Die ehemalige Prinz-Leopold-Kaserne in Regensburg
Die ehemalige Prinz-Leopold-Kaserne in Regensburg - auf einer Teilfläche wollte die Stadt eine neue Schule bauen.
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Verteidigung

Bundeswehr-Rückkehr: Die deutschlandweite Liste zum Umwandlungsstopp

Sicherheitsinteresse trifft Stadtentwicklung: Nachdem der Bund Projekte auf ehemals militärisch genutzten Flächen stoppen will, sollten Kommunen nicht aufgeben. Was jetzt zählt, sind Verhandlungsgeschick und Flexibilität. Bei uns finden Sie auch die Liste der betroffenen Liegenschaften im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als PDF zum Herunterladen.

Seit Monaten führen Vertreter Gespräche mit Kommunen in Deutschland. Es geht um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Die Städte und Gemeinden müssen sich darauf vorbereiten, bei einem möglichen Krieg Menschen Schutz und Hilfe zu bieten. Das ist seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine allen klar. Dennoch wurden viele Bürgermeister und Bürgermeisterinnen ganz offenbar von der Nachricht überrascht, dass die Bundeswehr nun auch jene Liegenschaften weiter nutzen möchte, die sie eigentlich aufgeben wollte. 

Bundeswehr will etwa 200 Liegenschaften nicht freigeben

Für viele Städte stehen mit dieser sicherheitspolitischen Entscheidung wichtige Vorhaben zur Disposition. Es sind 187 Standorte im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit Liegenschaften, die zumindest bis auf Weiteres doch nicht verkauft oder anderweitig genutzt werden dürfen. Damit werden jene Kommunen ausgebremst, die längst eigene Pläne entworfen, Investoren gesucht oder Bebauungspläne verabschiedet hatten. Entsprechend enttäuscht reagieren Kommunalpolitiker. Gerd Landsberg, Ehren-Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindetages, ein Unterstützer der Bundeswehr, zeigt Verständnis für beide Seiten. "Angesichts der aktuellen Bedrohungslage ist diese Entscheidung grundsätzlich nachvollziehbar", sagte Landsberg KOMMUNAL. "Die Bundeswehr muss handlungsfähig bleiben und benötigt dafür geeignete Standorte und Infrastruktur. Sicherheit hat in dieser Zeit Vorrang." Allerdings kritisiert auch er:  "Viele Kommunen sind in die Entscheidung offenbar nicht frühzeitig genug einbezogen worden."

NRW: Bundeswehr prüft 38 militärische Liegenschaften 

In Nordrhein-Westfalen sind 38 ehemals militärisch genutzte Liegenschaften vom Umwandlungsstopp betroffen, so das Bundesverteidigungsministerium. Die Auswirkungen treffen manche Kommunen schwer.

Beispiel Paderborn: Dort sollte auf dem bisherigen Gelände der Dempsey-Kaserne ein neuer Stadtteil entstehen, in dem sich auch Unternehmen ansiedeln sollten. Der Kaufvertrag sollte demnächst unterschrieben werden, nun liegt das Projekt auf Eis. Die Verhandlungen zum Ankauf des ehemaligen Kasernengeländes wurden ausgesetzt, nachdem die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Eigentümer der Fläche erklärt hat, sie prüfe, ob die Fläche weiterhin militärisch genutzt werden könne.

Mit Siegen trifft es eine Kommune, die schon weit war: Auf einem 18 Hektar großen ehemaligen Munitionsdepot der belgischen Streitkräfte sollte ein neues Quartier mit 220 Wohneinheiten entstehen. Seit 2020 arbeitet die Stadt an den Plänen – jetzt ist unklar, ob gebaut werden darf.

Schleswig-Holstein: mindestens 20 Liegenschaften betroffen

Mehr als 20 Liegenschaften im Eigentum der BImA stehen in Schleswig-Holstein auf der Umwandlungsverbots-Liste. Besonders betroffen ist die Gemeinde Leck im Landkreis Nordfriesland. Dort sind bereits über 20 Millionen Euro in die Entwicklung eines Gewerbegebiets auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorsts investiert. Bürgermeister Andreas Deidert sorgt sich jetzt um die Zukunftsinvestitionen seiner Gemeinde. Wie der NDR berichtete, sind auch Flächen in Neumünster, Kiel und Lübeck betroffen.

Bayern: 41 Standorte für militärische Zwecke geprüft

In Bayern stehen 41 Standorte auf der Liste, darunter vier aktive Liegenschaften: der Fliegerhorst Erding, der Fliegerhorst Fürstenfeldbruck sowie die Jäger- und die Grüntenkaserne in Sonthofen. Hinzu kommen 37 ehemalige Kasernen, Flugplätze und Munitionslager, etwa in Würzburg, Obermeitingen und Regensburg.

In Sonthofen sollten Flächen der Grünten- und Jägerkaserne für Wohnungen und Bildungsprojekte genutzt werden. Bürgermeister Christian Wilhelm überrascht die Entscheidung aber offenbar nicht. „Wir haben schon länger damit gerechnet, dass die Bundeswehr bleibt.“ Auch in Erding und Fürstenfeldbruck war darüber zuvor informiert worden.

In Regensburg wollte die Stadt auf einem Teil der Fläche der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne eine Grundschule bauen. Seit 2023 gibt es einen rechtskräftigen Bebauungsplan. Vorgesehen war ein neues Stadtquartier. Hier geht es zur Reaktion der Stadt.

 Baden-Württemberg: Neues Stadtviertel gestoppt

In Baden-Württemberg betrifft der Stopp 26 ehemalige Liegenschaften sowie eine aktive in Ulm. Betroffen sind unter anderem Flächen in Achern, Pforzheim, Rheinstetten, Schwetzingen, Heidelberg – und besonders in Ellwangen und Sigmaringen.

In Ellwangen sollte auf dem Gelände der ehemaligen Reinhardt-Kaserne ein neues Stadtviertel mit bis zu 1.800 Wohnungen entstehen. Die Pläne waren weit fortgeschritten und bereits vom Gemeinderat beschlossen. Oberbürgermeister Michael Dambacher spricht von einer „Zielgeraden“. Die Bundeswehr prüft, ob das Gelände wieder militärisch genutzt werden kann. Denn Ausbildung und Logistik braucht sie wieder mehr Flächen im Südwesten. Ellwangen gilt als strategisch interessant – die Entscheidung soll in diesem Jahr noch fallen.

Sigmaringen: Bürgermeister spricht von einer Chance

Doch nicht für alle Kommunen ist eine mögliche Rückkehr der Bundeswehr eine schlechte Nachricht. So sieht der Sigmaringer Bürgermeister Marcus Ehm darin eine "Chance für die Stadt“. Sigmaringen verfüge über hervorragende Voraussetzungen: einen Standortübungsplatz, einen Schießplatz, die Anbindung an die Bahn und freie Flächen für neue Ausbildungsgebäude. Auch die Bestandsimmobilien seien „innerhalb weniger Monate wieder herzurichten“. Über die Reaktionen der Kommunen in Baden-Württemberg berichtete auch :die gemeinde.

Anderswo hingegen sind Millionen Euro in Planung und Vorbereitung geflossen. Nun müssen Projekte neu gedacht, Fördergelder gesichert und Planungsverfahren gestoppt werden.

Was Kommunen jetzt tun können:

- Frühzeitig das Gespräch suchen: Erste Ansprechpartnerin bleibt weiterhin die BImA. Kommunen sollten klären, ob Übergangsnutzungen oder Teilfreigaben möglich sind.

- Kosten im Blick behalten: Planungsverträge, Gutachten und Förderanträge prüfen – ob Fristen verlängert oder Projekte umgewidmet werden können.

- Kooperationen prüfen: Interkommunale Zusammenarbeit kann helfen, Ersatzflächen für Wohn- oder Gewerbegebiete zu finden.

- Bürger und Bürgerinnen informieren: Frühzeitige Kommunikation verhindert Enttäuschung – gerade dort, wo Wohnraumbedarf groß ist.

"Verteidigungsministerium muss Lösungen mit Kommunen finden"

"Zahlreiche Städte und Gemeinden haben ihre Planungen für die zivile Nachnutzung bereits weit vorangetrieben und teilweise hohe Kosten aufgewendet", gibt DStGB-Ehrengeschäftsführer Gerd Landsberg, zu bedenken. "Hier erwarten wir, dass das Verteidigungsministerium gemeinsam mit den betroffenen Kommunen tragfähige und faire Lösungen findet. Je nach Lage und örtlicher Situation sind für ihn auch gemeinsame Projekten denkbar - etwa Wohnungen für Soldaten und zivile Angestellte der Bundeswehr. Landsberg betont: "Die Städte und Gemeinden waren und sind verlässliche Partner der Bundeswehr - im Alltag, bei Übungen und in der gemeinsamen Standortentwicklung. Dieses gewachsene Vertrauensverhältnis sollte auch jetzt Bestand haben, damit Sicherheitspolitik und kommunale Interessen nicht gegeneinander ausgespielt werden."

Der Umwandlungsstopp betrifft laut ARD 13 Liegenschaften, die die Bundeswehr noch betreibt. Dazu kommen die 187 Standorten im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, hier als PDF zum Herunterladen: