
Punkten mit Qualität
Als Grundlage für eine gezielte Beschaffung startete er eine Gefährdungsanalyse für Filderstadt. Neben den städtischen Brand- und Unfallgefahren bestehen für die freiwillige Feuerwehr drei besondere Risiken: eine hohe Verkehrsbelastung durch die autobahnähnliche B27, die durch die Stadt verläuft, ein drei Kilometer langer S-Bahn-Tunnel sowie der Flughafen Stuttgart, bei dem die Filderstädter Feuerwehr im Notfall die dortige Flughafenfeuerwehr unterstützen muss.
Auf Basis der Analyse trafen der Feuerwehrkommandant, der Feuerwehrausschuss und die Verwaltung gemeinsam eine grundlegende Entscheidung: alle 300 Feuerwehrangehörigen sollten eine persönliche Schutzkleidung erhalten. Und diese sollte nicht nur die Anforderungen der aktuellen Norm EN 469, Leistungsstufe 2, erfüllen, sondern darüber hinaus ein Höchstmaß an Tragekomfort und Funktionalität erreichen.
Im Jahr 2006 begann dann ein über zweijähriger Trageversuch mit zunächst fünf Schutzanzügen, die bereits nach Thorns Anforderungen gefertigt waren. Dabei mussten die Anzüge nicht nur im Einsatz zeigen, was in ihnen steckt, u. a. bei Kellerbränden mit extremer Verschmutzung oder bei Heißausbildungen in gas- und feststoffbefeuerten Übungsanlagen. Sie sollten auch ihre Haltbarkeit beweisen und in der Testzeit bis zu 10 Waschgänge überstehen ohne ihre Funktionen einzubüßen.
Der Trageversuch lief neutral ab. Die Testpersonen erfuhren nicht, welche Materialien die verschiedenen Probeanzüge enthielten.
Mit den gesammelten Daten aus Gefährdungsanalyse und Trageversuch konnten Feuerwehr und Verwaltung den Filderstädter Gemeinderat überzeugen. Der Antrag zur Investition von rund 300.000 Euro in eine neue Schutzkleidung der Feuerwehr wurde genehmigt. Dabei wollte man alle 300 Feuerwehrangehörigen zeitgleich neu ausstatten.
Der Auftrag wurde europaweit ausgeschrieben. Drei kleinere Kommunen – Denkendorf, Notzingen und Essingen – schlossen sich mit gleichen Anforderungen und kleinen Änderungen an, sodass insgesamt 460 Schutzanzüge ausgeschrieben wurden. „Die europäische Ausschreibung ist die Beste,“ sagt Thorns. „Sie ist am einfachsten, es gibt Formblätter, sie ist am ehrlichsten und man bekommt das beste Ergebnis.“
Mit seinem Beschluss genehmigte der Filderstädter Gemeinderat nicht nur die sofortige Komplettausstattung, sondern zusätzlich auch das von der Feuerwehr in Zusammenarbeit mit den Lieferanten entwickelte langfristige Pflegekonzept. Eine nachhaltige Nutzung ist nach seinen Worten nur durch ein professionelles Waschverfahren erreichbar, mit dem einerseits die Träger vor giftigen Rauchverschmutzungen geschützt, andererseits die Funktionen der Schutzkleidung voll erhalten bleiben. Die oft übliche Wäsche zuhause sei kontraproduktiv, ebenso die Nutzung einer Wäscherei ohne spezielles Know-how. Thorns setzte auf eine professionelle Wäsche im eigenen Feuerwehrhaus.
Die Organisation läuft reibungslos: Die Feuerwehrleute legen verschmutzte Kleidung an ihrem Standort in einen roten Container und faxen ein ausgefülltes Formular an die Zentrale Service-Werkstatt der Feuerwehr Filderstadt. Der Anzug wird abgeholt, gleichzeitig erhält der Träger einen passenden Ersatzanzug.
Die neue Schutzkleidung der Feuerwehr Filderstadt ist nun seit über sechs Jahren im Einsatz. Wie erwartet hat sich die Kombination von hochwertiger Schutzkleidung und professioneller Pflege bewährt. Die komplexe Funktionalität blieb voll erhalten, Zufriedenheit und Motivation der freiwilligen Feuerwehrangehörigen sind hoch.
Übrigens: Kurz nach der Einführung der neuen Kleidung, erzählt Jochen Thorns, sei eine Gruppe von jungen Männern um die 20 Jahre erschienen mit dem Wunsch, in die Feuerwehr einzutreten. Ein besonderes Beispiel, dass eine hochwertige Ausrüstung auch die Personalfrage günstig beeinflussen kann. „Seit Einführung der neuen Kleidung ist die Mannschaftsstärke bei uns hochgegangen,“ sagt Thorns.