Was zeigt die Bundestagswahl für die Kommunalpolitik?

Seit Ende Januar liegen die Ergebnisse aus den 88.511 Wahlbezirken vor. Mit teils spannenden Befunden auch für die kommunale Politikebene, wie Forsa-Chef Manfred Güllner meint.

Der Anteil der Bürger, die in einem Wahllokal ihre Stimme abgeben wird immer geringer: In ganz Deutschland tat dies bei der Bundestagswahl 2017 nur noch etwas mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten. Über ein Fünftel wählte per Brief und rund ein Viertel ging gar nicht zur Wahl. Zwischen den drei Wahlgebieten der Republik (Bayern, den sonstigen alten und den neuen Ländern) zeigen sich dabei deutliche Unterschiede: In Bayern etwa wählte noch nicht einmal die Hälfte der weiblichen Wahlberechtigten in einem Wahllokal. In den neuen Ländern war der Anteil der Urnenwähler bei den Männern mit fast 60 Prozent am höchsten.

Trend zur Briefwahl geht weiter

Die Tendenz, nicht mehr im Wahllokal die Stimme abzugeben, dürfte sich in den nächsten Jahren weiter fortsetzen; denn von den 21- bis 29-jährigen Wahlberechtigten waren weniger als die Hälfte Urnenwähler. Die zunehmende Zahl von Briefwählern belastet die lokalen Wahlbehörden, denn die Organisation zur Auszählung der Briefwahlstimmen muss verstärkt werden, während die Zahl der Wahllokale nicht weiter reduziert werden kann, da sonst die Wege der Wahlberechtigten zum Wahllokal noch weiter würden als es heute vielerorts schon der Fall ist. Von der Möglichkeit der Briefwahl machen neben den jungen, 20- bis 29-jährigen Wahlberechtigten auch die älteren, über 60- und 70-Jährigen Gebrauch. Der Anteil der Frauen, die ihre Stimme per Briefwahl abgeben, ist in allen Altersgruppen größer als der der Männer – vor allem aber bei den 20- bis 29-Jährigen. Generell ist die Wahlbeteiligung der Frauen auch bei der Bundestagswahl im September letzten Jahres in allen Altersgruppen bis auf die über 60 bzw. 70 Jahre alten Wahlberechtigten höher als bei den Männern.

Überalterung bei den CDU-Wählern

Auffällig sind auch die starken regionalen Unterschiede bei den Briefwählern und deren unterschiedliche Anteile bei den einzelnen Parteistimmen. So gaben in Bayern mehr als doppelt so viele Wahlberechtigte ihre Stimme per Brief ab als in Sachsen-Anhalt. Und während fast 40 Prozent der Stimmen der CSU per Brief abgegeben wurden, lag der Anteil der Briefwähler bei den AfD-Wählern nur bei knapp 22 Prozent. Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen der Republik sowie zwischen den Geschlechtern und den Altersgruppen finden sich auch bei den Stimmen für die einzelnen Parteien. So erhält die Union mehr Stimmen bei den Frauen aller Altersklassen. Der Anteil der CDU/CSU-Wähler ist zudem bei den älteren Wahlberechtigten deutlich größer als bei den jüngeren. Die Union läuft somit Gefahr, dass ihr in den nächsten Jahren weitere Wähler durch Tod verloren gehen. Während es bei den Stimmen für die SPD sowohl im Osten wie im Westen keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, wird die AfD sowohl in den alten als auch den neuen Ländern von fast doppelt so vielen männlichen wie weiblichen Wahlberechtigten gewählt. Die FDP erhält von Männern mehr Stimmen als von Frauen, während die Grünen eher von Frauen als von Männern und eher von West- als von Ostdeutschen gewählt wurden. CDU, CSU und SPD haben den höchsten Anteil ihrer Wähler entsprechend unter den über 60-Jährigen. Die meisten Wähler in den mittleren Altersgruppen (35- bis 59-Jährige) haben die Grünen und die AfD gewählt. Der höchste Anteil der jungen, unter 35 Jahre alten Wähler ist bei FDP, Grünen und Linken zu finden.

Bundestagswahl zeigt drohendes Ende der Volksparteien

Alles in allem zeigen die Ergebnisse der aktuellen „Repräsentativen Wahlstatistik“, dass die beiden früher zu Recht als Volksparteien charakterisierten Parteien Union und SPD Gefahr laufen, zunehmend nur noch von älteren Wahlberechtigen, aber nicht mehr von jüngeren Wahlberechtigten gewählt zu werden. Das Ende der Volksparteien ist somit eine durchaus reale Gefahr. Die Befunde zeigen aber auch, dass der Wahltag schleichend entwertet wird und die Stimmabgabe zu etwas degradiert wird, das nebenbei erledigt werden kann. Gerade die kommunale Politikebene sollte deshalb bestrebt sein, beiden Entwicklungstendenzen entgegenzuwirken.