Verkehrsinfarkt durch zu viele Pakete? 3 Milliarden Pakete wurden in Deutschland vergangenes Jahr zugestellt.

Verkehrsinfarkt durch Paketzustellung?

23. Januar 2018
Über drei Milliarden Pakete wurden im vergangenen Jahr in Deutschland zugestellt. Das bringt zahlreiche Innenstädte an den Rand des Verkehrsinfarkts. Der Onlinehandel wächst weiter enorm, was also tun? Logistik-Experte Andreas Fleischer liefert im KOMMUNAL-Gastbeitrag Lösungsansätze.

Der Verkehrsinfarkt: Die Schattenseite des E-Commerce

Wichtigster Treiber der Logistikbranche ist der E-Commerce, der hierzulande jährlich im zweistelligen Prozentbereich wächst. Das bedeutet, dass immer größere Warenströme in immer kürzerer Zeit ihren Weg zu den Endkunden finden müssen. Die effiziente Versorgung der sogenannten letzten Meile gewinnt zunehmend an Bedeutung. Um dies zu bewerkstelligen, sind neben den klassischen randlagigen Distributionszentren auch immer mehr stadtnahe Gewerbeparks sowie innerstädtische City-Logistik-Objekte nötig. Die unabhängige Ratingagentur Scope hat ermittelt, dass sich der Bedarf an modernen Lagerflächen bis 2025 verdoppeln wird.
Die Projektentwickler von Logistikobjekten sind sich der schwierigen Lage der Bauämter bewusst und reagieren auf die Flächenknappheit mit neuartigen Konzepten. Dazu gehört einerseits die Revitalisierung ungenutzter Industriebrachen im Rahmen einer konsequenten Innenraumverdichtung, wie sie beispielsweise im CityPark in der Kölner Vitalisstraße im Stadtteil Bickendorf geplant ist. Dort wird auf insgesamt elf Hektar Fläche eine ehemalige Produktionsanlage revitalisiert. Andererseits ist der Schritt in die Höhe unumgänglich, um die begrenzten innerstädtischen Grundstücke optimal zu nutzen.

Mittel gegen den Verkehrsinfarkt: Intelligente Logistikkonzepte

Intelligente Logistikkonzepte können außerdem die Verkehrsinfrastruktur stärken. Die drohende Überlastung des Straßennetzes ist eines der relevantesten Probleme für die Zukunft der deutschen Metropolen. Vor allem die zentralen Knotenpunkte gilt es zu entlasten. Die Entwicklung kleinteiliger, feingliedriger und dezentraler Logistikflächen in den innerstädtischen Gebieten sorgt dafür, dass der Lieferverkehr auf weniger stark frequentierte Routen umgeleitet wird. Eine konsequente Anbindung der Immobilien an den öffentlichen Personennahverkehr sorgt zudem für eine Abnahme des Pendlerverkehrs mit Pkw zu den Objekten selbst.
Ebenfalls können Multi-Use- und Mischkonzepte für eine Aufwertung der angrenzenden Umgebung schaffen und zur Quartiersentwicklung beitragen. Ein Mietermix aus Betrieben verschiedener Branchen wie KEP-Dienstleistern, produzierendem Gewerbe und Online-Händlern kann einen Standort um eine Vielzahl attraktiver Jobperspektiven im Dienstleistungs- und Produktions- wie auch im Forschungs- und Entwicklungssektor ergänzen, wie das Beispiel des CityParks Düsseldorf im Stadtteil Flingern-Süd zeigt. Dieser Wirtschaftsfaktor darf nicht unterschätzt werden, schließlich verursacht die anhaltende Urbanisierung nicht nur einen steigenden Bedarf nach Wohnraum, sondern auch nach Arbeitsplätzen. Hinzu kommt, dass eine Kommune von steigenden Gewerbesteuern finanziell profitiert, da es sich bei den Mietern häufig um lokale kleine und mittlere Unternehmen handelt.

Mehrwerte für die Bürger generieren

Zum anderen sollte ein moderner Gewerbepark einen Mehrwert für Anwohner schaffen –beispielsweise in Form einer Kindertagesstätte, Kantine sowie von Sport- und Freizeitmöglichkeiten. Beispielsweise existieren im CityPark Düsseldorf eine Boulderhalle und ein Trampolinpark, die von der Innenstadt aus in wenigen Minuten zu erreichen sind. Und wenn die Ladesäulen für die Elektrofahrzeuge der KEP-Dienstleister für die Öffentlichkeit erreichbar bereitgestellt werden, wird zudem die städtische Infrastruktur gestärkt.
Es lohnt ein Blick über den Ärmelkanal nach London, wo für innerstädtische City-Logistik-Objekte aktuell Immobilienkonzepte realisiert werden, die sowohl Logistikeinheiten als auch Wohnraum vorsehen. Ich sehe darin eine wichtige Zukunftslösung für die Metropolregionen. Denn solche Projekte zeigen, dass sich Wohnen und Logistik nicht ausschließen – vielmehr können und sollten sie einander ergänzen.

Droht der Verkehrsinfarkt? So sieht es statistisch in Deutschland aus

Allein die Innenstadt von Düsseldorf – so fand das Fraunhofer-Institut heraus - steuern täglich 60.000 Lastwagen an. Die städtische Infrastruktur ist damit schon heute an ihrem Kapazitätslimit, so das Institut. Dabei soll sich die Zahl der Pakete bundesweit in den nächsten fünf Jahren von gut drei auf rund 4,2 Milliarden erhöhen. Nach einer weiteren Studie macht der Güterverkehr in Deutschland etwa 30 Prozent des Stadtverkehrs aus, verursacht aber etwa 80 Prozent der innerstädtischen Staus in Stoßzeiten. Lieferungsversprechen noch am Bestelltag verschärfen die Situation aktuell weiter. Die großen Hersteller überbieten sich daher bereits mit Versuchen, Drohnen für die Zustellung zu konzipieren. Andere Anbieter erhöhen die Zahl ihrer Paketshops, in denen die Waren abgeholt werden können. Ein Hersteller schickte in Hamburg bereits einen Zustell-Roboter in die Stadt. Autohersteller erproben Möglichkeiten, die Pakete in den Kofferraum der Adressaten zu verfrachten.

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