Bürgermeister Bernd Dikau
Bürgermeister Bernd Dikau vor dem Wegweiser zu den Partnerstädten von Lohmen.
© Benjamin Lassiwe

Porträt

Der Dauer-Bürger­meister von Lohmen

Seit 35 Jahren im Amt – und noch immer voller Tatendrang: Bernd Dikau, der Netzwerker mit DDR-Erfahrung und globalem Blick - und einem Herz, das sogar bis nach Afrika reicht.

Es war noch in der DDR, als Bernd Dikau das erste Mal zum Bürgermeister im mecklenburgischen Lohmen gewählt wurde: Am 1. August 1989 kam er ins Amt. „Mit 34 Jahren wurde ich der jüngste Bürgermeister des Kreises Güstrow”, erinnert sich Dikau. Heute ist er der dienstälteste Bürgermeister Mecklenburg-Vorpommerns: Seit mehr als 35 Jahren wurde er bei jeder Wahl gewählt. Zu DDR-Zeiten war es die Gesellschaft für Sport und Technik, die ihn auf der Einheitsliste der “Nationalen Front” platziert hat. “Man wollte dann damals natürlich, dass ich in die SED eintrete”, sagt Dikau. Doch der Lohmener Bürgermeister wollte das nicht, konnte es herauszögern – und dann kam die Wende. „Bis heute bin ich parteilos”, erzählt Dikau. 

Bürgermeister Dikau erzählt aus der Zeit der DDR

So manches hat sich Dikau über all die Jahre bewahrt. Zum Beispiel sein Organisationstalent und seine Hemdsärmeligkeit. „Wir waren zu DDR-Zeiten die einzige Gemeinde im Landkreis Güstrow mit einem Campingplatz und wir hatten dadurch 250.000 DDR-Mark zusätzlich im Haushalt”, erinnert er sich.  Weil die Ferienplätze zu DDR-Zeiten knapp waren, hatte Lohmen damit einen klaren Vorteil. „Firmen haben ihre Standgebühren in Form von Arbeitsleistungen beglichen“, berichtet Dikau : Wenn in den gemeindlichen Wohnungen Öfen kaputt waren, bekam ein Ofensetzer hier für zwei Jahre einen Standplatz auf dem Campingplatz und arbeitete dafür.  Das Autobahnbau-Kombinat Berlin erhielt ebenfalls Standplätze auf dem Campingplatz und die Arbeiter legten dafür eine Betonstraße an. Für Dikau waren solche Geschäfte prägend. „Die Erfahrungen, die wir damals gesammelt haben, haben uns nach der Wende gutgetan.” 

 Lohmen nach dem Mauerfall: Tierpfleger werden zu Altenpflegern

Bis heute setzt der Bürgermeister auf Netzwerke. Auf persönliche Kontakte. Auf Austausch. Schon 1990 schloss Lohmen eine Partnerschaft mit Sehestedt in Schleswig-Holstein. Beim ersten Besuch besichtigte man ein kommunales Altenheim. Und Dikau wurde klar: „Das brauchen wir auch.” 1991 konnte das Alten- und Pflegeheim in seinem Ort mit 50 Plätzen eröffnet werden. Das brachte neue Arbeitsplätze, während viele nach der politischen Wende wegfielen. „Die Tierpfleger aus der LPG haben wir zu Altenpflegern umgeschult”, so Dickau. Während anderswo Massenarbeitslosigkeit entstand, gab es in Lohmen, so erzählt er, kaum Arbeitslose. Ein großer Erfolg für die Kommune war die Ansiedlung eines Unternehmens, das erneuerbare Energien plant: Lohmen steht dank der Gewerbesteuereinnahmen heute finanziell ganz gut da.  „Wir haben keine Probleme mit den Eigenanteilen, wenn wir uns um Fördermittel bewerben.“

Internationale Partnerschaften - spannende Projekte

Stolz ist Dikau auf die vielen internationalen Partnerschaften seines Ortes. Zum Beispiel mit einer ländlichen Region in Vietnam. Von dort werden Auszubildende nach Lohmen kommen. Oder die Partnerschaft mit einem Dorf im Hochland von Gabun. „Das macht uns weltoffen”, sagt er. „Entscheidend ist immer auch, dass man sich fragt: Bringt uns so eine Partnerschaft auch hier weiter?”  Wie kommt ein kleines Dorf in der Nähe von Güstrow zu einer Partnergemeinde in Gabun?  „Der außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter, Seine Exzellenz Sylvestre Ratanga, stattete Mecklenburg-Vorpommern einen Besuch ab”, erzählt der Bürgermeister. „Dabei verstanden wir uns beide so gut, dass wir Freunde wurden – und sich der Botschafter nach seiner aktiven Tätigkeit in Lohmen niederließ.”  Das hatte Konsequenzen. So lud Ratanga den Bürgermeister zu einem Treffen aller afrikanischen Botschafter ein - und schwärmte von seinem Freund. Mit dem Ergebnis, dass die Botschafter unbedingt Mecklenburg-Vorpommern kennen lernen wollten. „Da habe ich einen Bus bestellt, und es kamen 30 bis 40 afrikanische Botschafter  zu uns nach Lohmen”, sagt Dikau. Die Diplomaten schauten sich die örtliche Rehaklinik an, liefen durch ein Maislabyrinth – und waren begeistert. 



Das afrikanische Partnerdorf wurde Moabi. Es liegt in der Nähe von Lambarene, dem alten Wohnort des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer. Man begann mit Kinderpatenschaften: 74 Familien aus Lohmen bekamen Patenkinder in Afrika und spendeten jahrelang für Schulmaterialien. Die Gesundheitsstation in Moabi erhielt Betten und Blutdruckmessgeräte aus dem Lohmener Pflegeheim. Für das Bergdorf in Afrika war das ein Quantensprung.  „Wir haben da ganz praktisch das Leben der Menschen verbessert”, sagt Dikau. Andere Projekte dagegen scheiterten: Das Palmöl aus dem Partnerdorf, das der Bürgermeister an Schokoladenproduzenten in Europa verkaufen wollte, durfte plötzlich nicht mehr dafür verwendet werden. Und eine Firma aus Mecklenburg, die eine spezielle Holzkohle aus Gabun verarbeiten wollte, ging insolvent, bevor das Projekt ins Laufen kam. 

Lohmen nutzt Fördermittel für Aufschwung

Der Lohmener Bürgermeister will nicht lange reden, sondern anpacken. Wenn man durch seinen Ort geht, sieht man sanierte Straßen – und einen ehemaligen Pfarrhof, in dem die Gemeinde heute eine Veranstaltungsscheune als Dorfmittelpunkt hat, es gibt zwei Arztpraxen und einen Friseursalon. Wenn es irgendwo Fördermittel gab, hat Dikau sie beantragt. „In den vergangenen Jahren haben wir knapp sieben Millionen Euro bekommen”, berichtet er. Das neueste Projekt: Ein Kindergesundheitswald an der örtlichen Kita. Der Gemeinde gelang es, durch den Tausch die Waldstücke hinter ihrer Kita und dem Altenheim zu erwerben. „Bislang gibt es Kurwälder und Heilwälder”, sagt Dikau. „Im Kindergesundheitswald sollen die Kinder das gesunde Waldklima erleben können, selber Bäume pflanzen und gleichzeitig Projekte zur Umweltbildung oder zum Kennenlernen der Natur absolvieren können.“

Um erfolgreich zu sein, muss man manchmal auch ungewöhnliche Wege gehen.“

Bernd Dikau, Bürgermeister von Lohmen

Damit die Kindertagesstätte attraktiv bleibt, wollte der Bürgermeister mit ihr etwas Einzigartiges machen. Von den gut 320 Menschen, die zum Arbeiten nach Lohmen einpendeln, melden viele ihre Kinder in der Kita an. Als Nächstes will der Bürgermeister einen SB-Laden in Lohmen einrichten. Denn einen Nahversorger gibt es hier nicht mehr.  „Ich bedauere manchmal die jungen Angestellten in den Amtsstuben, die von der Verwaltungsfachhochschule kommen und immer alles ganz genau machen wollen.” Um erfolgreich zu sein, müsse man manchmal auch ungewöhnliche Wege gehen.  „Bei uns in Lohmen sagen die Leute: Bernd war wieder Baden”, erzählt Dikau. Was ein Synonym dafür ist, dass der Bürgermeister schon wieder irgendeine Idee umsetzen will – die dann am Ende oft zu einem kleinen Erfolg für das Dorf im Landkreis Rostock wird.