Constance Arndt, Oberbürgermeisterin von Zwickau
Constance Arndt, Oberbürgermeisterin von Zwickau
© Dirk Diessel

Zwickauer Oberbürgermeisterin

Aus dem Einzelhandel in die Kommunalpolitik

Die Zwickauer Oberbürgermeisterin Constance Arndt will die Innenstadt voranbringen und kämpft gegen Leerstand. Ihr Weg an die Spitze des Rathauses – und wie sie mit einer Morddrohung umging.

Wenn Constance Arndt über den Einzelhandel spricht, kennt sie kein Halten mehr. „Mein Freundes- und Bekanntenkreis versucht das Thema mittlerweile zu umschiffen, weil ich da fast missionarisch unterwegs bin”, sagt die Oberbürgermeisterin von Zwickau. Denn die 47-jährige Kommunalpolitikerin stammt selbst aus der Branche: Als Einzelhandelskauffrau war sie zuletzt Filialleiterin eines großen deutschen Modeunternehmens. Und auch als Oberbürgermeisterin setzt sie sich für den stationären Handel in der Innenstadt ein.

Zwickauer Oberbürgermeisterin: Guter Handel hat Zukunft

„Ich denke schon, dass guter Handel immer eine Zukunft hat”, sagt Arndt. Sicher sei es nicht leichter geworden. Und natürlich müsse man den Kunden gegenüber dem Online-Einkauf im Internet Qualität und Mehrwert bieten. „Die Menschen möchten eine belebte Stadt, sie wollen dort einkaufen können und sie wünschen sich, wenn sie in einem Café sitzen, auch eine Straße, auf der die Menschen unterwegs sind – schon, damit es etwas zu gucken gibt”, meint sie. Allerdings hätten sich die Werte in der Gesellschaft in den letzten Jahren verschoben. „Die Menschen fordern Dinge ein, setzen sich aber zu wenig mit ihrer eigenen Verantwortung dafür auseinander.”  Was das konkret heißt? „Wenn ich eine lebendige Innenstadt haben will, sollte ich die Angebote der Stadt auch selbst nutzen, um sie zu erhalten. Ich kann mich nicht hinstellen und darüber beschweren, dass es so viel Leerstand gibt, wenn ich gleichzeitig selbst alles im Internet bestelle.”

Darum ging Constance von Arndt in die Kommunalpolitik

Der Einzelhandel ist der Grund dafür, dass Arndt ihren Weg in die Kommunalpolitik fand. „Wenn man im Handel, in der Innenstadt arbeitet, wird man automatisch mit Themen konfrontiert, die die Kommunalpolitik berühren”, sagt die Oberbürgermeisterin. „Das geht los bei den Parkgebühren über die Innenstadtbelebung bis zur Planung von Einkaufszentren.” Sie wollte da nicht immer nur an der Seitenlinie stehen: Schon 2006 engagierte sich Arndt im Förderverein für das Zwickauer Stadtmarketing, dessen Vorsitzende sie lange war. Bei der Industrie- und Handelskammer leitete sie den Arbeitskreis Handel und arbeitete im Einzelhandelsausschuss mit, schon bevor sie 2014 zum ersten Mal in den Stadtrat gewählt und 2020 schließlich Oberbürgermeisterin wurde. „Ich finde es logisch, dass man sich dann auch aktiv in die Kommunalpolitik einbringen will – speziell, wenn man merkt, dass nicht alle Perspektiven, die es bei einem Thema braucht, im Stadtrat vertreten sind.”

Zwickau
Zwickau ist bekannt bekannt als Automobilstadt und Geburtsort des Komponisten Robert Schumann.

"Es lohnt sich, vor Ort aktiv zu sein"

Der Bürger erlebe den Staat nun einmal als allererstes vor Ort, in den Kommunen.  Deshalb komme ihnen eine große Bedeutung zu. „Wenn der Bürger seinen Staat als nicht attraktiv erlebt, weil die Straßen kaputtgehen, weil wir nicht handlungsfähig sind, weil uns das Geld fehlt, dann verliert er eben nicht nur das Vertrauen in die Stadt oder in den einzelnen Stadtrat, sondern in die Politik als Ganzes.“ Deutschlandweit erlebe man das gerade. „Ich würde allen Politikern, insbesondere in den höheren Ebenen, empfehlen: Stärkt die Kommunalpolitik, bringt euch früher und mehr ein, auch als Landtags- und Bundespolitiker.” Es lohne sich, vor Ort aktiv zu sein und um das Vertrauen der Bürger zu kämpfen. Für die Zwickauer Oberbürgermeisterin jedenfalls gebe es nichts Besseres, als über die Anliegen der Stadt mitzuentscheiden. „Wofür werden die finanziellen Mittel aufgewendet, wo setzt man Prioritäten und wie schafft man es, seine Stadt so zu entwickeln, dass sie eben attraktiv genug ist, damit auch andere Menschen sie als attraktiv erleben”, zählt Arndt auf. „Das geht nur in der Kommunalpolitik.”

Zwickau und Horch, Audi und Trabbi

Manche Herausforderungen allerdings sind auch für Kommunalpolitiker ungleich größer. In Zwickau ist es die Zukunft eines der größten Arbeitgeber der Stadt: Denn hier werden schon seit mehr als 120 Jahren Automobile hergestellt. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren in Zwickau die Marke„Horch” , die später zu „Audi” wurde, zu Hause, zu DDR-Zeiten entstand hier der Trabant. Und seit der Wiedervereinigung ist es an Volkswagen, in Zwickau Autos herzustellen. Doch das Unternehmen plant, die Produktion in Sachsen deutlich zurückzufahren. „Es geht um die Stabilität unserer Wirtschaftsregion”, sagt die Oberbürgermeisterin. „Die Menschen machen sich Sorgen.” Was die Kommunalpolitikerin an dieser Stelle tun kann? Die Möglichkeiten sind begrenzt. Die Oberbürgermeisterin werde zwar nicht zu einer Therapeutin, „aber sicherlich zu einer Motivatorin und einer, die dafür zuständig ist, jetzt nicht den Kopf in den Sand zu stecken.” Für Zwickau müsse es nun darum gehen, mit den Partnern in der Region nach Strategien zu suchen, um die Region zukunftssicher aufzustellen.



 Wozu auch gehört, die eigene Region nicht schlecht zu reden. Das Image, das Sachsen und das Erzgebirge in den Medien haben, macht der Oberbürgermeisterin Sorgen. „Ich kann natürlich schöne Postkarten und bunte Prospekte drucken und verteilen”, sagt Arndt. „Das nützt aber nichts, wenn ich dann im Stadtrat darüber diskutiere, ob es in der Stadt ein Werbeverbot für die Bundeswehr geben soll oder die Oberbürgermeisterin die Regenbogenflagge heraushängen darf.” Die Themen, die die Kommunalpolitiker diskutieren, tragen aus Sicht der Zwickauerin auch zu dem Bild bei, das die eigene Stadt nach außen abgibt. „Man sollte auch in der Kommunalpolitik versuchen, ein positives Image zu erreichen”, so Arndt. „Am Ende sind es die Entscheidungen, die der Stadtrat trifft, und die Handlungen, die die Verwaltung ausführt, die auf Dauer das Image einer Stadt verändern.” Dennoch sollten Probleme nicht totgeschwiegen werden.

Das Image, das Sachsen und das

Erzgebirge in den Medien haben, macht mir Sorgen.“

Constance Arndt, Oberbürgermeisterin von Zwickau

Strafanzeige nach Morddrohung gestellt

Die Oberbürgermeisterin musste vor kurzem eine Strafanzeige stellen. Per E-Mail hatte sie eine Morddrohung erhalten, unterzeichnet von einem Menschen, der sich „Adolf Hitler” nannte. „Dass ich dagegen etwas unternehme, war für mich überhaupt keine Frage”, sagt Arndt. „Es war schließlich eine Morddrohung.” Als Arndt den Vorgang öffentlich machte, sorgte sie damit bundesweit für Aufsehen. „Und da bin ich dankbar dafür, denn ich wollte auch eine Debatte darüber auslösen, wie wir hier eigentlich miteinander umgehen.” Die Reaktionen, die es anschließend gab, hatte die Oberbürgermeisterin so nicht erwartet: Weder das mediale Interesse noch „die hochprofessionelle Art und Weise, mit der das Landeskriminalamt sich dieses Vorgangs angenommen hat”. Die Rückmeldungen, die sie erhielt, seien fast ausschließlich positiv gewesen. „Und das ist für mich am Ende auch die positive Erfahrung an der gesamten Geschichte gewesen: Dass es für viele Menschen noch einen inneren Kompass gibt und so etwas zu einem gewissen Aufschrei führt.” Weswegen Constance Arndt bei allen Schwierigkeiten dann doch auch hoffnungsvoll in die Zukunft blickt“, sagt die Zwickauer Oberbürgermeisterin.