Forsa-Chef Manfred Güllner mit Zahlen zum Vertrauen in die Kommunalpolitik
Forsa-Chef Manfred Güllner mit Zahlen zum Vertrauen in die Kommunalpolitik
© kommunal

Forsa-Aktuell

Vertrauen zu kommunalen Institutionen sinkt

Der Vertrauensrückgang in die kommunale Ebene ist deutlich geringer als in die Bundesebene. „Das hat auch viel mit dem Vertrauen der Menschen in die Kommunalpolitik in ländlichen Regionen zu tun“, erläutert Forsa-Chef Manfred Güllner.

Forsa ermittelt seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten, wie groß das Vertrauen ist, das die Bundesbürger 35 politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und weltanschaulichen Institutionen entgegenbringen.  Im aktuellen Institutionen-Vertrauens-Ranking zur Jahreswende 2022/23 ist das Vertrauen zu einer Reihe von Institutionen im Vergleich zum vorjährigen Ranking geringer geworden.

Besonders drastisch ist der Vertrauensschwund zu den politischen Institutionen auf Bundesebene. So ist das Vertrauen zum Bundeskanzler innerhalb eines Jahres von 57 Prozent auf 33 Prozent, das zur Bundesregierung von 56 auf 34 Prozent zurückgegangen.

Etwa moderater fiel der Vertrauensrückgang zum Bundestag mit einem Minus von 13 Prozentpunkten aus. Dieser große Vertrauensschwund ist ungewöhnlich, weil in vergangenen Krisenzeiten – wie zuletzt in der ersten Phase der Corona-Krise – das Vertrauen zu politischen Institutionen nicht gesunken, sondern teilweise sogar erheblich gestiegen war.

Forsa 1

Forsa-Analyse für die Kommunalpolitik 

Das Vertrauen zu den politischen Institutionen auf kommunaler Ebene ist Anfang 2023 auch geringer geworden als noch vor einem Jahr – doch der Vertrauensrückgang ist nicht so groß wie der der politischen Institutionen auf Bundesebene. Aktuell ist das Vertrauen zu den kommunalen Institutionen somit – anders als in den Jahren zuvor – größer als das in die Institutionen auf Bundesebene.

Zum Bürgermeister oder Oberbürgermeister in ihrer Gemeinde bezeihungsweise Stadt haben Anfang 2023 laut Umfrage 44 Prozent Vertrauen. Das ist ein Rückgang von 11 Prozentpunkten. Zur politischen Vertretung vor Ort, also etwa den Stadt-oder Gemeinderat beziehungsweise der Stadtverordnetenversammlung haben 43 Prozent großes Vertrauen, ein Rückgang von neun Prozentpunkten.

Das Vertrauen der Ostdeutschen zur Bundesregierung und zum Bundestag ist deutlich geringer als das der Westdeutschen. Anders als bei den politischen Institutionen auf Bundesebene ist das Vertrauen der Ostdeutschen zur politischen Vertretung vor Ort nicht geringer, sondern genauso hoch wie das der Westdeutschen.

Forsa 2

Forsa zeigt Unterschiede bei Anhängern der Parteien auf 

Das Vertrauen zu den politischen Institutionen auf Bundesebene unterscheidet sich stark zwischen den Anhängern der einzelnen Parteien. So haben zum Bundeskanzler noch nicht einmal die Anhänger aller drei Koalitionspartner des „Ampel“-Bündnisses ein ähnlich großes Vertrauen: Während 83 Prozent der SPD-Anhänger zum Kanzler großes Vertrauen haben, haben das von den Anhängern der im Bund mitregierenden FDP nur 33 Prozent. Noch geringer als das Vertrauen der Anhänger der Regierungspartei FDP zu den politischen Institutionen auf Bundesebene ist das der Anhänger der in der Opposition befindlichen CDU und CSU. Von den Anhängern der AfD haben nur zwei beziehungsweise drei Prozent zu den Organen der Legislative wie der Exekutive auf Bundesebene Vertrauen.

Kommunal ist das Vertrauen weniger gespalten 

Derartig große Differenzen zwischen den Anhängern der einzelnen Parteien zeigen sich im Vertrauen zu den politischen Institutionen auf kommunaler Ebene nicht – selbst von den AfD-Anhängern vertrauen rund zehnmal mehr dem Bürgermeister in ihrer Stadt oder Gemeinde, der Gemeindevertretung und der Verwaltung vor Ort als dem Kanzler, der Bundesregierung oder dem Bundestag. Die Anhänger der CSU haben überdurchschnittlich großes Vertrauen zum Bürgermeister und zur Verwaltung ihrer Gemeinde und durchweg größeres Vertrauen zu den lokalen politischen Institutionen als die Anhänger der CDU.

Deutliche Unterschiede zeigen sich im Grad des Vertrauens zu den lokalen politischen Institutionen zwischen den Bewohnern im ländlichen Raum und denen in den städtischen Metropolen. So haben zum Bürgermeister ihrer Gemeinde in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern 52 Prozent Vertrauen, in den 15 größten Städten der Republik (mit mehr als 500.000 Einwohnern) aber nur 39 Prozent. Das Vertrauen zur Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung unterscheidet sich zwischen den kleinen Gemeinden und den Städten bis 500.000 Einwohnern nicht – hier sind die Bewohner mit der Qualität der Verwaltung weitgehend ähnlich zufrieden beziehungsweise unzufrieden. Deutlich unzufriedener aber sind mit der Verwaltung vor Ort die Bewohner in den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern.

Forsa 3

Auf dem Land ist das Vertrauen deutlich größer, zeigt die Forsa Analyse

Die Bewohner in den beiden bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Bayern unterscheiden sich deutlich im Grad des Vertrauens zu den kommunalen Institutionen. In Bayern mit noch rund 2.000 Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern mit einer Vielzahl von CSU-Bürgermeistern ist das Vertrauen zu den Institutionen vor Ort größer als in Nordrhein-Westfalen, wo durch die radikale Gebietsreform in den 1970er Jahren lokale Identitäten zerstört wurden.

Die im Vergleich zu anderen Regionen durchschnittlich geringeren Vertrauenswerte in den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern dürften stark von den extremen Unzufriedenheiten der Bürger der deutschen Hauptstadt mit ihrer Stadtregierung und der Tag für Tag als unfähig erlebten Verwaltung beeinflusst worden sein; denn zumindest in Hamburg haben die Bürger zu den lokalen politischen Institutionen ein vielfach größeres Vertrauen als in Berlin.