Philipp Thoma, Bürgermeister von Fischbachtal

Bürgermeisterportrait

Dieser Bürgermeister will mehr Aufmerksamkeit für kleinere Städte

Philipp Thoma ist der Bürgermeister von Fischbachtal im Odenwald – und setzt sich dafür ein, dass das Augenmerk nicht nur auf die Großstadt gerichtet ist. Immer mehr junge Menschen zieht es in seine Kommune – die Infrastruktur muss mitwachsen.

Malerisch liegt die Gemeinde Fischbachtal im Odenwald. Schon von weitem ist das Renaissanceschloss Lichtenberg zu sehen, das hoch über dem Tal auf einer Anhöhe thront. Heute ist es ein beliebter Ort für Hochzeiten und der kulturelle Mittelpunkt der rund 2.730 Einwohner zählenden Gemeinde, berichtet Philipp Thoma. Seit 2017 ist der Sozialdemokrat Bürgermeister von Fischbachtal. Zuvor war er Lehrer an einer Berufsschule in Bensheim, einige Kilometer von Fischbachtal entfernt. Dann fragte eine ehemalige Auszubildende, die in der Gemeindeverwaltung Fischbachtal arbeitete, ob er sich das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde Fischbachtal vorstellen könnte. Und Thoma kandidierte.

Der Bürgerbus zählte zu den ersten Projekten des Bürgermeisters

Während die Augen weit über die Gemeinde Fischbachtal und ihre Ortsteile schweifen, berichtet Thoma auf einer Bank im Hof des Schlosses von einem seiner ersten Projekte. Denn aus Pandemie-Gründen werden derzeit keine Besucher im Rathaus empfangen, auch das Interview für „Kommunal“ fand deswegen unter freiem Himmel statt.

Es war ein Bürgerbus, für den sich der Sozialdemokrat besonders engagierte: Denn auch Menschen mit Gehbehinderungen oder Mobilitätseinschränkungen sollten natürlich auch zum Einkaufen oder zum Facharzttermin kommen können.

2019 konnte die Gemeinde mit Mitteln des Landes Hessen ein geeignetes Fahrzeug beschaffen. „Seitdem können wir, sehr erfolgreich und mit einer tollen Truppe an Ehrenamtlichen, diesen Service anbieten“, sagt Thoma. Wer den Bus braucht, ruft bei einer ehrenamtlich tätigen Bürgerin an und meldet seinen Fahrtwunsch an. Diese schreibt das dann in eine Whats-App-Gruppe, und die potenziellen Fahrer melden sich.

Wobei die Gemeinde den Bürgerbus auch als Stärkung für die lokale Wirtschaft versteht: Wer sich damit zum Einkaufen fahren lassen will, wird grundsätzlich zu Läden im eigenen Ort gebracht. Für Termine bei Fachärzten sind dagegen auch weitere Strecken möglich. „Insgesamt gibt der Bürgerbus den Menschen deutlich mehr Lebensqualität“, sagt Thoma.

Kleinere Städte haben dieselben Anforderungen wie größere

Doch während sich der Bürgerbus recht schnell etablieren ließ, laufen andere Dinge nicht ganz so geräuschlos. „Ich stelle mir schon manchmal die Frage, ob den Entscheidern in Hessen und darüber hinaus bewusst ist, dass es noch kleinere Städte als Darmstadt gibt“, sagt Thoma. Kleine kreisangehörige Gemeinden hätten dieselben Anforderungen zu erfüllen, wie eine kreisangehörige Stadt mit mehreren zehntausend Einwohnern. „Und Sie können auch feststellen, dass die Anforderungen rechts und links immer höher werden.“

Ein Beispiel: Die Kinderbetreuung. Nach Fischbachtal sind in den letzten Jahren immer mehr junge Familien zugezogen. Das freut die Gemeinde – um den Kindergarten und den Grundschulstandort muss man sich keine Sorgen mehr machen, im Gegenteil: Die Kita ist zu 100 Prozent belegt. Ein Problem allerdings stellt die große Nachfrage für den kommunalen Haushalt dar. „Im Kindergarten haben wir einen Zuschussbedarf von knapp über 700.000 Euro bei einem Haushaltsvolumen der Gemeinde von etwa fünfeineinhalb Millionen Euro“, sagt Thoma.

Jeder fünfte Euro, den die Gemeinde – unter Abzug der Ausgaben für die Kreis- und Schulumlage für den Landkreis - ausgebe, gehe in die Kinderbetreuung. Das sei für eine Gemeinde ohne nennenswerte Steuerkraft eine große Herausforderung. „Uns wäre sehr geholfen, wenn die Zuschüsse des Landes Hessen zur Kinderbetreuung deutlich ausgebaut werden würden“, betont Thoma. „Das würde uns aus einem strukturellen Fehlbedarf befreien.“

Der Bürgermeister arbeitet an vielen Projekten gleichzeitig

Solche Finanzprobleme gehören auch zu den Dingen, deren Ausmaße den Bürgermeister überraschten, als er vor drei Jahren neu ins Amt kam. „Man muss sich daran gewöhnen, dass man im Amt Kompromisse machen muss und nicht all das erreichen kann, was man gerne möchte“, sagt Thoma. „Meine Zielsetzung ist es schon, dass jede Familie, die einen Betreuungsplatz braucht, den dann auch bekommt – aber das kollidiert dann eben manchmal mit den Realitäten.“

Gleichzeitig habe man als Bürgermeister gerade einer kleinen Gemeinde aber auch den Vorteil, vieles selbst machen zu können. „Ich sitze manchmal an vielen Projekten gleichzeitig“, erzählt Thoma. „Das ist eine große Herausforderung.“

Aber weil der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde so manches Mal eben auch selbst der zuständige Sachbearbeiter ist, habe er ganz andere Einblicke als jemand an der Spitze einer größeren Verwaltung. „Ein guter Bürgermeister muss deswegen auch fachliche Stärke mitbringen – oder sich erarbeiten“, sagt Thoma. „Vor allem aber muss man in diesem Amt die Menschen mögen – denn ohne engagierte Bürger geht es nicht.“