©Presseagentur Textschwester

Outlets als Chance für Innenstädte?

21. November 2014
Der Einzelhandel in strukturschwachen Regionen leidet, Geschäfte schließen, Menschen ziehen weg, selbst die Nahversorgung ist nicht mehr überall gewährleistet. Die Rahmenbedingungen sind schwierig. Gefragt sind Ideen – Beispiele aus den Regionen.

Das Konzept geht offenbar auf

Der Kundenansturm ist enorm, wie die ersten Wochen zeigten. In den ersten 53 Tagen kamen laut Center-Manager Uli Nölkensmeier 300.000 Outlet-Besucher in die 18.000-Einwohner-Stadt. Eine Million zusätzliche Stadtbesucher pro Jahr sind angepeilt. Wo bislang Touristen und Kurgäste die bis dahin recht ruhige mittelalterliche Altstadt bewunderten, strömen nun Schnäppchenjäger aus der näheren und weiteren Umgebung mit dicken Einkaufstüten durch die Fußgängerzone, die den denkmalgeschützten Dachgiebeln nur noch wenig Aufmerksamkeit schenken. Bürgermeister Alexander Büttner ist mit dem Wandel trotzdem sichtlich zufrieden: „In der Stadt herrscht eine entspannte Betriebsamkeit“, sagt der Rathauschef, „der Schritt zum Outlet-Center ist aus heutiger Sicht ein voller Erfolg.“

Lohnen sich die Investitionen?

Drei Investoren hatten sich in Bad Münstereifel zusammengefunden, zwei aus der Mode-, der dritte aus der Baubranche. Mindestens 10.000 Quadratmeter Verkaufsfläche mussten zusammenkommen, um dem Outlet-Projekt eine Chance zu geben; etwa 12.000 Quadratmeter sind es bislang geworden, beinahe alle Objekte vermietet.
„Mehr als 90 Prozent sind von den Investoren angekauft worden“, weiß Büttner. Die Investitionssumme schätzt er auf 30 bis 40 Millionen Euro. Der Anteil der Stadt beträgt gerade einmal 200.000 Euro für einen breiteren Gehweg vor dem Schulzentrum und die Ausbesserung eines Belags. „Diese Kosten wären ohnehin früher oder später auf die Stadt zugekommen“, sagt der Verwaltungschef. Die Stadt habe aber stark bei der Projektabwicklung geholfen. Der Bürgermeister hat eine Task Force eingerichtet, deren Rathausmitarbeitern die Investoren durch den Behördendschungel begleiteten. „Ohne diese Task Force hätte das City Outlet in diesem Jahr sicher nicht mehr eröffnet werden können“, ist er überzeugt.

Und was haben die Kommunen davon?

Am Ende soll in Bad Münstereifel auch der ortsansässige Einzelhandel profitieren. Bürgermeister Büttner drückt das so aus: „Die meisten Ladenbesitzer haben die riesige Chance erkannt, neue Kunden zu gewinnen.“ Heute verkaufe der Haushaltswaren-laden mehr Töpfe, der Optiker mehr Brillen, und die Gastronomen und Hoteliers strahlten ohnehin. Landschaft und Natur rund um die Eifelstadt seien unberührt geblieben, der Mehrwert sei durch die Ansiedelung des City Outlet in der Altstadt entstanden. „Die Revitalisierung ist voll und ganz gelungen“, so das Fazit von Bürgermeister Büttner.

Der Alltag in Deutschland sieht anders aus.

In der 12.000-Einwohnerstadt Wernau, südlich von Stuttgart, fand gerade die vom Deutschen Städte- und Gemeindebund und dem Gemeindetag Baden-Württemberg veranstaltete Tagung: "Gut versorgt in meiner Stadt - Mehr Lebensqualität durch qualifizierte Nahversorgung" statt. Kommunale Fachleute diskutierten dabei verschiedene Aspekte der Probleme  im ländlichen Raum und welche Handlungsoptionen existieren.
Wernau – der Tagungsort war in vielfacher Hinsicht ein Klassiker. Denn Bürgermeister Armin Elbl steht mit seiner Stadt eigentlich noch relativ gut da: Die Einwohnerzahl wächst - mit ihr die Kaufkraft, die Arbeitslosenquote liegt beständig unter vier Prozent. Trotzdem: Der Einzelhandel klagt, die Zahl ihrer Kunden sinkt. Im Rathaus ist man alarmiert. Bei einer Befragung kam heraus, dass die Ladenbetreiber sehr mittelmäßig zufrieden sind.

Platzmangel beherrscht die Liste der Probleme

Werden die Bürger vor Ort nicht fündig, setzen sie sich kurzerhand ins Auto oder in die S-Bahn und fahren in wenigen Minuten zu den großen Einkaufszentren in der Nachbarschaft. Das schwächt den örtlichen Handel mit der Folge, dass weitere Geschäfte schließen, das Angebot noch mehr schrumpft und die Bürger für Einkäufe noch häufiger das Weite suchen. Diese Abwärtsspirale will Bürgermeister Armin Elbl – wie so viele andere Rathauschefs - stoppen. Was seine Bürger an Angeboten tatsächlich erwarten, muss er aber erst herausfinden. Dazu hat er einen Bürgerbeteiligungsprozess angestoßen. In zwei bis drei Jahren soll er abgeschlossen sein.

Outlets als Konkurrenz für den Einzelhandel?

Ein Konkurrent von Wernau ist die nicht weit entfernte Stadt Metzingen (Landkreis Reutlingen) mit ihrem Outlet-Center auf einem ehemaligen Fabrik-areal. Die Geschäfte dort haben eine Verkaufs-
fläche von 30.000 Quadratmeter, die jährlich bis zu 3,5 Millionen Kunden anlocken, 40 Prozent davon aus dem Ausland. „Der anfängliche Widerstand im örtlichen Einzelhandel und in der Kommunalpolitik hat sich mittlerweile komplett gelegt“, berichtet Oberbürgermeister Ulrich Fiedler. Leerstehende Läden kennt die Stadt nicht. Vom Outlet-Center in den Ortskern sind es wenige Gehminuten. Kritik kommt allenfalls aus einigen Nachbarkommunen. Trotzdem sollen die Outlet-Flächen noch einmal um 10.000 Quadratmeter erweitert werden. Der Gemeinderat hat dem einstimmig zugestimmt.  Der Bürgermeister möchte eventuelle Bedenken zudem auch mit dem Argument ausräumen, dass die im Outlet-Center angebotenen Produkte und Marken nirgendwo anders in der Region angeboten werden, folglich dem Einzelhandel nichts weggenommen.

Schlagwörter