Beim Gesundheitsamt versuchen die Mitarbeiter, so viele Informationen wie möglich zu sammeln
Beim Gesundheitsamt versuchen die Mitarbeiter, so viele Informationen wie möglich zu sammeln

Gesetz zum Bevölkerungsschutz

Coronakrise: Wie der Bund die Gesundheitsämter stärken will

Die Fragen klingen oft banal: Etwa diese Frage: Wann genau haben Sie heute den Müll rausgebracht? Und natürlich: Wen haben Sie heute getroffen? Doch was das Gesundheitsamt der Kreisverwaltung damit erreichen will, ist ein größtmöglicher Schutz der Bevölkerung - der Bund hat daher ein weiteres Gesetz zum Bevölkerungsschutz wegen der Epidemie-Lage beschlossen. Die Kommunenvertreter zeigen sich mit dem Beschluss zufrieden.

Dem Gesundheitsamt geht es darum, einen möglichst guten Einblick in den Verlauf der Epidemie zu erhalten. Darum soll es mehr Tests geben, die Meldepflichten sollen ausgeweitet werden. So steht es im neuen Gesetz zum Bevölkerungsschutz wegen der Coronakrise. Mit Blick auf das Gesundheitsamt beim jeweiligen Landkreis heißt es in dem Gesetz: "Der Öffentliche Gesundheitsdienst soll durch Maßnahmen des Bundes während der epidemischen Lage von nationaler Tragweite unterstützt werden – insbesondere, um die Digitalisierung voranzutreiben. Dafür werden 50 Millionen Euro für die 375 Gesundheitsämter in der Bundesrepublik bereitgestellt. Beim Robert Koch-Institut wird  dauerhaft eine Kontaktstelle für den Öffentlichen Gesundheitsdienst eingerichtet."

Doch, was ist von dem Gesetz zu halten? Stärkt es das Gesundheitsamt wirklich? Ein Gastbeitrag von Uwe Lübking, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund.

Gesundheitsamt soll gestärkt werden - was vom Gesetz zu erwarten ist

Mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sowie dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz vom 27. März 2020 hat der Gesetzgeber erste Maßnahmen getroffen, um zum einen das Funktionieren des Gesundheitswesens in einem die gesamte Bundesrepublik betreffenden seuchenrechtlichen Notfall sicherzustellen und zum anderen die mit dieser besonderen Situation verbundenen negativen finanziellen Folgewirkungen in der Gesundheitsversorgung abzumildern. Mit dem jetzt vorliegenden Entwurf eines zweiten Bevölkerungsschutzgesetzes soll der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) durch Maßnahmen des Bundes während der epidemischen Lage von nationaler Tragweite unterstützt werden. Hierfür sind sowohl Finanz- als auch Amtshilfen vorgesehen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt die Weiterentwicklung der bestehenden Regelungen des Infektionsschutzes, um den Anforderungen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite an das Gesundheitssystem und die Gesellschaft noch besser gerecht werden zu können. Der ÖGD auf kommunaler Ebene muss nicht nur in einem solcher epidemischen Lage personell, strukturell und finanziell gestärkt werden. Bei einer Pandemie in diesem Ausmaß wird deutlich, dass es einer gemeinsamen finanziellen Anstrengung aller Ebenen bedarf. Finanzhilfen des Bundes sollten nicht unter Berufung auf verfassungsrechtliche Bedenken abgelehnt, sondern als Unterstützungsmaßnahme auch der kommunalen Ebene anerkannt werden. 

Stärkung von Gesundheitsamt und Gesundheitsdienst ist dringend nötig...

Die vorgesehenen Maßnahmen zur digitalen Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind angesichts der Rolle, die der ÖGD während der epidemischen Lage spielen soll, unbedingt notwendig. Ein positives Signal im jetzigen Gesetzentwurf ist die Bereitschaft des Bundes, sich am Aufbau der Strukturen des ÖGD durch Unterstützungsleistungen nach Art. 104b GG mit ca. 50 Mio. Euro zu beteiligen. Die Finanzhilfen des Bundes für Investitionen zur technischen Modernisierung und für eine verbesserte digitale Ausstattung der Gesundheitsämter werden vom Deutschen Städte- und Gemeindebund ausdrücklich begrüßt. Bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite können nur Bund, Länder und Kommunen gemeinsam die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Der ÖGD hat seine Aufgabe in der Corona-Krise gut gemeistert. Die Corona-Pandemie zeigt aber auch die Notwendigkeit, den Infektionsschutz im Land so zu organisieren, dass die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen noch effektiver funktioniert und die dafür erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung stehen. Die im Gesetzentwurf angekündigten Fördermittel von 150.000 Euro pro Gesundheitsamt können nur ein erster Anschub sein, der stetig ausgebaut werden muss, um den ÖGD nachhaltig zu stärken. 

Genauso wichtig, wie die technische Modernisierung der Gesundheitsämter ist es aber, diese auch personell so auszustatten, dass sie nicht nur ihren Aufgaben während der Krise gerecht werden können, sondern auch danach dauerhaft handlungsfähig sind. Die Errichtung einer Kontaktstelle beim Robert Koch-Institut kann einen zusätzlichen Beitrag leisten, um das Vorgehen der Verantwortlichen vor Ort mit dem RKI noch besser zu verzahnen. Fünf zusätzliche Mitarbeiter pro 20 000 Einwohnern sollen die Gesundheitsämter bekommen, unter anderem für das so genannte Contact Tracing, also das schnelle Aufspüren von Kontaktpersonen. Auch dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Die vorgesehene Bemessung der nötigen Personalausstattung anhand der Einwohnerzahlen berücksichtigt allerdings nicht die individuelle Situation und Betroffenheit vor Ort, die regional unterschiedlich ist. Eine solche starre Vorgabe von Personalstandards wird den tatsächlichen Erfordernissen im Rahmen des Infektionsgeschehens nicht gerecht und führt vielerorts zu unnötigen Erschwernissen. Sachgerecht und zielführend wäre eine Personalbemessung auf der Zahlenbasis der tatsächlich aktuell infizierten Personen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach der Vereinbarung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, die Landkreise und kreisfreien Städte restriktive Maßnahmen ergreifen sollen, sobald die Zahl der Neuinfektionen auf 50 pro 100.000 Bürger innerhalb von sieben Tagen steigt. In diesen Fällen braucht es erheblicher Personalressourcen, die Kontaktpersonen zu ermitteln. Es ist daher unabdingbar, dass sich die Bundesregierung bei den Ländern dafür einsetzt, dass die Leistungsfähigkeit des ÖGD im Wesentlichen durch eine gute ärztliche Besetzung und weiteres qualifiziertes Personal gestärkt wird, um den wachsenden Aufgabenbereichen gerecht werden zu können. 

Die Notwendigkeit der Unterstützung der Gesundheitsämter ist damit aber nicht erledigt...

Der DStGB unterstützt von daher das Ziel des Gesetzes, zeitnah gesetzliche Anpassungen an aktuelle Erfordernisse in der Coronapandemie zu schaffen. Von Bund und den Ländern vorgesehene Stärkungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und der Krankenhäuser sind notwendig und richtig. Zu begrüßen ist, dass die Testungen in Bezug auf COVID-19 - auch die des öffentlichen Gesundheitsdienstes - nun symptomunabhängig von der GKV finanziert werden sollen. Hier gilt es die Regelungen so auszugestalten, dass die Gesamtaufwände der kommunalen Gesundheitsbehörden auch sachgerecht, abgebildet werden.

Die bislang vorgesehenen Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung.  Die Notwendigkeit der Unterstützung kommunaler Gesundheitsbehörden ist damit aber entsprechend ihrer aktuellen Bedarfe keinesfalls erledigt. Mittel- und langfristig bedarf es vieler weiterer Maßnahmen, die auch den Bereich der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten betreffen.  Längerfristig sollte eine Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes auf Basis der während der Coronapandemie gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse erfolgen. Die jetzt getroffenen Regelungen können eine solch umfassende Reform nicht ersetzen. Neben einer kurzfristig erforderlichen finanziellen und personellen Unterstützung der Gesundheitsämter in der aktuellen Corona-Pandemie ist eine langfristige Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes auf kommunaler Ebene notwendig, insbesondere mit qualifiziertem Fachpersonal. Zur Stärkung der Fachkräftegewinnung für den ÖGD ist es sicherlich richtig, in der Änderung der Approbationsordnung Kenntnisse zu den Tätigkeitsfeldern des ÖGD in das Ausbildungsziel und die Prüfungsinhalte aufzunehmen sowie im Rahmen der Famulatur und des Praktischen Jahres die Möglichkeit zur Sammlung praktischer Erfahrung im ÖGD anzubieten. Es bedarf aber insgesamt eines langfristiges Förderprogramms, das eine verbesserte personelle und strukturelle Ausstattung der Gesundheitsämter gewährleistet.