In dieser Kirche in Kupferzell brach Corona aus
In dieser Kirche in Kupferzell steckten sich zahlreiche Bürger mit Corona an.
© Gemeinde Kupferzell

Robert-Koch-Institut

Das offenbart die Corona-Studie in Kupferzell

Forscher des Robert-Koch-Instituts (RKI) untersuchten für eine Studie im ehemaligen Corona-Hotspot Kupferzell ein Drittel der Bewohner. Jetzt liegt das Ergebnis der spannenden Studie in der baden-württembergischen Gemeinde vor.

Für die Kupferzeller ist es ein bedeutender Tag: Knapp drei Monate mussten sie sich gedulden, bis sie erfahren durften, wie die Corona-Studie ausgegangen ist.  Vom 20. Mai bis zum 9. Juni  hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) in Kupferzell im Hohenlohekreis mehr als ein Drittel der  erwachsenen Einwohner untersucht und befragt. Bei 2203 der 6300 Kupferzeller wurden Rachenabstriche durchgeführt und Blutproben entnommen. Außerdem befragten Teams die Freiwilligen zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen und Gesundheitsverhalten.

Corona-Studie in Kupferzell ein Erfolg

Als  das Robert-Koch-Institut jetzt in Kupferzell das Ergebnis seiner Studie präsentierte, war das Medieninteresse groß. Mehrere Sender übertrugen die Pressekonferenz des Landkreises Hohenlohe in der Carl-Julius-Weber-Halle live. Mit der Corona-Studie wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie viele Menschen infiziert sind, ohne Symptome zu entwickeln und wie oft die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt - und auch, ob sich Antikörper gebildet haben. Außerdem erhoffen sie sich Erkenntnisse über den Anteil der Infektionen ohne Symptome. Sie wollen zudem erfahren, welche Menschen häufiger betroffen sind und wie oft eine Erkrankung so schwer verläuft, dass Betroffene ins Krankenhaus müssen. Die Forscher wollen ermitteln, wie hoch die Dunkelziffer ist, also, wieviele  unerkannte Fälle aufgetreten sind.

  • Die Studie wies 3,9 Mal mehr Infektionen in Kupferzell nach als bislang bekannt waren. Projektleiterin Claudia Santos-Hövener vom Robert Koch-Institut betonte, dass sich die Zahl lasse aber nicht auf andere Städte und Gemeinden übertragen. "Die Dunkelziffer ist hier spezifisch für Kupferzell."
  • Bei 7,7 Prozent der  Einwohner wurden Antikörper nachgewiesen. Sie haben also eine SARS-CoV-2 Infektion durchgemacht. Bei Frauen entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler laut Studie mit 8,7 Prozent etwas häufiger Antikörper als bei Männern (6,7 Prozent).
  • Bei 28,2 Prozent der Erwachsenen, die im Fragebogen einen positiven SARS-CoV-2-Test angegeben hatten, nach eigenen Angaben also infiziert waren, konnten keine Antikörper nachgewiesen werden! " Die Projektleiterin utnerstrich: "Auch aus anderen Studien ist bekannt, dass bei einem Teil der Personen, die nachweislich mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert waren, nach einer gewissen Zeit keine Antikörper mehr nachgewiesen werden können. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass keine Immunität besteht."
  • 16,8 Prozent der Infizierten blieben ohne Symptome. Von allen untersuchten Personen mit einem positiven Antikörper-Nachweis hatten 83,2 Prozent mindestens eines der typischen Symptome von Covid-19: Fieber, Atemnot, Kurzatmigkeit, Lungenentzündung, Schnupfen, Husten, Schmerzen beim Atmen, Halsschmerzen, Geruchs- und Geschmacksstörung. 16,8 Prozent blieben symptomfrei.
  • Während der Studie in Kupferzell wurden keine neuen akuten Infektionen entdeckt. Das Infektionsgeschehen dort war offenbar zu Studienbeginn bereits eingedämmt.

Warum Kupferzell für die Corona-Studie ausgewählt?

Kupferzell galt als Corona-Hotspot: Bei einem Kirchenkonzert  mit dem Posaunenchor am 1. März hatten sich zahlreiche Menschen mit dem Corona-Virus angesteckt. "Das lokale Ereignis, also das Konzert, ließ uns gut nachvollziehen, ab wann und wie sich das Virus bei uns verbreiten konnte", nannte Bürgermeister Christoph Spieles im Interview mit KOMMUNAL den Grund. "Zum zweiten liegt die Gemeinde relativ isoliert im ländlichen Raum, was für die Studie hilfreich ist."

"Corona-Monitoring lokal": 8000 Menschen werden untersucht

Die Gemeinde  ist einer von vier besonders von der Corona-Pandemie betroffenen Orte in Deutschland, den das Robert-Koch-Institut für die bundesweite Studie auswählte.  Mit "Corona-Monitoring lokal" untersucht das RKI insgesamt 8000 Menschen.  Kupferzell machte den Anfang. Die Ergebnisse sollten eigentlich schon im Juli bekannt gegeben werden. Im oberbayerischen Bad Feilnbach ist die Untersuchung bereits abgeschlossen. Am 8. September wollen die Forscher die Studie im niederbayerischen Straubing fortsetzen. Der vierte Ort wurde noch nicht benannt.

Bürgermeister zeigt sich zufrieden

Kupferzells Bürgermeister Christoph Spieles sagte anlässlich der Präsentation der Ergebnisse zu KOMMUNAL: "Ich bin  froh, dass wir an der Studie teilnehmen durften." Was ihn gefreut habe: "Die Bereitschaft der Bürger war sehr hoch."

Er selbst hatte sich auch testen lassen. "Das ist doch eine spannende Sache - und hilft der Wissenschaft, mehr über das Corona-Virus zu erfahren", sagte Spieles. "Viele Menschen sind neugierig und wollen wissen, ob sie infiziert sind oder waren - und was sich in ihrem Körper getan hat, ohne dass sie es vielleicht gemerkt haben."

Kupferzell hatte bislang insgesamt 117 Corona-Fälle, die meisten Infektionen wurden Mitte März und im April gemeldet. Im Juli war nur eine Person an dem Virus erkrankt. Sie ist inzwischen genesen. Die Kontaktpersonen wurden ermittelt, bei keinem hatte sich der Verdacht der Ansteckung  bestätigt.

Wie lief die Corona-Studie ab?

Ein Drittel der Bewohner von Kupferzell bekam eine Einladung des Robert-Koch-Instituts. Das RKI hat die Personen anhand ihrer eigenen Vorgaben wie Alter und Geschlecht ausgewählt. Die  Adressen stellte die Kommune bereit, sie hatte das laut Bürgermeister Spieles zuvor datenschutzrechtlich abgeklärt. Wer freiwillig mitmachen wollte, füllte einen Fragebogen aus - und konnte sich über einen Link online einen Termin eintragen oder telefonisch zum Test anmelden. Er wurde in zwei eigens dafür ausgestatten Bussen des RKI und in unserer Carl-Julius-Weberhalle durchgeführt.

Landrat Neth: Erkenntnisse wichtig für Umgang mit Großveranstaltungen

Landrat Matthias Neth sagte, die Studie bestätige, dass die staatlichen Maßnahmen, die ergriffen wurden, richtig waren. Es handelte sich um einen geschlossenen Infektionskreis, die Behörden hätten keine weiteren Infektionsherde übersehen. "Über die rasche und konsequente Kontaktverfolgung konnten Neuinfektionen weitgehend verhindert werden", betonte Neth. Dass 16,8 Prozent der Infizierten keine Symtome zeigten, sei eine wichtige Erkenntnis im Umgang mit Großveranstaltungen.

Der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Professor Lars Schaade, stellte die Bedeutung der Studie für den Umgang mit dem Corona-Virus in Deutschland heraus. "Solche Studien sind wichtig, um das Virus besser zu verstehen", sagte er in der Pressekonferenz.