt von zwei Teilnehmerinnen - die eine war in Lettland, die andere in Kroatien. In Deutschland hatten beide Probleme, dort lief die Verbindung super. 

„Auch wir wollen hier noch besser werden“, sagt Fachbereichsleiterin Oehlmann aus Sicht der Volkshochschule. „Wir haben mobile Laptops, aber ein Laptop in jedem Raum wäre noch besser.“ Ohne Fördermittel werden sich die Volkshochschulen das nicht leisten können. Dabei arbeiten die Volkshochschulen an einer wichtigen Schnittstelle und können die Medienkompetenz vor Ort fördern. Eine Chance im Digitalzeitalter, die Kommunen nicht verstreichen lassen sollten.

Fotocredits: S. Heinze