© Esri Deutschland

Wie das Gesundheitsamt im (kommunalen) Abwasser Corona Ausbrüche frühzeitig erkennen kann

23. Dezember 2021
ANZEIGE

Im November 2021 traf die vierte Corona-Welle den Landkreis Berchtesgadener Land mit voller Wucht. Mit 7-Tages-Inzidenzen von über 1.000, sehr hoher Belegung der Intensivbetten mit Covid-Patienten in den regionalen Krankenhäusern und einer zunehmenden Anzahl von Infizierten und schwer Erkrankten - insbesondere in der Altersgruppe von 15-59 Jahren stand der Landkreis vor großen Herausforderungen. 

Allerdings traf auf der anderen Seite diese Welle den Landkreis auch nicht unvorbereitet.  

Die Zeit seit der ersten Welle wurde intensiv genutzt, um die Qualität von infektionsrelevanten Daten zu verbessern und die durchgängige Digitalisierung voranzutreiben. Durchgängigkeit meint hier einen vollständig digitalen und automatisierten Datenfluss z.B. von einem einzelnen Indexfall hin zu verschiedenen Dashboards mit integrierten Karten, Diagrammen und prägnanten Summenzahlen, die die Lage stundengenau und aggregiert präsentieren.

BGI Dashboard
Dashboard: Fallzahlen

Es geht einerseits um das Infektionsgeschehen, also die sogenannten Fallzahlen, aber auch um das Impfen und Testen von Bewohnern und Einrichtungen in schützenwerten Einrichtungen bis hin zur Tagesauslastung von Teststationen, um einen effizienten Einsatz von Ressourcen vorzunehmen. 

Test Dashboard
Dashboard: Tests in Einrichtungen und Testzentren

In den Dashboards wird nicht nur auf LK-Ebene aggregiert, sondern auch bis auf Gemeinde- bzw. Ortsteilebene. Deshalb wurde eine Schnittstelle zum Meldesystem ISGA geschaffen, um jeden einzelnen Indexfall ortsgenau extrahieren und anschließend nach beliebigen Gebieten aggregieren zu können. Für Impf- und Testdaten wurde die Erfassung von Excel auf Erfassungskomponenten umgestellt, die direkt die Dashboards bedienen, so dass jederzeit eine Echtzeitübersicht sowohl auf der Karte als auch in weiteren Darstellungsformen möglich ist.  

Allerdings sind es insbesondere zum Infektionsgeschehen immer noch Vergangenheitswerte, die die Übertragung des Virus von vor einigen Tagen widerspiegeln, obwohl man dadurch bereits ein bis zwei Tage „vor den Zahlen“ des RKI ist. 

Es wurde eine Lösung gesucht, wie man noch früher Informationen zum Infektionsgeschehen und Hotspotgebieten erhalten kann. Deshalb hat sich der LK an einem Forschungsprojekt der TU München mit Herrn Prof. Drewes an der Spitze zum Abwassermonitoring von Corona-Viren beteiligt. Aktuell werden an zwölf Messtellen im Abwassernetz zwei bis dreimal wöchentlich Proben genommen, in denen man den Grad der Infektionen bei den Nutzern der Abwasserentsorgung anhand von sogenannten Genkopien ermitteln kann. Dieses Verfahren wird seitens der EU als Überwachungsinstrument für virale Erkrankungen empfohlen und soll möglichst in die Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten einfließen. 

Abwassermonitoring BGI 4
Messwert-Erfassung via ArcGIS Survey123

Allerdings war dieser Prozess bisher nicht digitalisiert. Das ist nun anders. Der Probenehmer (i.d.R. ein Klärwärter) trägt alle signifikanten Parameter wie Datum, Uhrzeit, Probennummer, Wetterbedingungen über eine App in ein Formular ein, unabhängig davon, ob das Eingabegerät zu diesem Zeitpunkt online ist oder nicht. Spätestens bei der nächsten Verbindung zum Internet werden die Daten mit der Cloudlösung ArcGIS Online von Esri synchronisiert. Damit kennt auch schon das Labor die neuen Proben und kann die Messdaten nach Untersuchung der zugesandten Probe ebenfalls online eintragen. Diese sind in Echtzeit bei der Qualitätssicherung der TU München. Nach einem Check der Daten werden sie freigegeben und erscheinen umgehend auf einem Dashboard zum Abwassermonitoring.

Abwassermonitoring BGI 5
Dashboard: Abwassermonitoring

Durch die Nutzung dieser Methode "haben wir eine Vorlaufzeit von sieben bis zehn Tagen vor den offiziellen Fallzahlen", sagt Prof. Drewes. Wer sich infiziert, muss dies erst durch Symptome erkennen, wenn nicht umfassend prophylaktisch getestet wird. Oft fehlen die Symptome bzw. kommen zeitverzögert. Bis der Test erfolge, die Proben analysiert werden, die Meldung ans Gesundheitsamt und schließlich ans RKI erfolgen, vergehe (zu viel) wichtige Zeit.

Durch das Abwassermonitoring ist man zwar immer noch nicht „vor der Infektion“, aber wenn sie eingetreten ist, kann sie wesentlich früher erkannt und vor allem bei Bedarf kleinräumlich untersucht werden. Damit sind gezielte und wirksame lokale Maßnahmen früher als bisher möglich, die den LK in die Lage versetzen optimal der vierten und weiteren Corona-Wellen entgegenzutreten.

Ingo Michels

Senior Account Executive

Esri Deutschland

Telefon: +49 89 207 005 1200

info@berlin.esri.de

Fotocredits: Esri Deutschland

Schlagwörter