Beim Thema Flüchtlinge benötigen die Kommunen Hilfe vom Bund. © Radek Procyk/123rf

Flüchtlinge: "Wir versuchen, die Integration zu schaffen"

Spitzentreffen heute bei Bundeskanzlerin Merkel - der Deutsche Städte- und Gemeindebund setzt sich noch einmal für die Interessen der Kommunen bei der Flüchtlingspolitik ein. Interview mit dem Geschäftsführer Gerd Landsberg.

Kurz vor Beginn des Gipfels gab Gerd Landsberg dem Infosender WDR 5 ein Interview. KOMMUNAL dokumentiert die wichtigsten Passagen des Interviews im Wortlaut.

Frage: Fünf Minuten mit Merkel - wie wäre die Botschaft?

Antwort: Ich habe ganz sicher mehr als fünf Minuten, weil wir ja regelmäßig lange mit der Kanzlerin zusammen sind ... Die Botschaft wäre ganz klar: Wir versuchen, die Integration zu schaffen. Das schaffen wir aber nicht aus eigener Kraft. Wir brauchen weiterhin die Hilfe des Bundes und der Länder. ...

Wieviel Unterkünfte sollen wir vorhalten? Wieviel Flüchtlinge werden voraussichtlich kommen? Wie verhalten sich Bund und Länder? Wie sieht es mit der Sprachförderung aus? Werden wir genug qualifizierte Flüchtlinge haben, die wir dann auch in Arbeit bringen? Wie geht es mit der Wohnungshilfe weiter? Und wie können wir noch mehr Wohnraum schaffen? ...

Frage: ... Seit einem Jahr bearbeiten wir die Folgen des Flüchtlingszuzugs. Was haben Sie in den Städten und Gemeinden seitdem in zentralen Punkten gelernt?

Antwort: Wir haben sehr viel gelernt. Wir haben gelernt, mit über einer Million Menschen sozusagen fertig zu werden, d.h. sie unterzubringen, dafür zu sorgen, dass die Kinder in die Schule kommen ..., wie man Sprachförderung organisiert, wie man mit den vielen Sprachen, verschiedenen kulturellen Eigenschaften umgeht. Das war schon ein enormer Prozess, weil natürlich die Verwaltungen auf einen solchen Ansturm nicht vorbereitet waren. Und jetzt stehen wir eben vor der Herkulesaufgabe, wie schaffen wir es, diese Menschen dauerhaft zu integrieren. Das ist nicht einfach und wird lange dauern.

Frage: Der Städte- und Gemeindebund hat einen Maßnahmenkatalog zur Flüchtlingspolitik vorgelegt. Erster Spiegelstrich: Zustrom von Flüchtlingen endlich dauerhaft begrenzen und bewältigen. D.h. Sie sind klar für eine Obergrenze?

Antwort: Wir sind nicht für eine Obergrenze, aber wir wissen - und ich denke, das weiß auch die Bundeskanzlerin - , dass wir solche Zahlen wie 2015 nicht nochmal verkraften können. Für uns steht nicht die Obergrenze im Vordergrund, sondern die Frage, wieviel Menschen können wir vernünftig integrieren. Da werden ja diese Zahlen immer genannt: 200.000, 300.000 - das ist schon eine Herausforderung ... Selbst das zu schaffen ist nicht ganz einfach.

Frage: ... Wo ist (beim Thema Wohnung) Ihre größte Herausforderung, und wie sollte die gelöst werden?

Antwort: Wir haben im Moment zwar ein Volumen von 250.000 Wohnungen, die in Deutschland gebaut werden. Wir brauchen 450.000, übrigens nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für die Deutschen, die ja auch gerade in den Ballungsräumen Wohnungen suchen. Da engagiert sich der Bund.
Wir haben aber natürlich immer noch Probleme, geeignete Grundstücke zu finden, schnell genug zu bauen; es geht darum, auch preiswert zu bauen, aber nicht hässlich zu bauen, barrierefrei zu bauen. Das alles unter einen Hut zu bringen und zu beschleunigen ist nicht ganz einfach. Das kann niemand befehlen, auch die Bundeskanzlerin nicht. Man kann nur versuchen, die Hemmnisse Stück für Stück abzuräumen. Und da arbeiten wir dran.

Frage: Halten Sie insofern das neue Integrationsgesetz, was ja den Wohnort zwingend vorschreibt für eine begrenzte Zeit, für ein gutes Steuerungsinstrument?

Antwort: Ich halte das sogar für ein unverzichtbares. Es war eine unserer zentralen Forderungen, und ich bedaure sehr, dass einige Bundesländer es entweder gar nicht umsetzen wollen oder verspätet umsetzen wollen. Die Verteilung der Flüchtlinge ist eine wichtige Voraussetzung für eine sinnvolle Integration ...

Es ist ja nicht nur eine Frage des Wohnraums, es gehört ja mehr (zur Integration) dazu. Für uns geht es um die Planungssicherheit. Sie schaffen als Kommune Schulplätze, Kindergartenplätze, stellen Leute ein, und dann sind nach einem halben Jahr die Flüchtlinge weg. D.h. Sie haben hier Invest umsonst gemacht, das ist sicherlich nicht gut. Obwohl ich viele Flüchtlinge auch verstehen kann, die natürlich da hingehen, wo schon andere aus ihrem Land oder ihrer Familie sind. Deswegen muss man das intelligent steuern ...

Es ist nicht das entscheidende einzige Element, aber ein wichtiger Baustein. Und ich würde es sehr begrüßen, wenn die Länder das alle umsetzen ...

Schlagwörter