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Das Sterben der Lokalzeitung bedroht auch die lokale Demokratie
Das Sterben der Lokalzeitung bedroht auch die lokale Demokratie
© fotolia

Lokale Kommunikation

Lokalzeitung vor dem Aus - 4000 Kommunen betroffen!

18. September 2023
Das Sterben der Lokalzeitung ist nicht umkehrbar. Für Kommunen heißt das, Sie müssen neue Formen der Informationsvermittlung finden. Michael Konken von der Universität Vechta hat erforscht, wie die kommunale Kommunikation der Zukunft aussehen kann.

Elf Prozent verlor die Gesamtauflage der gedruckten Tageszeitungen im 2. Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Eine dramatische Entwicklung, die allerdings kaum in der Öffentlichkeit, auch nicht in der medialen, registriert wird. Sie bestätigt die bereits im Jahr 2012 von Klaus Meier von der Universität Eichstädt errechneten, kontinuierlich sinkenden Auflagen. Im Jahr 2034 ist nach seiner Prognose das Ende der gedruckten Zeitungen zu erwarten. 2034 ist mittlerweile eine optimistische Annahme. Spätestens Ende der 20erJahre werden auf lokaler, etwas später auf regionaler Ebene, die letzten gedruckten Zeitungen erscheinen. Nur noch 17 Prozent der Menschen lesen mehrmals in der Woche eine Zeitung. Je jünger, desto weniger. Für Springer Konzernchef Mathias Döpfner hat die gedruckte Zeitung „keine Zukunft mehr“. Der Bund Deutscher Zeitungsverleger sieht die Zukunft der Lokalzeitung ebenfalls bedrohlich. In 4400 Gemeinden drohe das Sterben der Lokalzeitungen. Bis zum Jahr 2025, schätzt der Verband, betreffe der Versorgungsengpass 40 Prozent aller Städte und Gemeinden. Eine Situation, die zu existenzbedrohenden Abo-Verlusten führen wird.

Michael Konken lehrt Journalismus, Politik und Öffentlichkeit an der Universität Vechta und beschäftigt sich wissenschaftlich mit der Stadt- und Regionalkommunikation.
Michael Konken lehrt Journalismus, Politik und Öffentlichkeit an der Universität Vechta und beschäftigt sich wissenschaftlich mit der Stadt- und Regionalkommunikation.

Das sind die Gründe für das Sterben der Lokalzeitung 

Die aktuellen Gründe für den Auflagenverlust sind vielschichtig. Zu guten Zeiten konnte sich die Tageszeitung noch zu zwei Dritteln aus Anzeigen, also Werbeeinnahmen, finanzieren. Dieser Wert liegt aktuell teilweise deutlich unter 40 Prozent. Folge: Die Abo- und Einzelverkaufspreise werden kontinuierlich erhöht. Eine finanzielle Todesspirale, da als Reaktion Abonnenten kündigen, der Einzelverkauf weiter schwindet. Der Niedergang der Lokalzeitungen beschleunigt sich. Die Auflagen werden Ende dieses Jahrzehnts so niedrig sein, dass eine wirtschaftliche Basis nicht mehr vorhanden ist. Die inflationäre wirtschaftliche Situation der Privathaushalte beschleunigt den Auflagenverlust. Um Geld zu sparen, wird zuerst das Zeitungsabo gekündigt. Auf Seiten der Verlage sind Preissteigerung für Papier und Energie erhebliche Kostentreiber, aber auch der steigende Mindestlohn für Zusteller sowie turnusmäßige Tariferhöhungen. Zusätzlich wird es immer schwieriger, Zusteller zu finden, die zu morgendlicher Stunde die Lokalzeitung verteilen. Ist sie aber nicht zu morgendlicher Stunde zugestellt, folgen weitere Abo-Kündigungen. Wie sollen künftig Menschen in Städten, Landkreisen und Gemeinden kommunalpolitische Informationen erhalten? Auf welcher Informationsbasis ihre Wahlentscheidungen treffen? Wer soll Politik und Verwaltung kontrollieren?

Das stetig zunehmende Desinteresse an politischen Prozessen Entscheidungen, vor allem an der Kommunalpolitik, ist ein weiterer Grund für den Auflagenverlust. Eine dramatische Entwicklung, die schon seit Jahren in abnehmenden Berichten über kommunalpolitische Themen und ausgedünnten lokalen Berichten deutlich wird. Die Universität Bielefeld stellte im Jahr 2022 in einer Studie fest, dass drei von vier Jugendlichen den Zeitungen misstrauen, jeder Dritte glaubt, dass Medien nur ihre eigene Meinung verbreiten.

Das E-Paper kann die Lokalzeitung nicht ersetzen 

Der Bund Deutscher Zeitungsverleger verkündete im vergangenen Jahr nach einer eigenen Studie freudig, dass die Steigerungsrate von E-Paper im vergangenen Jahr 14 Prozent betrug. Erfreulich: Zwei Drittel der Digitalleser sind unter 50 Jahre alt. Nachdenklich macht: E-Paper Nutzer verfügen häufig über mehr als 4000 Euro Haushaltsnettoeinkommen. E-Paper also nur für Besserverdiener? Und gemessen an den Gesamtzahlen bleibt das E-Paper ohnehin ein Nischenprodukt. Es ist somit keine Alternative zur gedruckten Zeitung, verzögert den Niedergang, wird sie nicht ersetzen.

Kommunikation ohne Lokalzeitung - konkrete Handlungstipps für Kommunen 

Für Kommunen stellt sich die Frage, welche Kommunikationskanäle die Einwohner noch erreichen?Der Bundesgerichtshof wertete im vergangenen Jahr kommunale Öffentlichkeitsarbeit als „Pflicht zur Information“. „Städte müssen zeitgemäß digital kommunizieren“, stellte der Bundesgerichtshof im Hinblick auf moderne Kommunikationskanäle fest. Nur so würden sie der Erwartung der Bürgerinnen und Bürger nach Transparenz der Arbeit von Verwaltungen gerecht und ermöglichten den Dialog über die Politik der Städte.

Social Media ist mittlerweile das meistgenutzte Angebot der Information. Unterschiedliche Social-Media-Kanäle erreichen verschiedene Altersgruppen. Die der 10- bis 19-Jährigen bevorzugt vor allem die Social-Media-Kanäle TikTok und Instagram. 14- bis 29-jährige Instagram, TikTok und Facebook. 30- bis 49-jährige Facebook und Instagram und über 50-jährige Facebook. Social Media ist also zur täglichen Kommunikations- und Informationsplattform geworden. Aber auch Newsletter, kommunale Apps, die eigene Homepage, die eigene Stadtzeitung sowie LED-Wände im Stadtbild werden im Mix unverzichtbar für die kommunale Informationsarbeit sein. Doch Vorsicht. Es sind staatsnahe, also in eigener Regie betriebene subjektive Medien. 

Das Fazit des Autors zum Thema Lokalzeitung und kommunale Kommunikation: 

Das Fazit: Es ist höchste Zeit, dass sich Kommunen, wenn nicht bereits geschehen, intensiver als bisher auf die Social-Media Kommunikation und andere Kommunikationsmöglichkeiten umstellen. Sie müssen alle Plattformen zielgruppenspezifisch nutzen, um auch künftig die Menschen ihrer Stadt und Region zu erreichen. Ihre Pflicht und Verantwortung liegen in einer möglichst objektiven Information. Hörfunk und Fernsehen werden auch künftig über lokale und regionale Ereignisse informieren, werden ihre Kontrollfunktion ausüben. Onlinezeitungen, auch alternative Onlineangebote, werden, wo vorhanden, die lokale und regionale Informationsvermittlung ergänzen. Die lokale Berichterstattung durch die altbewährte lokale Tageszeitung als Printversion oder als E-Paper wird wegfallen. Die eigene Stadtzeitung, das Amtsblatt oder die eigene Homepage sind allerdings keine staatsfernen Informationen im Sinne einer funktionierenden Demokratie. Sie sind immer, verständlicherweise, nur PR-Instrumente. Gefährlich dann, wenn sie zum politischen Spielball werden.

Vater und Sohn lesen Zeitung auf der Couch.

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