Corona und die Folgen für Kommunen - Exklusive Daten: Welche Städte es besonders hart getroffen hat
Corona und die Folgen für Kommunen - Exklusive Daten: Welche Städte es besonders hart getroffen hat
© adobestock

Städte-Ranking

EXKLUSIV: In diesen Kommunen hat Corona besonders hart zugeschlagen

Im ersten Jahr der Pandemie haben viele Städte und Gemeinden besonders unter den Pandemie-Folgen geächzt. Eintrittsgelder, Kita-Beiträge und Gewerbesteuern brachen weg, gleichzeitig explodierten die Kosten. Wen es besonders hart getroffen hat, wo weniger Auswirkungen zu spüren waren – das große KOMMUNAL Städte-Ranking zu Corona.

Corona und die Folgen: Lockdowns, Lieferkettenprobleme und massive Änderungen in den Geschäftsprozessen haben nicht nur in den Rathäusern selbst für massive Auswirkungen gesorgt. Betroffen waren auch Industrie und Handel in den Kommunen, was sich wiederum in den wegbrechenden Einnahmen der Kommunen wiederspiegelte. Gemeinsam mit dem Standortanlyse-Unternehmen Contor Regio wollten wir daher wissen, wo diese Auswirkungen besonders stark zu spüren waren. Im ersten Teil der Analyse haben wir alle mittelgroßen Städte mit mindestens 20.000 Einwohnern, aber weniger als 100.000 Einwohnern untersucht. Entstanden sind detaillierte Daten für mehr als 620 Städte in dieser Größenordung. Konkret haben wir alle verfügbaren statistischen Daten aus dem Jahr 2019 mit denen des Jahres 2020, also dem ersten Pandemie-Jahr verglichen. Die einzelnen Indikatoren reichten dabei von Veränderungen bei der Zahl der Arbeitslosen über die Veränderungen beim verfügbaren Einkommen der Bürger über die Steuereinnahmen bis zu statistischen Daten zur Produktivität. Dabei haben wir die Bereiche bewusst unterschiedlich stark bewertet, nämlich das Thema Beschäftigung zu 45 Prozent, die sozioökonomischen Daten zu 30 Prozent. Hinzu kamen die Bereiche Unternehmertum zu 15 Prozent und der Bereich der Hotelerie zu 10 Prozent.

Corona und die Folgen: Vor allem im Südwesten stark spürbar 

Das Ergebnis lässt sich anhand einer Landkarte besonders gut darstellen. Schaut man sich das „obere Viertel“ der am stärksten betroffenen Kommunen an, also die 150 Städte, die laut diesen statistischen Daten besonders gelitten haben, so ziehen sich die roten Punkte über den Westen in den Südwesten. Konkret befinden sich besonders viele Städte mit großen Corona-Auswirkungen in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg. Das ist insofern auffällig, als dass wir auch die Kleinstädte mit weniger als 20.000 Einwohnern in einer eigenen Untersuchung analysiert haben. Hier gibt es zwar eine ähnliche Tendenz, der Radius zieht sich dort aber weiter über Niedersachsen bis nach Bayern. Diese Studie werten wir aktuell noch final aus und stellen Sie Ihnen in der kommenden Ausgabe der KOMMUNAL ausführlich vor. Daher zunächst zurück zu den Mittelstädten in Deutschland und die Corona-Auswirkungen in diesen Kommunen.

Die am stärksten von Corona betroffene mittelgroße Stadt in Deutschland ist Leinfelden-Echterdingen in Baden-Württemberg. Die Stadt mit ihren knapp 40.000 Einwohnern liegt im Landkreis Esslingen im Großraum Stuttgart. Ein Grund dürfte hier sein, dass sich das Terminal des Stuttgarter Flughafens auf der Gemarkung der Stadt befindet. Schließlich lag auch der Flugverkehr fast komplett lahm. Auch die Messe Stuttgart gehört zum Stadtgebiet. Hinzu kommt einer der weltgrößten Hersteller von Fensterbeschlägen und Dachfenstern mit rund 4000 Mitarbeitern. Die starke wirtschaftliche Lage der Stadt hat also hier für den besonders starken Einbruch in Corona-Zeiten gesorgt.

Starke Industriestandorte haben die höchsten Einbrüche durch Corona zu verzeichnen 

Auf Platz zwei im Ranking der von Corona besonders betroffenen Städte liegt Senden in Bayern. Die Stadt mit ihren 23.000 Einwohnern in Schwaben an der direkten Landesgrenze zu Baden-Württemberg hat ebenfalls besonders stark unter den Folgen der Pandemie gelitten. Vor allem die Wirtschaftsdaten gingen massiv in den Keller. Die Investitionen je Beschäftigten etwa sanken im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um fast 20 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner fiel um über 5 Prozent. In Senden ist die Suche nach den Ursachen nicht ganz so einfach, wie in Leinfelden-Echterdingen. In der Stadt residiert etwa das größte Möbelhaus Europas. Zwar wissen wir, dass diese Branche im zweiten Corona-Jahr 2021 deutlich gewonnen hat. Denn in den Zeiten des Lockdowns machten es sich die Menschen mehr und mehr „zu Hause gemütlich“. Im ersten Jahr jedoch war auch diese Branche massiv von Lieferkettenengpässen und der Angst der Verbraucher geprägt, die zunächst kaum Investitionen tätigten, weil viele ihre wirtschaftliche Grundlage gefährdet sahen. Auch ein großes Unternehmen aus dem Bereich des Apparatebaus hat in Senden seinen Sitz, so dass auch hier das Thema Logistik und weltweiter Handel eine große Rolle spielen dürfte.

Corona-Ranking

Die dieses Mal eher traurige Bronze-Medaille geht erneut nach Baden-Württemberg. Genauer in einen Ort, dessen Namen viele sicher sofort mit Haushaltsgeräten verbinden. Gaggenau im Landkreis Rastatt. Mit 30.000 Einwohnern eine klassische Mittelstadt. Mit viel Industrie sonst eine vergleichsweise eher „wohlhabende“ Kommune, die stetigen Zuzug verzeichnet. In den 70er Jahren lebten in Gaggenau nur rund 20.000 Menschen, in den 2000er Jahren wuchs der Bevölkerungsanteil bis auf 29.000 Einwohner, im Jahr 2021 hat die Stadt erstmals die Marke von 30.000 Einwohnern überschritten. Ein Grund neben acht Mehrzweckhallen und Festhallen sowie diversen Museen und spannenden Bauwerken dürfte der größte Arbeitgeber der Stadt sein. Das Mercedes-Benz Werk Gaggenau beschäftigt 6500 Menschen und ist damit auch der größte Industriebetrieb im gesamten Schwarzwald. Hinzu kommen diverse Zulieferfirmen der Automobilindustrie.

Auf Platz vier befindet sich dann mit Erding eine weitere Stadt aus Bayern, bevor mit der Hugenottenstadt Neu-Isenburg erstmals eine Kommune aus Hessen im Ranking auftaucht. Auch diese Stadt ist stark von Industrie geprägt.

corona

Wo Corona die geringsten Auswirkungen hatte - ebenfalls ausgerechnet in einer Industriestadt!

 

Spannend ist aber auch ein Blick auf die letzten Plätze im Corona-Ranking. Der Letzplatzierte stellt dabei einen absoluten Ausreißer dar. Die Stadt Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh in Ostwestfalen hat die Auswirkungen von Corona am wenigsten getroffen. Zwar ist auch diese Stadt durchaus industriell geprägt. Mit Unternehmen wie dem größten fleischverarbeitenden Betrieb Europas, dem Tönnies Fleischwerk, handelt es sich aber um ein Unternehmen, das vergleichsweise wenig Umsatzeinbruch verzeichnet hat. Im Gegenteil: Studien zeigen, dass viele Menschen in der Corona-Zeit mehr Geld in Nahrung aus dem Supermarkt investiert haben. Die hatten im Gegensatz zu Restaurants ja weiter geöffnet.

Die Stadt ist insofern ein Ausreisser, als dass sich ansonsten auf den hintersten Plätzen vor allem Kommunen aus Ostdeutschland befinden. Weißenfels und Bernburg in Sachsen-Anhalt, Spremberg , Senftenberg, Cottbus und Hohen Neuendorf in Brandenburg sowie Altenburg in Thüringen befinden sich allesamt auf den untersten zehn Plätzen. Hier waren die Auswirkungen durch Corona also weit weniger spürbar.

KOMMUNAL hat die Daten erneut mit Hilfe des Standortanalysetools Contor Regio ausgewertet. Die komplette Liste mit allen Daten für die über 620 Städte als pdf finden Sie auf der Seite unseres Partners hinter diesem Link: 

Hinweis: KOMMUNAL und Contor-Regio haben auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Jahr 2020 in kleineren Kommunen untersucht. Die komplette Auswertung aus den fast 900 Kommunen der Größenordnung zwischen 10 und 20 Tausend Einwohner finden Sie in der nächsten Printausgabe der KOMMUNAL.