Europawahlen: Junge Frau mit Europaflagge
Bei der Europawahl dürfen erstmals Jugendliche ab 16 Jahren in Deutschland wählen.
© Adobe Stock/mit KI generiert

Europawahlen

Wahlhelfer mit 16? Eine win-win-win-Situation!

29. Februar 2024
Bei der Europawahl im Juni dürfen erstmals bereits 16-Jährige wählen. Sie dürfen aber auch als Wahlhelfer mitwirken. Warum das eine win-win-win-Situation für Kommunen, Jugendliche und die Demokratie ist, erläutern Martha Suda und Benedict Arya Gruber in ihrem Gastbeitrag für KOMMUNAL.

Erstmals ist es für alle Deutschen sowie EU-Staatsbürgerinnen und -bürger, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben, möglich, bei der Europawahl am 9. Juni bereits mit 16 ihr Wahlrecht auszuüben. Ein historischer Moment, insbesondere für Wahlberechtigte der Bundesländer, in denen das Wahlalter bei Landtags- und Kommunalwahlen nach wie vor bei 18 liegt. Möglich wird damit jedoch nicht nur zu wählen oder sich wählen zu lassen, sondern auch im Wahlprozess als Wahlhelferin oder Wahlhelfer mitzuwirken. Aus unserer Sicht eine win-win-win-Situation: für Kommunen, Jugendliche und die Demokratie selbst.

Wahlrecht ab 16, Wahlhelfer ab 16

Der Gewinn für die Kommune: Ohne eine große Zahl ehrenamtlicher Wahlhelfer ist es nicht möglich, Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen durchzuführen und demokratisch zu wählen. Wahlhelfer sind wichtige Träger des Wahlverfahrens und bilden das Fundament der Selbstorganisation der Wahl durch das Volk. Doch warum nun ausgerechnet Erstwähler für das Ehrenamt gewinnen? Same procedure as every Wahl: Irgendjemand hat sich bisher ja noch immer gefunden.

Warum junge Wahlhelfer aquirieren?

Doch das ist zu kurz gedacht! Die junge Generation wird gebraucht, denn es fehlen vielerorts Freiwillige für die Wahlen und oftmals haben die Wahlvorstände einen hohen Altersdurchschnitt. Junge Wahlhelfer zu akquirieren, hat viele positive Effekte. Einerseits sichert dies einen Pool an Wahlhelfernachwuchs, die zur nächsten Wahl kontaktiert werden können. Weiter hilft es, die Erfahrungen frühzeitig weiterzugeben, um so den Wissenstransfer zwischen den Generationen zu sichern. Und drittens entsteht ein persönlicheres und haptisches Verhältnis zum Wahlergebnis. Die Ergebnisse am Abend im Fernsehen zu sehen, wird zu einem „Da war ich dabei – Moment“. Der abstrakte Prozess der Wahl wird also mit einem persönlichen Erlebnis innerhalb einer Gemeinschaft verknüpft.

Die Wahlhelfererfahrung motiviert Jugendliche, sich auch in Zukunft weiterhin politisch zu engagieren und bildet den Grundstein für ein lebenslanges Interesse an kommunalen Verpflichtungen und Angelegenheiten. Somit wird – aufgrund der geförderten Identifikation mit dem eigenen Umfeld – die Verantwortungsbereitschaft vor Ort erhöht, die sich im besten Fall auch auf andere Ehrenämter überträgt.

Der persönliche Kontakt zu Jugendlichen ist stets eine Chance, die Wünsche und Belange der jungen Menschen zu erfahren und dieses Wissen in die lokale Verwaltung und Politik zu übertragen. Diese Erfahrung erleben wir tagtäglich in der Jugendarbeit.

Der Gewinn für Jugendliche: Wie sind Wahlen organisiert? Wie läuft der Wahltag ab? Was muss ich bei der Stimmauszählung beachten? Nirgendwo ist politische Bildung besser greifbar, als im Heimatort am Wahltag involviert zu sein, die Wahl und die Wähler zu begleiten sowie Wählerstimmen auszuzählen. Jugendliche haben hier die Chance, sich mit einem der Grundelemente einer lebendigen Demokratie unmittelbar auseinanderzusetzen und praktische Erfahrungen aus erster Hand zu erleben.

Wahlen sind komplex und schwierig zu durchblicken. Der Einbezug von Jugendlichen ab 16 Jahren in das Wahlehrenamt ermöglicht eine frühzeitige Auseinandersetzung mit demokratischen Prozessen, trägt zu einem tieferen Verständnis sowie größerer Anerkennung für Wahlen und lokale Partizipation bei. Früh zu lernen, wie wichtig die eigene Stimme ist, hat dabei auch Einfluss auf die Wahlbereitschaft.

Das Engagement am Wahlsonntag findet gleichwertig mit Erwachsenen bzw. etablierten Wahlhelfern statt und ermöglicht einen Generationendialog auf Augenhöhe.

Der Gewinn für die Demokratie: Unsere Demokratie lebt von der Unterstützung durch Bürgerinnen und Bürger. Wahlhelfer schaffen Vertrauen, Transparenz und damit auch Anerkennung der Strukturen.

Wie in allen Bereichen unserer Demokratie gilt es, die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden. Junge Wahlhelfer können den Wahlprozess repräsentativer und inklusiver gestalten. Jugendliche erleben dadurch Wahlen live und geben diese positive Selbsterfahrung als Multiplikatoren der Demokratie an Freundinnen und Freunde weiter.

Aus unserer Sicht lohnt es, die Altersabsenkung bei der Europawahl als Anlass zu nehmen, Bürger ab 16 Jahren stärker in den Fokus der Suche nach Wahlhelfern zu rücken, sie gezielt und kreativ anzusprechen, um sie für eine Bewerbung zu gewinnen. Kommunen profitieren so nachhaltig und leben eine große Chance für die jugendpolitische Bildung.

Machen Sie die Wahl zur win-win-win-Situation für Ihre Kommune, die Jugend und unsere Demokratie.

Die Autoren:

Martha Suda

Martha Suda ist Mitarbeiterin für (Jugend-) politische Bildung und Demokratieförderung beim Kreisjugendring Freising. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft und Systemlehre an der Universität Würzburg und forschte zur Kommunalpolitik. Als Wahlhelferin unterstützt sie seit ihrem 18. Lebensjahr ihre Heimatkommune.

Gruber

Benedict Arya Gruber ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität München und forscht dort aktuell unter anderem zur Verbesserung von Wahlprozessen und Wahlmotivation durch den Einsatz digitaler Hilfsmittel. Er ist Stadtrat in Moosburg an der Isar und dort seit seinem 19. Lebensjahr auch als Wahlhelfer tätig.

Fotocredits: Martha Suda, Benedict Arya Gruber: Privat