Es bewegt sich etwas

Die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer erschüttert Deutschland - und gleichzeitig diskutieren die Kommunen in den Rathäusern, wie sie der immer weiter steigenden Zahl von Flüchtlingen begegnen. Liegt es nur am Geld? Kann Deutschland Integration? Was bedeutet die Situation für Kitas und Schulen vor Ort? Eine Bestandsaufnahme mit Ulrich Maly, Präsident des Deutschen Städtetages.

Das Interview gab Ulrich Maly dem Morgenecho auf WDR 5 am 21. April. Hier die Fragen und Antworten.
Frage
: Haben Sie den Eindruck, dass sich bei den Ländern etwas bewegt, dass sie mehr Geld bekommen?
Antwort: Ich habe den Eindruck, dass sich insgesamt etwas bewegt, d.h. bei den Ländern und beim Bund ... Ich glaube, das Wichtigste ist tatsächlich vor allem anderen, dass die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer beendet wird. Das bewegt uns alle noch weitaus mehr als das, was sich im Moment vor unseren Rathäusern abspielt.
Es wird sich bewegen in Deutschland. Es gibt so eine Art Asyl-Gipfel Anfang Mai ... Es ist heute so, dass wir 16 sehr unterschiedliche Kostenerstattungsreglungen in den Ländern haben ... D.h. es müssen sich sicher zuerst die Länder bewegen. Dann wird aber auch der Bund ein stückweit seine Schüchternheit aufgeben müssen.
Frage: Mein Eindruck ist, es hängt nur an der Finanzierung. Stimmt das?

Antwort
: ... Integration können wir eigentlich. Wir haben in deutschen Städten in der Nachkriegszeit dreimal bewiesen, dass wir in der Lage waren, Millionen von Menschen zu integrieren - zunächst die Vertriebenen, dann die Gastarbeiter, dann die Spätaussiedler ... Ich glaube, wir können es, aber es gibt es eben nicht zum Nulltarif.
Und man muss aufpassen, dass es nicht vor Ort zu sozialen Spannungssituationen kommt, etwa dadurch, dass man anerkannte Asylbewerber auf Wohnungsmärkte schickt, die ohnehin schon völlig angespannt sind. D.h. wir brauchen beim Thema Wohnen, beim Thema Arbeit vernünftige Kooperation aller staatlichen Ebenen, damit hier nicht soziale Spannungen auftreten.
Frage: ... Wie sieht das mit der Akzeptanz in der Bevölkerung aus ...?

Antwort: ... Wir haben überwiegend immer noch Hilfsbereitschaft ... Der große Teil der Deutschen sagt, da müssen wir was tun, da müssen wir helfen, auch vor Ort bei uns. Aber es gibt eben auch den Versuch von Rechtspopulisten und Rechtsextremen, ihr Süppchen zu kochen mit dem Thema, der manche Menschen, insbesondere verunsicherte Menschen durchaus auch mobilisiert ...
Frage: ... Was erhoffen Sie sich von den beiden Gipfeln?
Antwort: Von dem EU-Gipfel eigentlich, dass man das, was mit Mare Nostrum ja schon als erfolgreich beschrieben war, wieder neu auf die Straße setzt. Die Operation Triton ... ersetzt das definitiv nicht ... Es gibt doch in Europa genügend Schiffe, die rumstehen bei den Militärs. Die sollte man als europäische Aktion dort zusammenfassen und sowas Ähnliches oder etwas Gleiches wie Mare Nostrum wieder auf den Weg bringen. Das ist unbedingt notwendig.
Und das Zweite ist, dass man in Deutschland - ich glaube, der erste Schritt ist noch nicht einmal das Geld, sondern die Erkenntnis, dass wir das Problem nicht lösen, wenn wir die Verantwortung zwischen den staatlichen Ebenen hin und her schieben, sondern dass alle staatlichen Ebenen an dieser großen Aufgabe gemeinsam arbeiten müssen.
Dann muss man hingucken, in welchen Ländern ist es gut; dann muss ich die zum Vorbild nehmen ... Und dann muss am Ende der Bund sicherlich auch dauerhaft mehr tun, als er bisher getan hat

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