Fall Renate Künast
Später Sieg vor Gericht in Sachen Hassposting
Es ist eine Art später Sieg für Renate Künast - aber gleichzeitig auch für viele Bürgermeister und Stadträte eine Erleichterung - Hassposting im Internet muss sich niemand gefallen lassen. Das ist die Kernbotschaft nach einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in Frankfurt am Main. Künast hatte sich dort gegen den rechtsradikalen Blogger Sven Liebig gewehrt. Er hatte ihr ein Zitat über den Missbrauch von Kindern in den Mund gelegt, das sie nie getätigt hatte. In der mündlichen Verhandlung gaben die Richter der Bundestagsabgeordneten Recht. Dem Blogger ist es damit nun verboten, die Falschaussage über Künast weiterzuverbreiten. Allerdings kann der Blogger gegen das Urteil der mündlichen Verhandlung noch Rechtsmittel einlegen.
Das Hassposting und seine Folgen
Der Blogger hatte behauptet, Künast verharmlose den Sex mit Kindern. Er hatte ein Bild von Künast mit einem entsprechenden Zitat geäussert, wonach Künast der Meinung ist, Sex mit Kindern sei nicht dramatisch, wenn keine Gewalt im Spiel sei. Das Bild veröffentlichte der Blogger bei Facebook, hatte es sogar als Werbung geschaltet, damit es mehr Menschen sehen. Es häuften sich darunter zahlreiche Kommentare mit den Beleidigungen und den Zitaten, die dann am Berliner Landgericht verhandelt wurden. Das Urteil dort hatte für massive Empörung auch in der Kommunalpolitik gesorgt. Viele Bürgermeister hatten sich daraufhin auch an KOMMUNAL gewandt, sie fürchteten ein solches Urteil habe auch Auswirkungen darauf, was sie sich gefallen lassen müssen. Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema, das KOMMUNAL gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindebund in Brandenburg organisiert hatte, sprach im November der Leiter der Staatsanwaltschaft Potsdam, Wilfried Lehmann. Er gab aus juristischer Sicht Tipps für Betroffene. Er machte deutlich, dass dieses Urteil in anderen Bundesländern (hier speziell in Brandenburg) so sicher niemals gefallen wäre, forderte alle Betroffenen auf, unbedingt sofort die Polizei einzuschalten und die Fälle zur Anzeige zu bringen. Das Urteil bezeichnete er als "einmalig" und vermutete, dass es einer Revision vermutlich nicht standhalten werde. Das Urteil der mündlichen Verhandlung aus Frankfurt am Main zeigt somit, dass Lehmann hier offenbar recht behält.
Der Bund will Hasspostings stärker bestrafen
Auf Einsicht derweil darf man bei Tätern dieser Art wohl nie hoffen. So hatte der Blogger, der das Fass ins Rollen brachte, bereits am Tag vor der mündlichen Verhandlung in Frankfurt in einer Videobotschaft an seine Anhänger davon gesprochen, die "Richter sind wahrscheinlich schon gekauft worden".
Das hat auch der Gesetzgeber lange erkannt: Entsprechend arbeiten die Bundesministerien bereits seit längerem an einem Gesetzesentwurf für eine Meldepflicht bei Hass-Postings. Laut Magazin Spiegel haben sich die zuständigen Ministerien für Inneres und Justiz inzwischen auf eine entsprechende Meldepflicht für Internet-Postings geeinigt. Demnach müssen Anbieter künftig volksverhetzende Inhalte an das Bundeskriminalamt melden. So steht es im Gesetzesentwurf. Das Löschen der Beiträge reicht demnach nicht mehr aus.
So sieht der Gesetzesentwurf gegen Hasspostings aus
Die Plattformbetreiber müssen demnach zudem an das Bundeskriminalamt alle Daten weitergeben, die es ermöglichen, anonyme Hetzer zu ermitteln. Dazu gehören etwa die IP-Adresse und die Portnummer. "Sozialen Netzwerken", die diese Meldepflicht vernachlässigen, drohen somit empfindliche Geldstrafen. GANZ WICHTIG AUCH FÜR KOMMUNALPOLITIKER DABEI: Das Bundeskriminalamt wird laut dem Gesetzesentwurf, aus dem das Magazin zitiert, nur dann tätig, wenn die Betroffenen selbst Anzeige gegen einen Post erstatten. Bisher mussten die Anbieter nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz nur unzulässige Beiträge entfernen, auf die sie hingewiesen wurden, und diese nicht an die Behörden weiterreichen. Nach eigenen Angaben verzeichnete allein Twitter im ersten Halbjahr rund 470.000 Beschwerden von Nutzern in Deutschland über dubiose Beiträge. Knapp 45.000 Tweets wurden gelöscht oder gesperrt.