Robotik wird in der Pflege ein immer wichtigeres Thema. ©Sir Oliver/fotolia

Innovationen in der Pflege

23. Mai 2017
Digitalisierung und Medizin 4.0 bestimmen die versorgungspolitische Diskussion. In der Pflege stehen diese Themen weniger im Fokus. Dabei ist gerade dieser Bereich besonders stark vom demographischen Wandel betroffen. Florian Frensch erklärt, wie moderne Technik helfen kann.

Für viele Kommunen stellen Urbanisierung und zunehmende Überalterung auf dem Land eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Bereits heute ist die ambulante Pflege in einigen ländlichen Regionen nur schwer sicherzustellen. Gleichzeitig möchten ältere Menschen in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Benötigt werden intelligente Konzepte, die Pflegende entlasten und die Selbstständigkeit älterer Menschen stärken. Technische und digitale Innovationen können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Die Anzahl der ab 70-Jährigen ist laut Statistischem Bundesamt in den vergangenen zwanzig Jahren von 8 auf 13 Millionen gestiegen. Knapp 3 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, bis 2030 könnten es 4 Millionen sein. Aktuell werden rund 2 Millionen Pflegebedürftige zu Hause versorgt, etwa ein Drittel von ihnen zusammen mit oder vollständig durch ambulante Pflegedienste. Aufgrund des wachsenden Bedarfs prognostiziert das Bundesinstitut für Berufsbildung BiBB für das Jahr 2025 einen flächendeckenden Arbeitskräfteengpass für Pflege- und Gesundheitsberufe.

Florian Frensch leitet den Bereich New Business Development bei der Philips GmbH. ©Florian Frensch

Etwa 30 Prozent der über 65-Jährigen und 56 Prozent der 90- bis 99-Jährigen stürzen einmal pro Jahr. Mit Notruflösungen können ältere Menschen schnell und unkompliziert Hilfe rufen. Das gibt ihnen Sicherheit, mit der sie länger in den eigenen vier Wänden leben können. Die Systeme werden bereits ab dem Pflegegrad 1 von der Pflegekasse bezuschusst. Inzwischen sind auch Notruflösungen mit automatischer Sturzerkennung und zum mobilen Einsatz verfügbar. Wichtig bei einer automatischen Sturzerkennung ist, dass Stürze zuverlässig erkannt und möglichst wenige Fehlalarme auslöst werden. Mobile Notrufsysteme sollten neben dem Mobilfunknetz auf zusätzliche Technologien zurückgreifen, um die vom Nutzer zurückgelegte Wegstrecke auch bei eingeschränktem Mobilfunkempfang ermitteln zu können. Zusätzlich zur schnellen Hilfe sind die Vermeidung von kritischen Situationen und das frühzeitige Eingreifen bei Verschlechterungen des Gesundheitszustands wichtig. Technische Geräte können durch die Kombination der Hausnotrufdaten mit Informationen aus der individuellen Krankengeschichte das Risiko einer Krankenhauseinweisung innerhalb der nächsten 30 bis 90 Tage ermitteln. In Verbindung mit der mobilen Notruflösung ist zusätzlich eine Prognose des Sturzrisikos möglich. Damit bietet das System die Möglichkeit einer gezielten Risikoprävention und Leistungssteuerung in der ambulanten Pflege. Im Hinblick auf die Lebensqualität der Nutzer und die Versorgungskosten ist dabei insbesondere die Vermeidung von teuren und belastenden Krankenhauseinweisungen durch rechtzeitiges Gegensteuern relevant.

Geräte können die Pflege verbessern

Durch mangelnde Adhärenz entstehen laut einer Studie von IMS Health jährliche Kosten von knapp 13 Milliarden Euro. Gerade für ältere Patienten ist die Einnahme ihrer Medikamente nicht immer einfach. In der ambulanten Behandlungspflege binden das Stellen und die Gabe von Medikamenten einen erheblichen Anteil der personellen Ressourcen. Medikamentenspender unterstützen Patienten bei der regelmäßigen und korrekten Medikamenteneinnahme und entlasten das Pflegepersonal. Die Geräte geben individuell Medikamente aus, sobald es Zeit für die Einnahme ist. Wird eine Einnahme vergessen, informiert das Gerät den ambulanten Pflegedienst oder Angehörige. Beim betreuten Wohnen ist ein fester Ansprechpartner im kontinuierlichen Kontakt mit den Bewohnern eines Hauses. In einer Umfrage von TNS Emnid war jedoch nur ein Drittel der Befragten bereit, zwecks altersgerechtem Wohnen umzuziehen. Forscher sitzen bereits an Konzepten, die die Vorteile betreuten Wohnens zu den Menschen bringen, ohne dass diese ihre vertraute Umgebung aufgeben müssen. Dafür könnten Lösungen wie Hausnotruf, CareSage und Medikamentenspender mit weiteren Technologien in einem digitalen Pflegekonzept zusammengeführt werden. Die technische Unterstützung macht es möglich, virtuell Nähe zu den Nutzern herzustellen, und einen „Kümmerer“ häuserübergreifend in einem Quartier zu etablieren.