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  3. Kleine Gemeinde wird zum Vorbild für die Energiewende
Landrat Volker Boch (links) und Klimaschutzmanager Frank-Michael Uhle
Landrat Volker Boch (links) und Klimaschutzmanager Frank-Michael Uhle mit den stolzen Zahlen einer gelungenen Energiewende.
© Rhein-Hunsrück-Kreis

Klimaschutz

Kleine Gemeinde wird zum Vorbild für die Energiewende

von Annette Lübbers
Reporterin
9. Mai 2025
Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg? Im Rhein-Hunsrück-Kreis zeigt ein kleines Dorf, dass beides zusammengeht. Dank kluger Investitionen in Windkraft und regionaler Entwicklung hat sich Mörsdorf vom strukturschwachen Ort zur Vorzeigegemeinde gewandelt.

Mörsdorf im Rhein-Hunsrück-Kreis: Die kleine Ortsgemeinde ist Teil der Verbandsgemeinde Kastellaun und zählt gerade einmal etwas mehr als 600 Bewohner. Hier gibt es keinen Leerstand, die neuen Bauplätze sind zum größten Teil verkauft und innerhalb der letzten 10 Jahre wurden 35 gemeindliche Arbeitsplätze geschaffen. 2014 gab es nicht einen einzigen. Weitere Errungenschaften: Der Tourismus wurde mit einer Hängeseilbrücke in Schwung gebracht, die zusätzlichen Einnahmen in Projekte für Familien mit Kindern investiert. 

Mörsdorf unterhält, eher die Ausnahme, eine kleine eigene Grundschule in Trägerschaft der Gemeinde und es gibt eine kostenlose Nachmittagsbetreuung mit kostenlosem Mittagsessen für die Kinder. Gerade wird ein Kindergarten neu gebaut, in dem dann auch die Seniorinnen und Senioren sich zu einem täglichen, gemeinsamen Mittagessen verabreden können. Ortsvorsteher Marcus Kirchhoff unterstreicht: "Alles in allem ist unser bis vor kurzem eher ,sterbendes' Dorf sehr lebendig und insbesondere für junge Familien lebenswert geworden." 

Energiewende in Mörsdorf: Windkraft als Erfolgsmodell

Dennoch glaubt der Ortsvorsteher nicht, viel zum Erfolg in Sachen Energiewende beigetragen zu haben. "Wir haben lediglich die hohen Pachtangebote für Windräder auf Gemeindeland genutzt und tun es noch, um diese erheblichen Summen für unsere Gemeinde sinnvoll einzusetzen." Dieser Meinung ist Frank-Michael Uhle eher nicht. Er ist Klimaschutzmanager in der Kreisverwaltung in Simmern. "Auch wenn die Pachteinnahmen im Mittelpunkt des Interesses des Mörsdorfer Gemeinderates stand, so ist dennoch festzuhalten, dass dank der Windkraft in der Gemarkung Mörsdorf heute 41 Mal so viel Strom produziert wird, wie der gesamte Ort verbraucht. Insofern würde ich schon davon sprechen, dass die Gemeinde sich mit besonderem Verve um den Klimaschutz verdient gemacht hat, auch wenn die Regionalentwicklung die ursprüngliche Motivation war und ist."

Die Hängeseilbrücke hätte es ohne die Einnahmen aus der Energiewende nicht gegeben. Rechts Ortsvorsteher Marcus Kirchhoff.

CO₂-Ausstoß bei null

Apropos Regionalentwicklung. Der Rhein-Hunsrück-Kreis galt lange als strukturell eher "schwach auf der Brust". Mittlerweile hat die Energiewende viel Geld in die Kassen gespült. Darüber freuen sich nicht nur Bürger, sondern auch die Natur und das Klima: Der Ausstoß des klimafeindlichen CO₂ liegt in diesem Kreis bei null, während 1990 104.000 Einwohner in 137 Gemeinden noch 682.000 Tonnen jährlich in die Luft geblasen haben. Damals musste der gesamte Strombedarf im Kreis importiert werden. Fünf Jahre später stand dann das erste Windrad. 

Energiewende in Zahlen 

  • 285 Windräder erzeugen im Rhein-Hunsrück-Kreis Strom für mehr als 400.000 Haushalte. 
  • 2023 wurde in einer Mischung aus Biomasse, Photovoltaik und Windkraft bilanziell etwa 390 Prozent des eigenen Strombedarfes im Kreis erzeugt. 
  • 17 kommunale Nahwärmeverbünde versorgen Häuser auf Basis von Restholz aus den Wäldern. 
  • 2 Nahwärmenetze funktionieren auch mit Unterstützung von Solarthermie. 
  • Rund 10 Millionen Liter Heizöläquivalent konnten in den Schulzentren durch Baum- und Strauchschnitt ersetzt werden. Das Ergebnis: 7 Millionen Euro Wertschöpfung und etwa 23.000 Tonnen CO₂-Einsparung.
  • Seit vier Jahren werden alle anfallenden organischen Abfälle selbst verwertet. 
  • Ebenfalls seit 4 Jahren gibt es eine europaweit beachtete Bioabfallvergärungsanlage. Die Anlage produziert jährlich etwa 4,5 Millionen Kilowattstunden Strom und etwa 4 Millionen Kilowattstunden Wärme plus etwa 10.000 Kubikmeter hochwertigen Flüssigdünger für die heimische Landwirtschaft. 

"Damit ist der Rhein-Hunsrück-Kreis nach Einschätzung namhafter Experten als erster Landkreis im deutschen Binnenland in den Sektoren Wärme, Strom und Abfall bilanziell CO₂-neutral geworden", heißt es aus dem Landratsamt. Dabei war die Ausgangslage alles andere als gut: 1990 bliesen 104.000 Einwohner in 137 Gemeinden noch 682.000 Tonnen jährlich in die Luft. Und auch die Arbeitslosenquote ist mit der Energiewende signifikant gesunken: Betrug diese vor 30 Jahren noch 8,3 Prozent, sind es derzeit gerade noch 3,6 Prozent.  

Diese Bioabfallvergärungsanlage im RHK zieht viel Interesse auf sich.

  Arbeitsplätze und Lebensqualität: Wie Klimaschutz die Region stärkt

Beeindrucken könnte so manchen kommunalen Mitarbeiter auch die finanzielle Entwicklung, die der Kreis durch die Energiewende genommen hat: "Zusammen mit dem Westerwaldkreis hat der Rhein-Hunsrückkreis mit 20 Prozent des Landesdurchschnittes die niedrigste kommunale Verschuldung in Rheinland-Pfalz. Viele Gemeinden sind schuldenfrei und verfügen über finanzielle Rücklagen in Höhe von 135 Millionen Euro. Die Basis für die soliden Kommunalfinanzen liegt in erster Linie in einer leistungsstarken mittelständischen Wirtschaft begründet. Die Einnahmen aus der dezentralen Energiewende haben wesentlich zur Entschuldung der Kommunen beigetragen", vermeldet die Kreisverwaltung. Und Klimaschutzmanager Frank-Michael Uhle unterstreicht: "Die dezentrale Energiewende und damit verbundene Regionalentwicklung im Rhein-Hunsrück-Kreis stößt auf großes nationales und internationales Interesse. Mittlerweile waren Fachbesucher aus 83 Nationen bei uns zu Gast, um sich für die eigene regionale Energiewende Inspirationen zu holen."  

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  • Energie Klimaschutz

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