Förderlabyrinth
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Fördermittel

Mit Strategien raus aus dem Förderlabyrinth

Was als Unterstützung gedacht ist, wird zur Belastung: Anträge verschlingen Zeit, Vorgaben wechseln ständig, Fristen sind knapp. Doch es gibt Wege, dem zu entkommen – mit Kooperation, klarer Strategie und dem Willen, sich nicht entmutigen zu lassen. Beispiele von Wunsiedel bis Neuhausen/Spree zeigen, wie man trotz aller Hürden Millionen für wichtige Projekte holt – und was andere davon lernen können.

Es waren harte Zeiten, die nach Lösungen verlangten. 17 Bürgermeister und der damalige Landrat des strukturarmen Landkreises Fichtelgebirge/Wunsiedel mieteten einen Bus und fuhren gemeinsam nach München. Ihr Ziel: Fördermittel in die durch Umbrüche gebeutelte Heimat zu holen. „Wir kamen nicht mit leeren Händen, wir hatten eine Idee mit im Gepäck“, erzählt Peter Berek, der damals Bürgermeister der 1.000-Einwohner-Gemeinde Bad Alexandersbad war und heute Landrat ist.



Beim Treffen mit Markus Söder, zu dieser Zeit Finanzminister, herrschte eine nüchterne Atmosphäre, erinnert er sich. Aber das, was die Kommunalpolitiker in dem kargen Besprechungsraum im Ministerium vortrugen, kam von Herzen. „Unsere Haushalte sind nicht mehr genehmigungsfähig und wir können unsere Ausgaben nicht noch weiter zurückschrauben“, wandten sie sich an Söder. Schulen verfielen, die Straßen glichen Flickenteppichen, die Kassen waren leer.

Peter Berek, Landrat

Fördermittel sollten die Ausnahme sein.“

Peter Berek, Landrat des Landkreises Wunsiedel i.Fichtengebirge

Um Geld in den oberfränkischen Landkreis zu holen, schlugen Landrat und Bürgermeister dem Finanzminister ein neues Förderinstrument im kommunalen Finanzausgleich für strukturschwache Kommunen vor. „Söder sagte nicht sofort zu“, so Berek. Doch wenige Wochen später traf er die Bürgermeister erneut – diesmal in ihrem Landkreis. Bei Kaffee und Häppchen kam die Zusage: „So mach mer`s. Damit waren die sogenannten Stabilisierungshilfen erfunden. Offenbar überzeugte der Vorstoß der Kommunen. Mit der Unterstützung können seitdem finanzschwache Kommunen den Betrieb sichern und zugleich investieren, was die regionale Wirtschaft ankurbelt. Der Freistaat profitiert ebenfalls. Das damals beschlossene Förderinstrument existiert bis heute und gilt als Erfolg für konsolidierungswillige Kommunen. 

Eine Geschichte fast zu schön, um wahr zu sein. Der inzwischen wirtschaftlich erstarkte Landkreis Wunsiedel schaffte noch mehr: Gemeinsam mit anderen Kreisen, der Industrie- und Handelskammer und weiteren Partnern setzte er die „Förderoffensive Nordostbayern“ durch. Diese Initiative brachte jahrelang zusätzliche investive Mittel in die von Abwanderung und Leerstand geprägte Region.

Förderpraxis für Kommunen zu aufwendig

Doch vielerorts verzweifeln Kommunen an den komplizierten Förderregularien. Laut dem KfW-Kommunalpanel 2025 halten 91 Prozent der Befragten die Dokumentationspflichten für zu aufwendig, 80 Prozent den Personalaufwand dafür als zu hoch. Dennoch geben aber nur 21 Prozent an, externe Dienstleister wie Beratungsunternehmen in Anspruch zu nehmen. Bürgermeister und Bürgermeisterinnen haben die Rolle des Bittstellers satt. Auch Peter Berek kritisiert: „Ich bin ein absoluter Gegner von Förderprogrammen, die den Kommunen vorschreiben, was sie tun sollen und was nicht. Fördermittel sollten die Ausnahme sein. Wichtiger ist eine bessere Grundausstattung.“

Samtgemeinde Grasleben sollte Fördergeld gestrichen bekommen



Obwohl die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD den Bürokratieabbau und einfachere Förderprogramme versprochen hat, sieht die Realität derzeit noch anders aus. Dörfer wie Vendersheim in Rheinland-Pfalz setzen lieber auf ehrenamtliches Engagement, statt sich im Förderlabyrinth zu verlieren. Die Angst, Fördergelder zurückzahlen zu müssen, ist überall groß.  Das passiert nicht selten. Die Samtgemeinde Grasleben in Niedersachsen beantragte Zuschüsse für ein Minispielfeld. Doch das Land kürzte die Förderung um 25.000 Euro – ein Viertel der Summe. Der Grund: angebliche Formfehler in der Ausschreibung. Erst nachdem die Kommune juristisch dagegen vorging und die mündliche Verhandlung bereits terminiert war, lenkte das zuständige Landesamt kurz davor ein. „Es ist schön, dass David Goliath die Stirn bieten konnte“, freute sich Bürgermeister Gero Janze. Er sieht darin ein Signal an andere Kommunen: „Wehrt euch gegen die ausufernde Bürokratie. “ 

Spielfeld in Grasleben
Das Spielfeld in Grasleben wäre fast vor Gericht verhandelt worden.

Eigene Fördermittelexpertin in Neuhausen an der Spree

ln Neuhausen an der Spree, einer knapp 5.000-Einwohner-Gemeinde in Brandenburg, kümmert sich Nicole Merschink um Förderanträge. „Es lohnt sich, jemanden dafür abzustellen“, sagt die Sachbearbeiterin. „Man muss nicht nur Anträge schreiben, sondern auch die Mittel korrekt verwalten. “ Sie achtet darauf, dass alle Vorgaben eingehalten und Verwendungsnachweise korrekt eingereicht werden. „Viele Projekte laufen über Jahre, das macht man nicht nebenbei“, sagt sie. Merschink, gelernte Kauffrau für Bürokommunikation und Fachwirtin im Sozial- und Gesundheitswesen, mag ihre Aufgabe. „Ich helfe der Gemeinde, Projekte umzusetzen, die sie sonst nicht stemmen könnte und kann damit viel bewirken.“ Derzeit betreut sie sieben Projekte mit einem Fördervolumen von 20,6 Millionen Euro. Dazu gehören unter anderem ein generationsübergreifender Spielplatz, ein Pflege-vor-Ort-Programm, Radwege zwischen Ortsteilen, der Ersatzneubau einer Radwegebrücke und die Aufwertung des Verkehrslandeplatzes Cottbus/Neuhausen. 

Nicole Merschink

Die Kommunen bräuchten eine übersichtliche zentrale Förderdatenbank.“

Nicole Merschink, zuständig für die Fördermittel in Neuhausen/Spree

Doch die ständig wechselnden Förderprogramme und die strengen Vorgaben bleiben eine Herausforderung. „Wir reden von Bürokratieabbau, aber die Antragsverfahren und die Mittelverwaltung werden immer komplizierter“, sagt Merschink. "Einige Fördermittelgeber wünschen ausführliche Zwischenberichte und Zwischennachweise." Sie verbringt viel Zeit mit der Suche nach passenden Fördermitteln. „Die Datenbank im Internet ist unübersichtlich", kritisiert sie.  Das Kommunalpanel 2025 bestätigt dieses Problem: Knapp vier von zehn Kommunen verzichten auf eine strukturierte Online-Recherche. 94 Prozent der Kommunen sprechen sich für eine zentrale Informationsplattform aus. Auch die Fördermittel-Expertin von Neuhausen/Spree ist sich bewusst: „Ein Fehler könnte einer kleinen Kommune das Genick brechen.“  Einmal atmeten alle auf: „Wir haben eine Grundschule umgebaut und die Bewilligung des Fördermittelantrags kam erst nach Abschluss der Arbeiten.“ 

Tipps für andere Kommunen

Was rät Peter Berek, der mit der Förderstrategie seinen Landkreis vom Sorgenkind zur Erfolgsregion machte, anderen Kommunen? Vertreten Sie selbstbewusst das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Bewahren Sie Ihre Selbständigkeit und tun Sie sich trotzdem mit anderen Gemeinden und Städten zusammen, so bringen Sie die Region gemeinsam weiter. Gehen Sie mit Plan vor – wir haben zum Beispiel ein Kreisentwicklungskonzept mit zwölf Handlungsfeldern.  Entwickeln Sie daraus Projekte und Maßnahmen und suchen Sie dann nach den passenden Förderinstrumenten. Und wenn es das nicht gibt, lohnt sich vielleicht ein gemeinsamer Termin bei der Landesregierung….“

 3 Beispiele für Projekte in Kommunen, die mit Fördermitteln gefördert wurden:

Beispiel 1: Freibad Waldkirchen im Bayerischen Wald

Freibad Waldkirchen nach Sanierung



Projekt: Sanierung des Freibadbeckens, Kinderbeckens, neue Waterclimbingwand und eine Breitwasserrutsche sowie ein neues Betriebsgebäude

Gesamtkosten: rund 5,5 Millionen Euro 

Fördermittel: 3.243.900 Euro aus dem Sonderförderprogramm des Freistaats zur Sanierung kommunaler Schwimmbäder

Zudem 90-Meter-Halbschalen-Wasser-Rutsche: 

Kosten: rund 640.000 Euro

Leader-Fördermittel: 250.000 Euro

Beispiel 2: Kita Abenteuerland in Wald

Kita Abenteuerland



Projekt: Um- und Anbau der Kita

Gesamtkosten: rund 1,92 Millionen Euro

Fördermittel:

400.000 Euro aus dem Ausgleichsstock

628.880 Euro aus dem Programm ELR

32.775 Euro durch Bafa-Fördermittel

Beispiel 3: Fichtel-App im Landkreis Wunsiedel

Fichtel App Logo



Strategie und Umsetzung

Gesamtkosten: 15 Millionen Euro

Fördermittel: 13,5 Millionen Euro aus der Modell-Projekte-Smart-City-Förderung (für Landkreis mit Konsolidierungsauflagen) über das Stadtentwicklungsministerium beim Bund 

Fotocredits: Landrat Peter Berek: Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge, Nicole Merschink: Gudrun Mallwitz Spielfeld Grasleben: Freibad: Stadt Waldkirchen Kita Abenteuerland: Gemeinde Wald/Hohenzollern