
Porträt
Szarata: So will Halberstadt wirtschaftlich durchstarten
In seinem Büro steht auf einem antiken Tisch ein Schachbrett. Doch zum Schachspielen kommt Daniel Szarata kaum noch. Stattdessen setzt der Oberbürgermeister von Halberstadt seine Züge auf dem Spielfeld der Stadtentwicklung: Vom Rathaus der über 1.200 Jahre alten, ehemaligen Bischofsstadt am Harz aus versucht er, die Stadt als erfolgreichen Wirtschaftsstandort zu entwickeln. Als einzige Mittelstadt in Sachsen-Anhalt verzeichnet Halberstadt ein überdurchschnittliches Wachstum.
Oberbürgermeister setzt Prioritäten in Halberstadt
„Halberstadt ist zum Ende des Zweiten Weltkriegs schwer zerstört worden”, sagt Szarata. „Dadurch sind wir nicht so ein Fachwerkstädtchen wie Wernigerode oder Quedlinburg – und als nach der Wende viele Betriebe schließen mussten, hatten wir nicht den Vorteil des Tourismus, den die Harzorte hatten.” In der Stadt breitete sich eine depressive Stimmung aus, die in dem Spruch gipfelte: „Wir haben alles halb und nichts ganz gemacht.” Überall wo man investieren konnte, hat man versucht zu investieren – aber man hat keine Prioritäten gesetzt”, berichtet er. Die Stadt verzettelte sich, so seine Wahrnehmung. Er saß damals als CDU-Abgeordneter im Magdeburger Landtag. Zugleich gehörte er dem Stadtrat an. 2021 trat er sein Amt an der Spitze der Stadt an.
In seiner Lebensplanung kam dieses Amt eigentlich nicht vor: „Seit ich 14 war, wollte ich Landtagsabgeordneter werden“, sagt er heute. „Aber als ich es war, habe ich gemerkt, dass man da gar nicht so viel gestalten kann: Als Oberbürgermeister geht das viel besser.“ Im Landtag habe er darüber entschieden, wie viel Geld die Stadt in den nächsten Jahren vom Land erhält. Aber als Oberbürgermeister entscheide er, was damit gemacht wird. „Und weil mir persönlich Prioritätensetzung wichtig ist, und ich als Oberbürgermeister die Prioritäten setzen kann, bin ich damals auf die kommunale Ebene zurückgegangen“, erzählt Szarata. „Heute priorisieren wir ganz stark das Thema Wirtschaft: Das Geld, was wir später mal für schöne Dingen ausgeben wollen, muss ja erst verdient werden.“
Heute priorisieren wir ganz stark das Thema Wirtschaft: Das Geld, was wir später mal für schöne Dingen ausgeben wollen, muss ja erst verdient werden.“
Hochschule Harz, Museum und Industrieansiedlungen
Die Stadt ist Standort der Hochschule Harz mit starkem Fokus auf praxisorientierte Lehre und einer hohen Zufriedenheit unter Studenten. Bekannt ist auch das Museum mit dem größten Domschatz nördlich des Vatikans. Dem Oberbürgermeister gelang es, die LKW-Sparte von Daimler-Benz, Daimler Truck, nach Halberstadt zu holen. Auf einem 900.000 Quadratmeter großen Grundstück entsteht derzeit ein Logistikzentrum, das der weltweiten Ersatzteilversorgung von LKWs und Bussen dienen soll. „Da hatten wir das Glück des Tüchtigen“, sagt Szarata. Und es geht weiter voran: Noch in diesem Monat will ein Weltmarktführer aus dem Bereich der Baustoffe den Spatenstich für ein neues Werk in Halberstadt vollziehen. „Das ist eine der wenigen Ansiedlungen, die wir hier in den letzten Jahren hatten, die eben nicht verlängerte Werkbank sind, sondern produzierendes Gewerbe mit eigener Forschung.“ Woran das liegt?
Szarata betont: „Ich denke, man merkt mittlerweile deutlich, dass wir auch in der Verwaltung unseren Fokus auf das Thema Wirtschaft setzen.“ So habe man die Wirtschaftsförderung mit dem Bereich Liegenschaften gekoppelt. Und künftig soll auch noch der Hoch- und Tiefbau in dieses Ressort wechseln. „Dann haben wir alles, was wir für eine Unternehmensansiedlung brauchen, in einer Hand“, sagt er. „Und wir können zum Beispiel Genehmigungsverfahren künftig so führen, dass sie so kurz sind, wie das Gesetz es erlaubt.“
Umgang mit der AfD
Unterstützung erhielt Szarata dabei auch vom Stadtrat. Dem Oberbürgermeister ist es wichtig, dass er zu dessen Mitgliedern ein gutes persönliches Verhältnis hat – schließlich kennt man sich von früher, aus einer Zeit, als auch er selbst noch dem Stadtrat angehörte. Im Halberstädter Stadtrat sitzen auch Vertreter der AfD, die in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch gilt. „Das ist nicht ganz so einfach“, so der Rathauschef „Von der AfD kommt wenig Konstruktives und wenig Sacharbeit, da kommen keine oder kaum vernünftige Fragen.“ Dennoch werde die AfD auch zu allen Vorbesprechungen von Stadtratssitzungen eingeladen, auch wenn deren Stadträte nur sehr selten dazu erscheinen.
„Wir können die Brandmauer nicht bis zum bitteren Ende aufrechterhalten“, sagt er. Als Beispiel nennt der Oberbürgermeister eine von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Kita-Beiträge. „Die Fraktion Pro Halberstadt, in der unter anderem SPD und Linke mitarbeiten, hat einen Gegenvorschlag gemacht, der nicht angenommen wurde“, so Szarata. „Daraufhin hätten AfD und Linke gemeinsam den Vorschlag der Verwaltung abgelehnt.“ So gab es keine Erhöhung der Kitabeiträge. „Diejenigen, an dieser Stelle die Brandmauer durchbrochen haben, waren genau diejenigen, die sich immer am meisten aufregen, wenn die CDU auch nur in die Gefahr gerät, so etwas zu machen.“ Klar ist für den Oberbürgermeister indes: „Wenn Vorschläge von der AfD kommen, die menschenfeindlich, rassistisch, verachtend gegenüber der Jugendarbeit oder Menschen am Rande der Gesellschaft sind, dann wird das auch weiterhin abgelehnt."
Über Social Media Menschen erreichen
Anders ist es mit denen, die die AfD vielleicht gewählt haben. Szarata macht viel dafür, mit Bürgern und Bürgerinnen in Kontakt zu sein, auch über die sozialen Medien. „Social Media ist mir sehr wichtig, weil das natürlich auch Transparenz widerspiegelt“, sagt der Oberbürgermeister. „Wir leben in einer Welt, in der die Politik immer komplizierter wird und auch immer schwerer nachvollziehbar.“ Da müsse man versuchen, Entscheidungen den Menschen zu erklären. „Das geht über Social Media sehr gut – die Reichweite eines Zeitungsartikels ist dagegen mittlerweile einigermaßen begrenzt.“ Und ins Fernsehen käme man mit der Kommunalpolitik nicht. Die rote Linie ist für den Kommunalpolitiker dabei aber das Persönliche. „Ich bringe meine Familie nicht in die Öffentlichkeit“, sagt er. „Klar, wir gehen mal zusammen essen, oder meine Frau begleitet mich mal zu einem großen Empfang – aber Sie werden nur ein einziges Bild von mir und meiner Familie im Internet finden, und da sind auf den Gesichtern der Kinder Aufkleber drüber.“ Der Schutz des eigenen Privatlebens ist Szarata extrem wichtig.
Was sich der Halberstädter Oberbürgermeister für die Zukunft vorgenommen hat? Der Breite Weg, der zu DDR-Zeiten das Stadtzentrum war, soll wieder chic werden. „Das hat man seit Anfang der 90er-Jahre immer wieder probiert, von neuem Pflaster bis zu Beeten, die mit irgendetwas bepflanzt wurden, was die Leute dann essen können“, erinnert sich Szarata. Richtig funktioniert hat davon nichts. Der neue Plan: „Wir verwandeln die Fußgängerzone in einen Spielplatz mit Gastro- und Ruhezonen, so dass es neben dem Holzmarkt, wo das Rathaus steht, und dem Fischmarkt noch einmal eine richtig schöne Zeile innerhalb der Stadt gibt, wo es sich lohnt, seine Zeit im Innenstadtbereich zu verbringen.“
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