Bürgermeister Mario Gerhold aus Körle vor dem Bürgerbus
Bürgermeister Mario Gerhold aus Körle lädt ins rollende Bürgerbüro.
© Benjamin Lassiwe

Porträt

Auf Rundfahrt mit dem Bürgermeister

Mario Gerhold aus Körle ist bald länger im Amt als jeder Kollege im Schwalm-EderKreis in Hessen. Er ist Mitglied in über 20 Vereinen und schon einen Großteil seines Lebens im Rathaus aktiv. Unser Bürgermeisterporträt des Monats!

Mehrmals im Jahr wird Mario Gerhold zum Stadtführer. Oder besser gesagt: zum Dorfführer. Mit dem gemeindeeigenen Bürgerbus bietet der Bürgermeister von Körle bei Kassel dann Dorfrundfahrten für die eigenen Einwohner an. „Wir treffen uns um 14 Uhr am Rathaus und fahren dann für zwei Stunden durch den Ort“, sagt Gerhold. Den Fahrgästen zeigt der Bürgermeister dann Projekte, die für die Gemeinde wichtig sind: die Baustelle an der Schule, das neue Gewerbegebiet, oder das Haus, wo künftig eine Tagespflege für Senioren einziehen soll. „Oft sind es ältere Menschen, die mitfahren. Menschen, die in manchen Ortsteilen oder Straßen schon lange nicht mehr waren, weil sie selbst nicht mehr so mobil sind“, sagt Gerhold. Doch auch Menschen, die neu nach Körle gezogen sind, oder sich einfach nur für Kommunalpolitik interessieren, fahren im Bürgerbus mit. „Das ist dann so ein bisschen wie eine rollende Sprechstunde.“

Rollende Sprechstunde mit dem Bürgermeister

Manchmal fährt der 53-Jährige dann mit dem Bus auch auf die andere Seite der Fulda. Dort ist ein Aussichtspunkt, von dem aus man über ganz Körle gucken kann. „Die Menschen staunen, wie Körle in den letzten Jahren gewachsen ist“, sagt Gerhold. Für den Bürgermeister ist das Wachstum ein wichtiger Erfolgsfaktor seiner Gemeinde: Seit er vor 23 Jahren ins Amt kam, hat er sich dafür eingesetzt, immer neue Baugebiete auszuweisen. Denn dadurch kommen junge Familien nach Körle: „Es entsteht Kaufkraft, die Gemeinde hat höhere Steuereinnahmen und es gibt Nachwuchs für den Kindergarten, die Schule und die Vereine“, sagt Gerhold. „Körle hat ein gutes Image, die Leute kommen gern her. Auch für Gewerbetreibende und die Gastronomie ist das von Vorteil  und das sorgt schließlich für gute Bedingungen für alle."

Zwei Hausärzte in Körle

Tatsächlich hat die 3.000-Einwohner-Gemeinde Körle vieles, von dem andere Orte gleicher Größe nur zu träumen wagen: Im Dorf gibt es zwei Bäckereien, einen Metzger, einen Lebensmittelmarkt, eine gemeinsame Filiale von zwei Banken, eine Poststelle und eine ganze Reihe regelmäßig geöffneter Gaststätten. Doch bei manchem musste auch die Gemeinde nachhelfen. Als in der Ortsmitte ein neuer Kindergarten gebaut wurde, errichtete die Gemeinde gleich noch Praxisräume für eine Arztpraxis. „Jetzt ist dort eine moderne Gemeinschaftspraxis zweier Hausärzte – damit haben wir eine gewisse Garantie dafür, dass es auch in einigen Jahren noch eine Praxis in Körle geben wird“, so der Vater zweier Töchter. Das sei auch eine wichtige Voraussetzung, damit die Apotheke erhalten bleibt.

Nahwärmenetz auf Biomassbasis

Gerhold ist es dabei wichtig, dass in Körle Entscheidungen schnell fallen und statt langen Debatten lieber die Ärmel hochgekrempelt werden. Und dabei schreckt die Gemeinde auch vor Innovationen nicht zurück. Bereits seit 1999 gibt es in Körle beispielsweise ein Nahwärmenetz auf Biomassebasis. „Als der Ölpreis zwischendurch unter 50 Cent fiel, hat das für Vorwürfe gesorgt, wir seien zu teuer“, erinnert sich Gerhold. Heute, nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und den daraus resultierenden gestiegenen Energiepreisen, sei das anders. „Heute kommen viele Hauseigntümer, die noch mit Gas heizen oder eine Ölheizung haben, auf die Gemeinde zu und fragen, ob ein Anschluss ans Wärmenetz möglich ist“, sagt Gerhold. Doch das geht momentan nicht mehr: Mit der bestehenden Technik könnten zwar rund 150 Häuser in Körle versorgt werden, aber eben auch nicht mehr. „Mit Unterstützung des Landes Hessen sind wir als kleinere Kommune eine der ersten, die sich systematisch mit der Frage befasst, wie die 1.500 Gebäude künftig beheizt werden können." 

Bürgermeister kommt aus Körle

In seinem Amt kommt Gerhold zu gute, dass er selbst aus Körle stammt und auch seine Verwaltungsausbildung im Rathaus der Gemeinde absolviert hat. Sitzt er abends mit dem KOMMUNAL-Reporter in der Pizzeria, grüßt ihn fast jeder, der das Lokal betritt. „Ich habe die Gemeindekasse gemacht, war im Ordnungsamt und in der Bauverwaltung tätig“, sagt Gerhold. Und als sein Vorgänger nach rund 30 Jahren 1999 in den Ruhestand ging, fragten ihn die örtlichen Sozialdemokraten, ob er als Bürgermeister antreten wolle. In Kürze wird er der dienstälteste Bürgermeister im Schwalm-EderKreis sein.  Und im letzten Herbst wurde er in das Präsidium des hessischen Städte- und Gemeindebundes gewählt. Woran das liegt? Gerhold ist vor Ort verankert. In rund 20 Vereinen ist der Bürgermeister Mitglied, vom Deutschen Roten Kreuz über Sport- und Karnevalsvereine bis zu einem Förderverein, der das örtliche Gasthaus erwarb, um es an einen neuen Betreiber zu verpachten und auf diese Weise zu erhalten.



„Ortskenntnis ist jedenfalls für einen Bürgermeister  eine ganz wichtige Voraussetzung für gute Entscheidungen“, sagt Gerhold. „Man muss wissen, wovon man spricht – und was eine ebenfalls nicht zu unterschätzende Fähigkeit ist: Man muss andere Leute auch mal ausreden lassen, ihnen zuhören und deren Meinung aufnehmen.“ Das sei oft besser, als zu versuchen, allen Menschen die Welt neu zu erklären. „Mich interessiert natürlich, wie unsere Einwohner diese Angelegenheiten sehen. „Diese Rückmeldungen sind mir viel wert. Zum Beispiel auch aus all dem, was der Bürgermeister hört, wenn er  mit den Menschen aus seinem Ort eine Rundfahrt mit dem Bürgerbus macht – und lernt, wie auch die alteingesessenen Körler auf die Projekte der Gemeinde reagieren.

Körle ist eine Gemeinde im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis. Die gut 3.000 Einwohner leben verteilt auf vier Ortsteile.