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  3. Gerichtsurteil: Streit ums Altpapier ist final entschieden
Der Rechtsstreit um das Altpapier ging durch alle Instanzen - mit unterschiedlichen Urteilen - jetzt steht fest: Viele Kommunen müssen sich was einfallen lassen, wollen sie nicht ihre Müllgebühren anheben müssen...
Der Rechtsstreit um das Altpapier ging durch alle Instanzen - mit unterschiedlichen Urteilen - jetzt steht fest: Viele Kommunen müssen sich was einfallen lassen, wollen sie nicht ihre Müllgebühren anheben müssen...
© 123rf

Gerichtsurteil: Streit ums Altpapier ist final entschieden

von Christian Erhardt-Maciejewski
Chefredakteur | KOMMUNAL
29. November 2019
Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen hatte bis zuletzt gehofft. Nach dem Sieg vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hat nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig final entschieden - zu Ungunsten des Landkreises. Ein Urteil, das durch alle Instanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit ging und seine Auswirkungen!

Mit Altpapier lässt sich weiter gutes Geld verdienen. Anders als etwa mit Bio-Müll oder Restmüll. Aktuell wird für eine Tonne Altpapier auf dem Markt eine Summe von rund 100 Euro gezahlt. Das ist zwar deutlich weniger als noch vor einigen Jahren, aber bei entsprechenden Mengen immer noch ein hübsches Sümmchen. Und es hilft vielen Kommunen, Ihre Müllgebühren halbwegs stabil zu halten. Denn die Einnahmen aus dem Altpapier wirken sich positiv auf die Bilanzen der Entsorgungsunternehmen aus, Altpapier sorgt nicht selten dafür, dass Müllgebühren niedrig bleiben oder zumindest nicht angehoben werden müssen. Deshalb wird die Papiertonne mit dem Altpapier auch praktisch überall kostenfrei abgeholt. 

Das wissen auch private Unternehmen. Und so buhlen auch sie darum, dass ihnen Haushalte und Unternehmen das Altpapier überlassen. Seit 11 Jahren tobt daher zwischen der Schrobenhausener Entsorgungsfirma Gigler und dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ein Rechtsstreit um das Einsammeln von Papier. Das Beispiel ist längst zum deutschlandweiten Präzedenzfall auch für andere Landkreise geworden. Konkret wollte der Landkreis der privaten Firma untersagen, das Altpapier einzusammeln. Die Firma stellte jedem der wollte eine Papiertonne vor die Haustür und holte diese regelmässig ab. 

Warum der Landkreis auf das Altpapier pochte 

Der Landkreis argumentierte, die private Entsorgungsfirma betreibe "Rosinenpickerei". Während die private Firma nur solange das Altpapier abhole, wie es sich wirtschaftlich rechne, sei der Landkreis in der Pflicht einzuspringen. "Wenn die Papierpreise in den Keller gehen, lassen die Privaten die Tonnen stehen. Und dann sind wir am Zug", so Benno Bauer, Werkreferent des Kreistages. Daher interpretierte der Landkreis das Abfallwirtschaftsgesetz wie folgt: Die Bürger seien verpflichtet, ihren Müll den öffentlich-rechtlichen Trägern zu überlassen statt der privaten Konkurrenz. 

Die Summe an Papier, die das private Unternehmen einsammelt ist übrigens beträchtlich. Fast 19.000 Blaue Tonne hat das Unternehmen verteilt. Der Landkreis schätzt die Altpapiermenge in seinem Gebiet auf jährlich 30.000 Tonnen im Jahr. Auf den kreiseigenen Wertstoffhöfen landeten aber nur rund 1400 Tonnen. 

So lief der Rechtsstreit durch alle Instanzen - mit DIESEM Ergebnis

Schon in der ersten Verhandlungsrunde, damals vor dem Verwaltungsgericht in München bekam zunächst der private Entsorger Recht. Auf die Berufung folgten weitere Bescheide der Behörde und Klagen der Firma, bis sich die Parteien im Jahr 2015 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in Ansbach trafen. Hier verlor das Unternehmen, legte aber Revision bei der höchsten Instanz ein.

Am 28. November hatten die Richter in Leipzig daher zu entscheiden. Das Urteil: Eindeutig! Die Untersagung gewerblicher Altpapiersammlungen ist rechtswidrig. Wörtlich heißt es in der Presseaussendung des Gerichts Nummer 91 aus 2019: "Die Abfallbehörde darf eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung nicht mit dem Ziel untersagen, dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Vergabe dieser Entsorgungsleistungen zu ermöglichen."

Und weiter: Auf die Revisionen der Klägerinnen hat das Bundesverwaltungsgericht die Urteile geändert und die Untersagungsbescheide aufgehoben. Anders als bei neu hinzutretenden gewerblichen Sammlungen hat sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auf Bestandssammlungen eingestellt, so dass seine Funktionsfähigkeit nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Die Vergabe von Entsorgungsleistungen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wird in dieser Situation nicht erheblich erschwert oder unterlaufen. Die Abfallbehörde ist nicht berechtigt, dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu ermöglichen, die von privaten Unternehmen gesammelten Altpapiermengen allein mit Blick auf eine Vergabe an sich zu ziehen."

Ein besonders wichtiger Satz kommt dann ganz zum Schluss: 

"Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sieht nicht vor, den Wettbewerb im Markt durch einen Wettbewerb um einen Markt im Sinne eines „Systemwechsels“ zu ersetzen."

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Was das Altpapier-Urteil bedeuten könnte...

Der Landkreis hatte bereits im Vorfeld Überlegungen angestellt, wie er mit einem möglichen Urteil zu Gunsten des Privatanbieters umgehen wird. "Wir werden es akzeptieren, wenn wir verlieren. Ein Holsystem soll es bleiben", so ein Sprecher. Soll heißen: Der Landkreis wird weiter versuchen, so viel Altpapier wie möglich selbst einzusammeln. Und auch andere Kommunen und Landkreise müssen nun damit rechnen, dass sich vermehrt Private Anbieter für das Altpapier der Bürger und Unternehmen interessieren werden. Sind diese vor Ort erfolgreich, wird die Mischkalkulation einiger Landkreise so nicht mehr funktionieren und es drohen Gebührenerhöhungen, weil Einnahmen aus dem Altpapier fehlen. 

Hätte die Stadt den Prozess gewonnen, hätte es übrigens zu einem Paradoxem kommen können. Dann hätte der Landkreis möglicherweise die Entsorgung öffentlich ausgeschrieben. Wahrscheinlich hätte sich dann auch der Private Mitbewerber Gigl beworben und hätte möglicherweise den Zuschlag bekommen können. So darf nun die Firma ohne jede Ausschreibung weiter sammeln. 

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