
Preisverfall bei Altpapier
Deutschlands Müllgebühren könnten bald steigen
Vorbei die Zeiten, in denen sich für die kommunalen Müllentsorger mit Altpapier die Kosten für die Müllgebühren deutlich senken ließen. Denn viele Landkreise und Städte haben in der Vergangenheit die meist nicht kostendeckenden Bereiche wie Restmüll oder Sperrmüll mit den Einnahmen aus dem Altpapier quersubventioniert. Wie dramatisch der Preisverfall ist, zeigt etwa der aktuelle Preis für Zeitungspapier. Im Jahr 2018 bekamen Entsorger dafür auf den internationalen Märkten im Schnitt 163 Euro je Tonne. Ein guter Preis. Aktuell liegt der Preis bei nur noch gut 120 Euro - Tendenz: Weiter stark fallend. Auch bei anderen Sorten von Altpapier sieht es nicht viel besser aus. Beispiel: Kaufhaus-Altpapier. 96 Euro je Tonne betrug der Preis vor einem Jahr, aktuell sind es 63 Euro, ein Einbruch um ein Drittel. Geld, das den Kommunen nun fehlt und für das es andere Einnahmequelle braucht - diese kann realistisch nur aus Gebührenerhöhungen resultieren.
Altpapier macht rund 15 Prozent des Gesamtmülls aus
Rechnet man das Haushaltsmüllaufkommen der Deutschen, so nimmt Altpapier eine immer wichtigere Rolle ein. Die Versandhändler mit ihren Papp-Verpackungen lassen grüßen. Rund 15 Prozent machen Papier, Pappe und Karton an der jährlichen Menge von 455 Kilogramm Müll je Einwohner aus. Das sind also rund 67 Kilo pro Person und Jahr.
Doch wie kommt es zu dem Verfall des Preises? Die Antwort ist recht einfach: Es ist viel zu viel Altpapier im Umlauf. Und das liegt wiederum an einem faktischen Importstopp von einer ganzen Reihe von Ländern in Asien, allen voran in China. Das Land war bisher der mit Abstand größte Abnehmer von Altpapier. Doch das Land hat beschlossen, nur noch Papier mit minimalen Fremdstoffen (unter 0,5 %) anzukaufen, was faktisch nie erreicht wird. Das Ergebnis: Deutschland importiert deutlich mehr Papier, als es exportiert. Importen von 5 Millionen Tonnen stehen Exporte gegenüber, die nur halb so groß sind. Das Ergebnis ist eine Altpapier-Flut in Deutschland. Die Preise sind im freien Fall.
Altpapier wird in Kommunen trotzdem weiter abgeholt
Erste Kommunen sind bereits dazu übergegangen, aufgestellte Altpapiercontainer abzubauen. Häufig wird das mit Ordnungsaspekten wie Müllbergen rund um die Container begründet. Die große Menge an Altpapier stellt aber die Städte und Gemeinden grundsätzlich vor die Aufgabe, das Papier noch wieder loszuwerden. Denn auch gewerbliche Händler haben mit der Entsorgung immer häufiger Probleme, stellen ihr Altpapier an die Container in den Kommunen. Anders als bei den Haushalten ist nämlich die Papierentsorgung bei Gewerbebetrieben komplett privatwirtschaftlich organisiert.
Trotzdem heißt es beim Verband der Kommunalen Unternehmen "Niemand muss Sorge haben, dass die Tonnen stehen bleiben", so Verbands Vize Hasenkamp jüngst in der Zeitung "Welt". Das sei gesetzlich abgesichert. Aber eben nur für Privathaushalte, nicht für Gewerbetreibende.
Trotzdem könnte es in zahlreichen Kommunen zu erhebllichen Problemen bei der Abholung kommen. Denn in den Jahren, in denen Altpapier viel Geld einbrachte, haben zahlreiche private Unternehmen zusätzlich Altpapier abgeholt. Deshalb sind sogar diverse Kommunen vor Gericht gezogen. Dort jedoch verloren sie. Per Gesetz ist es seither Privaten Dienstleistern erlaubt, Altpapier abzuholen. Über den Prozess und das Urteil haben wir In KOMMUNAL HIER ausführlich berichtet.
Mit Spannung erwarten nun einige Städte und Gemeinden, ob diese privaten Anbieter auch noch Altpapier abholen, wenn sich das Geschäft nun nicht mehr lohnt. Oder ob sie sich zurückziehen. Eins jedenfalls scheint klar: Sowohl der Städte- und Gemeindebund als auch der Verband der kommunalen Unternehmen erwartet, dass sie Müllgebühren steigen werden, sollte sich dieser Trend der Altpapierflut bei gleichzeitiger Nichtannahme in Asien nicht sehr schnell wieder umkehren. Und danach sieht es im Moment nicht aus.