Tipps fürs Forderungsmanagement
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Finanzen

Stille Haushaltssperre: Schwaches Forderungsmanagement lähmt Kommunen

Viele Kommunen lassen Geld liegen – und zwar nicht zu knapp. Während Personal- und Sozialkosten steigen und die Gewerbesteuer Achterbahn fährt, liegen Millionen an offenen Forderungen ungenutzt im System. Das Ergebnis: weniger Handlungsspielraum. Dabei wäre der Weg zu mehr finanzieller Luft erstaunlich einfach – man muss ihn nur gehen.

Kommunale Haushalte stehen zunehmend unter Druck: steigende Personal- und Sachkosten, galoppierende Sozialleistungen, volatile Gewerbesteuereinnahmen. In dieser Gemengelage wird ein Bereich häufig unterschätzt – das Forderungsmanagement. Millionenbeträge an offenen Forderungen liegen in vielen Kommunen buchstäblich „brach“ und werden erst dann wieder wahrgenommen, wenn Haushaltslücken spürbar werden. Der Verzicht auf konsequentes Eintreiben bedeutet nicht nur Einnahmeverluste, sondern sendet auch ein fatales Signal an Zahlungspflichtige: Wer nicht zahlt, hat oft nichts zu befürchten.

Die Realität in den Verwaltungen

In der Praxis zeigt sich ein wiederkehrendes Muster, vor allem bei kleineren Kommunen: Offene Forderungen werden verzögert angemahnt, Vollstreckungsprozesse verlaufen schleppend, und der Datenaustausch zwischen den Fachämtern und Kasse bzw. Vollstreckungsbehörde ist lückenhaft. So können schnell Forderungsausfälle im sechs- bis siebenstelligen Bereich entstehen. Besonders kritisch ist der Eintritt der Zahlungsverjährung: Wenn Ansprüche schlicht zu spät verfolgt werden bzw. keine Verjährungsunterbrechungen erfolgen, ist der finanzielle Schaden endgültig. Jeder Euro, der so verloren geht, muss an anderer Stelle eingespart oder durch neue Belastungen der zahlungswilligen Bürgerinnen und Bürger ausgeglichen werden.

Folgen für die Handlungsfähigkeit

Ein schwaches Forderungsmanagement wirkt wie eine stille Haushaltssperre. Fehlende Liquidität mindert die Fähigkeit, Investitionen zu tätigen, Fördermittel kofinanzieren zu können oder kurzfristig auf Sonderereignisse zu reagieren. Für Rechnungsprüfungsämter bedeutet dies ein zunehmendes Prüffeld, Missstände aufzuzeigen und die Notwendigkeit, konkrete Maßnahmen einzufordern. Für die Kommunalaufsicht verschärft sich die Sicht, wenn Kommunen mit ohnehin angespannter Finanzlage Einnahmepotenziale ungenutzt lassen.

Wenn Untätigkeit teuer wird

Verfügt bspw. eine Stadt mit 80.000 Einwohnern über offene Forderungen von rund 5 Mio. €. Darunter fallen ausstehende Kita-Gebühren, nicht gezahlte Gewerbesteuervorauszahlungen, rückständige Grundsteuer und Bußgelder. Aufgrund mangelhafter Prozesse – verspätete Mahnungen, fehlende Priorisierung hoher Einzelbeträge, unzureichende Vollstreckungskapazitäten – werden jährlich etwa 10 % dieser Summe uneinbringlich. Das entspricht einem dauerhaften Finanzmittelverlust von 500.000 € pro Jahr.

Um diese Summe z.B. über Steuereinnahmen zu kompensieren, könnte die Stadt den Grundsteuerhebesatz erhöhen. Damit würde zahlungswillige Grundsteuerpflichtige zusätzlich belastet. Die politische Botschaft ist klar: Verwaltungsversäumnisse und ein ineffektives Forderungsmanagement führen direkt zu Mehrbelastungen für Bürger und Unternehmen – und dies, obwohl Forderungen bereits rechtmäßig der Kommune zustehen.

Handlungsauftrag an Kämmereien

Kämmerinnen und Kämmerer müssen Forderungsmanagement als strategisches Steuerungsinstrument begreifen, nicht als rein technische Abwicklung. Das umfasst die Einrichtung eines laufenden Berichtswesens, die Festlegung klarer Fristen und Schwellenwerte für Mahnverfahren und Vollstreckungshandlungen. Transparente Berichte gegenüber Rat und Verwaltungsspitze sollten Pflicht werden, um politische Steuerung zu ermöglichen.

Prüfungsfokus für Rechnungsprüfungsämter

Rechnungsprüfungsämter müssen die Wirksamkeit der Prozesse systematisch prüfen: Wie hoch ist der Anteil der verjährten Forderungen? Wie oft werden Mahnfristen überschritten? Welche Erfolgsquote haben Vollstreckungsmaßnahmen? Die Ergebnisse gehören in einen Prüfungsbericht – mit klaren Empfehlungen und Fristen zur Umsetzung.

Rolle der Kommunalaufsichtsbehörden

Kommunalaufsichten sollten Forderungsmanagement als festen Bestandteil der Haushaltsaufsicht verankern. Gemeinden mit strukturellen Defiziten müssen verpflichtet werden, schlüssige Konzepte vorzulegen. Eine schlechte Realisierungsquote darf kein Randthema bleiben.

Diese Maßnahmen erhöhen den Druck zur Prozessoptimierung und setzen Anreize, vorhandene Einnahmepotenziale zu heben, bevor neue Belastungen beschlossen werden.

Einnahmen sichern, bevor andere Abgaben erhöht werden

Jeder nicht realisierte Euro schwächt die kommunale Handlungsfähigkeit und erhöht den Druck auf Bürger und Unternehmen durch andere Abgaben. Ein entschlossenes, transparentes und professionelles Forderungsmanagement ist keine Option – es ist Pflicht. Die Verantwortung dafür tragen Finanzverantwortliche in den Kommunen, Rechnungsprüfungsämter, Kommunalaufsichten und auch die Landesgesetzgeber gemeinsam. Wer hier nicht handelt, riskiert nicht nur finanzielle Verluste, sondern verspielt Vertrauen.