
Reform
Krankenhausplanung: Gericht kippt Entscheidung
Die Krankenhausreform beschäftigt derzeit Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen. In Nordrhein-Westfalen zeigt sich nun, wie umstritten die Umsetzung ist: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat zwei Entscheidungen im Rahmen des Krankenhausplans NRW gestoppt. Damit dürfen die betroffenen Kliniken in Neuss und Moers vorerst wichtige Leistungen weiter erbringen. Für viele Kommunen ist das Urteil von großer Tragweite – denn es geht nicht nur um medizinische Versorgung, sondern auch um Arbeitsplätze und die Zukunft ganzer Klinikstandorte.
Krankenhausreform und Krankenplanung: So entschied das OVG
In Neuss wollte die Bezirksregierung dem Krankenhaus die Leistungsgruppen 7.2 (Leukämie und Lymphome) und 15.1 (Thoraxchirurgie) nicht mehr zuweisen. Das Gericht sah diese Entscheidung kritisch:
Bei der Blutkrebsbehandlung fehle es an einer tragfähigen Bedarfsanalyse. Grundlage war das Jahr 2019, doch durch eine veränderte Zuordnung bestimmter Behandlungen stiegen die Fallzahlen 2022 deutlich an. Das Land habe zwar höhere Bedarfszahlen angesetzt, jedoch ohne nachvollziehbare Berechnungsmethode oder valides Zahlenmaterial. Eine mögliche Unterversorgung sei deshalb nicht ausgeschlossen.
Auch die Ablehnung der Thoraxchirurgie sei ermessensfehlerhaft. Das Neusser Krankenhaus weise nach den vorgelegten Kriterien einen Qualitätsvorsprung gegenüber dem ausgewählten Mitbewerber auf. Der Hinweis auf die geringere Versorgungsdichte im Gebiet des anderen Hauses genüge nicht, um die leistungsfähigere Klinik unberücksichtigt zu lassen.
In Moers ging es ebenfalls um die Leistungsgruppe 7.2 (Leukämie und Lymphome). Auch hier bemängelte das Gericht die Bedarfsanalyse und entschied zugunsten des Krankenhauses.
Signalwirkung für viele Kommunen
Die Beschlüsse sind unanfechtbar. Das bedeutet: Beide Häuser dürfen die Leistungen im bisherigen Umfang weiterhin erbringen und abrechnen. Für viele Kommunen hat die Entscheidung eine Signalwirkung. Aktuell sind allein beim OVG Nordrhein-Westfalen noch 27 weitere Verfahren anhängig, die sich gegen die Umsetzung des Krankenhausplans NRW 2022 richten, wie das Gericht mitteilte.
Dieser Krankenhausplan des Landes ist die Grundlage, nach der Leistungsgruppen verteilt werden. Gleichzeitig steht er in engem Zusammenhang mit der bundesweiten Krankenhausreform, die ab 2025 ebenfalls auf bundeseinheitliche Leistungsgruppen und Qualitätsvorgaben setzt. Die OVG-Beschlüsse machen deutlich: Entscheidungen über den Entzug von Leistungen müssen auf belastbaren Daten und transparenten Kriterien beruhen.
Krankenhäuser - Kommunen fürchten um Versorgung
Für die betroffenen Kommunen geht es nicht nur um medizinische Versorgung. Krankenhäuser sind große Arbeitgeber und wichtige Standortfaktoren. Ein Verlust von Leistungsgruppen bedeutet für Städte und Kreise meist auch einen Verlust an Attraktivität.
Mit den jüngsten Entscheidungen haben die Richter den Bezirksregierungen enge Grenzen gesetzt: Kürzungen ohne solide Datengrundlage halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Für Kommunen ist das ein wichtiger Hinweis im laufenden Reformprozess.
Aktenzeichen: Klinik Neuss: 13 B 316 /25 (I. Instanz VG Düsseldorf 21 L 521/25); Klinik Moers: 13 B 265/25 (I. Instanz VG Düsseldorf 21 L 574/25)
Krankenhausplan NRW und bundesweite Krankenhausreform – die Unterschiede
Was ist der Krankenhausplan NRW 2022?
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Seit 2022 regelt das Land Nordrhein-Westfalen mit einem eigenen Krankenhausplan, welche Kliniken welche Leistungsgruppen übernehmen dürfen.
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Ziel: Spezialisierung, Abbau von Doppelstrukturen und Sicherung der Qualität.
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Über die Umsetzung entscheiden die Bezirksregierungen. Dort werden Anträge der Krankenhäuser geprüft – und auch abgelehnt, wenn der Bedarf nach Ansicht der Behörden nicht besteht.
Warum klagen Krankenhäuser dagegen?
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Wenn eine Leistungsgruppe entfällt, verliert ein Krankenhaus nicht nur medizinische Aufgaben, sondern auch Einnahmen und Bedeutung.
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Viele Träger sehen die Entscheidungen der Bezirksregierungen deshalb als existenzielle Bedrohung an.
Und was ist die bundesweite Krankenhausreform?
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Sie gilt ab 2025 und basiert auf dem sogenannten Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG).
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Die Kernpunkte: bundesweit einheitliche Leistungsgruppen, stärkere Qualitätsvorgaben, mehr Vorhaltevergütung und weniger reine Fallpauschalen.
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Das Ziel: mehr Transparenz, bessere Versorgungsqualität und eine stärkere Steuerung der Kliniklandschaft.
Wo hängt beides zusammen?
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Das Land NRW setzt schon heute auf Leistungsgruppen.
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Mit der umstrittenen Krankenhausreform werden solche Vorgaben künftig bundeseinheitlich gelten.
Die beiden jüngsten OVG-Entscheidungen zeigen: Ob auf Landes- oder Bundesebene – Entscheidungen müssen auf nachvollziehbaren Bedarfsanalysen und klaren Kriterien beruhen.