Erneuerbare Energie
Flächenpooling für Windkraft: Wertschöpfung vor Ort halten
Die Wertschöpfung vor Ort halten - das ist ein wichtiges Ziel für Kommunen bei der Ansiedlung von erneuerbaren Energien. Eine Möglichkeit dazu bietet besonders im Falle von Windkraft-Projekten das sogenannte Flächenpooling. Potenzialflächen gehören häufig unterschiedlichen Akteuren. Gehört einer Kommune ein Teil einer Potenzialfläche oder hat sie die Möglichkeit einen Teil zu erwerben, sollte sie alle Eigentümer an einen Tisch holen und die betroffenen Grundstücke in einem Pool bündeln.
Warum Flächenpooling?
Flächenpooling bietet Kommunen so eine wirkungsvolle Möglichkeit, die Chancen der Windenergie vor Ort zu nutzen und zugleich Planungs- sowie Akzeptanzprozesse zu erleichtern. Durch die Bündelung geeigneter Flächen in einem koordinierten Verbund können regionale Akteure eine strategischere und effizientere Steuerung des Windkraftausbaus erreichen. So kann verhindert werden, dass externe Unternehmen die Windkraft-Projekte an sich nehmen und damit auch die Wertschöpfung aus der Region abziehen.
Das Modell des Flächenpooling fördert nicht nur eine gerechtere Verteilung von Einnahmen und Lasten, sondern erhöht auch die Planungssicherheit für Verwaltung, Politik, Flächeneigentümer und Projektierer. Zudem ermöglicht Flächenpooling eine transparente, übergeordnete Betrachtung von Landschaftsbild, Naturschutz und Infrastruktur, sodass Windenergievorhaben besser aufeinander abgestimmt werden können. Soweit die Theorie.
Flächenpooling in der Praxis: Im Kreis Steinfurt funktioniert es
Ralf Marpert ist zuständig für den Bereich Wind im gemeinnützigen Verein "Energieland 2050". Der Verein wurde gegründet, um den Kreis und seine Städte und Gemeinden zusammen mit etwa 150 Unternehmen in Sachen Energiewende und Klimaneutralität zu unterstützen. Flächenpooling stand von Anfang an auf der Agenda. Ralf Marpert unterstreicht: "Wir nutzen Flächenpooling, weil wir es für richtig halten, alle Flächen mit Windkraft-Potential im Blick zu haben, möglichst früh alle Beteiligten an einen Tisch zu setzen und einen Pool-Pachtvertrag mit den entsprechenden Parzellenbesitzern auszuhandeln - fair und transparent. Damit vermeiden wir ein Rattenrennen um die besten Filetstücke." Dazu passt, dass kein Konzern von auswärts im Kreis Steinfurt Fuß fassen konnte. Kreis und Verein sind theoretisch zwar offen für Investoren, aber die Konditionen sind denkbar ungünstig für Unternehmen, die hauptsächlich an Profitmaximierung interessiert sind. Ralf Marpert: "Wir verlangen in unseren Leitlinien etwa, dass Investoren einen Sitz in unserem Landkreis haben müssen. Das passt schon von vorneherein nicht in deren Art Geschäftsmodell. Stattdessen nehmen wir lieber die kommunalen Stadtwerke mit ins Boot. In den neuen Bundesländern ist das oft anders. Dort betreiben auswärtige Investoren viele Windparks, mit dem Resultat, dass die Wertschöpfung abfließt. Das ist schlecht für Kreise, Kommunen und Bürgerschaft gleichermaßen - und das ist schlecht für die Akzeptanz dieses Energielieferanten."
Welche Vorteile Flächenpooling noch hat
Ralf Marpert unterstreicht: "Wenn Investoren beteiligt sind, dann läuft es oft nach einem Muster ab: Der Konzern schnappt sich forsch ein Filetstück und zahlt an diesen einen Landwirt horrende Pachtzahlungen. Aber erst danach wird entschieden, ob sich eine Anlage rechnet. Ist das nicht der Fall, zieht der Großplayer einfach weiter. Wir zahlen lieber weniger Pacht an viele Beteiligte und alle profitieren. Natürlich ist es aufwändiger, 500 Beteiligte zu verwalten. Aber für uns lohnt sich das." Ein weiterer Vorteil von Flächenpooling: Wenn ein einziger Landverpächter den Konzern zufriedenstellt, dann handelt er oder sie sich oft den Unmut der Gemeinschaft ein. Die Folge: Es brodelt in den Kommunen und Widerstand macht sich breit. "Natürlich können auch wir nicht jeden einzelnen für die Projekte gewinnen, aber das Gros der Gesellschaft ist mit an Bord."
Bürgerbeteiligung und finanzielle Vorteile
Ganz wichtig: Wo in Steinfurt Bürgerwindpark draufsteht, da ist auch viel Bürgerbeteiligung drin. Zwischen 1.000 und 25.000 Euro konnten interessierte Bürgerinnen und Bürger einbringen und natürlich werden sie entsprechend ihrer Einlagen auch am Gewinn beteiligt. Die überwiegend aus privater Hand kommenden Flächen werden nach wie vor landwirtschaftlich genutzt. So entsteht für die Landwirtinnen und Landwirte ein attraktives finanzielles Zubrot, zumal der Kreis Steinfurt eine windreiche Region ist. "Was allerdings viele nicht wissen: Der Wind schwankt auch schon mal zwischen 30 Prozent weniger und 30 Prozent mehr. Am besten lassen sich die Investitionen in Windparks mit der Börse vergleichen. Ausreißer nach oben oder unten gibt es immer. Auf lange Sicht rechnet sich das Engagement aber." Auch für die Kommunen. Ralf Marpert unterstreicht: "In einer Kommune mit gerade einmal 8.000 Einwohnern verbucht die öffentliche Hand Mehreinnahmen von mehreren 100.000 Euro im Jahr." Keine schlechte Finanzspritze in diesen angespannten Zeiten. Der Kreis profitiert durch die Kreisumlage.
Naturschutz? Im Kreis Steinfurt wird der konsequent mitgedacht
Der Kreis Steinfurt ist ein Kreis mit sehr wenig Wald. Schon deshalb bleiben bewaldete Gebiete außen vor, wenn es um die Potenziale von Windparks geht. Natürlich sind auch Windräder in Naturschutzgebieten kein Thema. Wo Windparks entstehen, gibt es im Kreis Steinfurt einen Ausgleich auf anderen Flächen. "Wir arbeiten eng mit Naturschutzverbänden wie dem BUND und dem NABU zusammen", erklärt Ralf Marpert. "Und das in einem guten Einvernehmen. Der Schutz der Natur ist ebenso wichtig wie die Klimaneutralität der Zukunft. Ein Teil unserer Erträge fließt deshalb auch in den Naturschutz zurück."

Wie gut der Kreis Steinfurt in Sachen erneuerbare Energie bereits aufgestellt ist, zeigt ein Blick auf den Energiemonitor, eingesehen am 1.12.2025 um 13:38 Uhr: 87.122 Kilowattstunden wurden zu diesem Zeitpunkt in der Region produziert, verbraucht wurden von Industrie und Gewerbe sowie Kommunen und Privatleuten 107.599 Kilowattstunden. Weniger erstaunlich als die selbst in der Region produzierte Strommenge ist ihre Herkunft.
- Biomasse 8.376 kWh
- Photovoltaik 26.531 kWh
- Wasserkraft 31 kWh
- Windkraft 52.051 kWh
- Weitere 132 kWh
- 11 Bürgerwindparks im Kreis Steinfurt mit 83 Windenergieanlagen
- 3.500 Beteiligte
- 300 Windenergieanlagen insgesamt
- 500 Mio. kWh sauberer Strom jährlich
- 200 Mio. Kilogramm CO2-Einsparung im Jahr
- 300 Mio. Euro Investitionen
Und das leistet aktuell Deutschland in Sachen Erneuerbare



