Leistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge nur noch als Darlehen? Zwei Landräte entfachen eine Diskussion
Leistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge nur noch als Darlehen? Zwei Landräte entfachen eine Diskussion
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Vorstoß von 2 Landräten

Sozialleistungen nur noch auf Pump?

Zwei Landräte aus Thüringen – Matthias Jendricke aus Nordhausen und Marko Wolfram aus dem Landkreis Saalfeld‑Rudolstadt – halten es für eine mutige Idee, Sozialleistungen für volljährige Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Nicht‑EU‑Ausländer künftig nicht mehr einfach zu schenken, sondern als zinsloses Darlehen auszugeben.So wollen sie den Integrationswillen ankurbeln. Doch juristisch lauern hier einige Fallstricke.

Inspiriert vom BAföG‑System für Studenten sehen sie darin einen cleveren Motivations‑Turbo: Wer schnell Arbeit aufnimmt und z. B. Die Sprachprüfung besteht, wird durch Erlass‑Modelle und Rückzahlungsnachlässe belohnt. Das Ziel: den „Integrationswillen“ ankurbeln – schneller rein in den Arbeitsmarkt, Weg vom Stigma „Sozialfall“

Das sind die genauen Pläne der beiden Landräte 

Konkret schlagen die beiden Landräte vor, dass nur volljährige Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge künftig Leistungen nicht mehr als Zuschuss, sondern als zinsloses Darlehen erhalten. Kinder und Jugendliche wären davon ausdrücklich ausgenommen. Das Modell orientiert sich am bekannten BAföG-System: Wer schnell Arbeit findet, eine Ausbildung beginnt oder eine Sprachprüfung besteht, kann sich auf einen teilweisen oder sogar vollständigen Erlass der Schulden einstellen. Wer hingegen länger ohne Beschäftigung bleibt, müsste die erhaltenen Leistungen nachträglich zurückzahlen. Ziel sei, so die Initiatoren, ein System von Belohnung statt Dauerfinanzierung – Integration soll sich unmittelbar auszahlen, Trägheit hingegen nicht.

Vorstoß wird breit und hitzig diskutiert 

Die Reaktionen auf den Vorstoß liessen nur Minuten auf sich warten. Und gehen quer durch alle Parteien. Zustimmung bekommen die beiden SPD-Ländräte etwa vom CDU Politiker Philipp Amthor. Er lobte den Vorschlag als "Prüfenswert", weil es sich um eine Gerechtigkeitsdebatte handle.

Der Innenminister von Thüringen Georg Maier hingegen - wie die beiden Landräte Sozialdemokrat - geht völlig auf Abstand. Das sei "inhaltlich unausgereift". Er warnt vor verfassungsrechtlichen Gefährdungen. 

Grüne und Linke sehen in dem Vorschlag gar eine "Zwangsverschuldung der Ärmsten" und meinen, das Modell hätte negative Folgen.

Migrationsforscher warnen, der Anreiz könnte ins Gegenteil kippen. "Wer ohnehin wenig verdient, hat weniger Netto-Einkommen, wenn Rückzahlungen dazukommen." Somit sei der Anreiz zum Arbeiten später noch geringer. 

Fernab der politischen Bewertung - das sind die Chancen und Risiken 

Der soziale Hebel: Wer weiß, er muss zurückzahlen, macht sich eher dran, Arbeit und Integration in Gang zu bringen. Soziale Aktivierung statt Dauerbezug.

Der Vorschlag könnte zudem die Debatte über die Regeln der Migration neu entfachen. Wie lassen sich etwa Arbeitserlaubnisse schneller erteilen, Berufsabschlüsse anerkennen, Deutschförderung gezielt gestalten...

Der Anreiz für Migranten ist zudem klar: Wer innerhalb eines Jahres Arbeit findet, bekommt einen Teil des Darlehens erlassen

Dem entgegen bleibt festzuhalten, dass vor einer Einführung voraussichtlich Gesetze auf Bundesebene geändert werden müssten. Kommunen haben hier also im Moment noch verfassunsgrechtliche Fallstricke zu beachten. Das Bundesverfassungsgericht verlangt für das Existenzminimum einen dauerhaft realitätsgerechten Anspruch – ein Darlehensmodell könnte diesen Anspruch unterlaufen.