Wissensmanagement in der Verwaltung

23. November 2017
Unser Wissen soll sich künftig alle 12 Stunden verdoppeln. Dank moderner Technik. Aber macht uns mehr Wissen auch wirklich klüger? Und was ist mit dem Wissensschatz der Verwaltungen in den Kommunen? Geht es im Zeitalter der Personalknappheit nicht eher um Wissenserhalt oder Bewahrung? Im KOMMUNAL-Gastbeitrag setzt sich Anika Krellmann von der KGSt kritisch mit diesen Fragen auseinander.

Wissensmanagement heißt Wissen teilen

Wissen optimal managen bedeutet, dass den Mitarbeitenden Kenntnisse und Fähigkeiten dann zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden, Erfahrungen geteilt und weiterverwertet werden. Viele Kommunen treibt aktuell die Frage um, wie sie ein solches Wissensmanagement realisieren können. Denn zum einen bestimmt die Digitalisierung zunehmend den Alltag in unserer Gesellschaft, sie bietet den Menschen Chancen, stellt sie aber auch vor Herausforderungen. Zum anderen blicken Verwaltungen in das Antlitz einer die Gesellschaft prägenden Veränderung: der demografische Wandel. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, braucht es ein ganzheitliches Wissensmanagement in Kommunalverwaltungen. Schließlich geht es dabei um ein Handlungsfeld, das von allen Disziplinen und Fachbereichen ausgestaltet werden muss. Dementsprechend muss es sich in jeder Fachstrategie wiederfinden. Es reicht nicht, einen Beauftragten für Wissensmanagement zu bestellen und zu hoffen, dass dieser es schon richten wird. Die Kultur und Bereitschaft dafür, Wissen zu teilen muss von Führungskräften vorgelebt und von allen Mitarbeitenden eingefordert und umgesetzt werden. Die Ziele eines Wissensmanagements werden darüber hinaus nur erreicht, wenn sämtliche Wissensprozesse in den Blick genommen werden: Wissen identifizieren, erwerben, entwickeln, teilen, nutzen und bewahren.

Aktuell fokussieren sich viele Verwaltungen im Zuge der altersbedingten Personalfluktuation auf die Wissensbewahrung. Mit Hochdruck arbeiten sie daran, das für ihre Prozesse notwendige Wissen zu identifizieren und zu konservieren. Austrittsinterviews, Mentoring, altersheterogene Teams, überlappende Nachbesetzungen und andere Methoden sollen verhindern, dass relevantes Wissen verloren geht. Das ist zwar richtig und wichtig, aber letztlich nur ein „Pflaster“ und ein Tropfen auf dem heißen Stein. Zielführender und nachhaltiger ist es, auch an den täglichen Arbeitsprozessen anzusetzen und dafür zu sorgen, dass der demografische Wandel die Verwaltung gar nicht erst derart in die „Bredouille“ bringt. Kommunalverwaltungen sollten sich vor diesem Hintergrund vermehrt mit einem prozessintegrierten und kollaborativen Wissensmanagement auseinandersetzen.
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist es, den „Information Overload“ in den Griff zu bekommen. Denn dieser kann die Arbeitsleistung hemmen, Prozesse lähmen und auf diese Weise die Arbeitsergebnisse sogar verschlechtern. Mitarbeitende erleben täglich, dass Informationen ohne Ende auf sie einprasseln, sowohl in digitaler als auch in analoger Form: Vom „schwarzen Brett“ über das Intranet, die täglichen Umläufe und das Postfach. Die Relevanz der vielen Informationen für die eigentliche Arbeit zu prüfen, sie aufzunehmen und im besten Fall zu Wissen weiterzuverarbeiten, ist mühsam, zehrt an den Ressourcen und sorgt für Ablenkungen vom Wesentlichen. Auch wenn die Digitalisierung einerseits dazu verleitet, zu viele vermeintlich relevante Informationen aufzusaugen, so liefert sie an anderer Stelle Lösungen. Mit Hilfe „künstlicher Intelligenz“ können beispielsweise relevante Informationen identifiziert und adressatengerecht aufbereitet werden. Der Informationswust wird dadurch zumindest in Teilen beseitigt und das für die Prozesse erforderliche Wissen kann dann genutzt werden, wenn es gebraucht wird. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz könnte beispielsweise schon am digitalen Posteingang ansetzen, der aufgeräumter, strukturierter und mit Reaktionsvorschlägen daher kommt. Ein intelligentes Informationsmanagement ist also eine wichtige Grundlage für das Managen und Nutzen von Wissen.

Wissen teilen muss vorgelebt werden

Damit relevantes Wissen möglichst allen zur Verfügung steht, die es brauchen, muss es geteilt werden. Betrachtet man unsere digital geprägte Gesellschaft, sollte das kein Problem sein. Wir leben in einer „Sharing Community“! Ob Auto, Haus oder kreative Wohnideen – die Menschen haben das Teilen im Zeitalter der Digitalisierung für sich entdeckt. Car Sharing-Angebote, Airbnb und diverse Social Media sind Beispiele dafür. Aber teilen wir auch unser Wissen? Innerhalb der Verwaltung sind Netzwerk-, Austausch- und Kollaborationsplattformen noch nicht verbreitet und häufig bleiben zunächst die erhofften Wirkungen aus. Das zeigt, dass es gerade für ein kollaboratives Wissensmanagement Rahmenbedingungen braucht, eine entsprechende Haltung und die richtige Kultur. Diese entwickeln sich nicht von heute auf morgen. Erst wenn die Mitarbeitenden einen konkreten Nutzen erkennen und erfahren, dass sie Probleme schneller und besser lösen können sowie Vorteile aus der zunehmenden Vernetzung ziehen, wird ein prozessintegriertes und kollaboratives Wissensmanagement gelingen.
Wissen teilen muss zu einem Erlebnis werden. Das passiert dann, wenn für Projekte schneller Menschen mit den benötigten Kompetenzen gefunden werden, wenn Fragen in kurzer Zeit von ganz unterschiedlichen Wissensträgern beantwortet werden, wenn neue Impulse aus dem Netzwerk Ideen wecken und zu Innovationen führen, wenn virtuell und gemeinschaftlich Arbeitsergebnisse entstehen oder wenn die Nutzer über Feedback-Prozesse erfahren, wie wertvoll das eigene Wissen für die Verwaltung ist. Auch diese Prozesse können mit Hilfe neuer Technologien, z. B. über intelligente Suchmechanismen, unterstützt werden. Motivieren können auch Gamification-Ansätze, die „spielerisch“ an neue Formen der Wissensteilung heranführen. Die nutzerorientierte Gestaltung von Plattformen für den Wissensaustausch ist ein wesentliches Erfolgskriterium für deren Einsatz.
Verändert haben sich auch die Lernprozesse, etwa durch das sogenannte Mikrolernen, also das Lernen in kleinen Einheiten. Diese Lernform machen sich heute schon Entwickler von Lern-Apps zu Nutze. Sie versprechen aber auch ein neues Lernerlebnis „on-the-job“ und zwar im Prozess, genau dann, wenn Wissen benötigt wird. Das Wissensmanagement hat sich im Zeitalter der Digitalisierung verändert. Zum einen wächst der Anspruch an das kommunale Management, die zugehörigen Prozesse, auch mit neuen Werkzeugen, so zu gestalten und zu flexibilisieren, dass sie die Mitarbeitenden individuell ansprechen. Nur dann wird der Wissensschatz der Verwaltung effizient und effektiv weiterentwickelt, genutzt und bewahrt. Zum anderen gilt es, das Daten- und Informationsmanagement zu optimieren, damit ein nachhaltiges Wissensmanagement realisiert werden kann.

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