
Wohnungsbau
„Bau Turbo“: Kommunen bleiben skeptisch
„Selbst wenn das Stadtoberhaupt für den „Bau-Turbo“ ist und Flächen schneller freigeben will, muss es in seiner Kommune die Mehrheit dafür finden. Da droht politisches Hick-Hack.“ Diese Worte kommen vom Präsidenten des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmer, Dirk Salweski. So geäussert am Wochenende gegenüber dem Handelsblatt.
Worte, denen sich im Gespräch mit der Zeitung auch die Kieler Stadträtin Doris Grondke anschließt und ergänzt: "Mit den Bedenken etwa der Anwohner müssen wir uns natürlich trotzdem befassen". Auch brauche es weiterhin umweltrechtliche Gutachten. „Wenn wir dann bei zwölf Monaten landen, ist es trotzdem schnell.“
Warum die Umsetzung des Bau-Turbos häufig scheitern könnte
Dirk Salewski vom Bundesverband der Immobilien- und Wohnungsunternehmen sieht noch einen anderen Grund: Die Umsetzung scheitere oft an der Finanzierbarkeit. Wichtiger wäre es aus seiner Sicht, die Baukosten einzudämmen. Dazu müssten die Förderprogramme neu sortiert und vereinfacht werden, außerdem erinnert er an das Versprechen der Regierung, den Gebäudetyp E stärker in den Fokus zu nehmen. Er soll rechtssicheres Bauen mit einfachen Standards ermöglichen.
Was der Bau-Turbo bewirken soll
Mit dem neuen § 246e BauGB erhalten Städte und Gemeinden die Möglichkeit, bei Umbauten, Aufstockungen, Nachverdichtungen oder Neubauten temporär von bestimmten planungsrechtlichen Vorgaben abzuweichen und Genehmigungen innerhalb von nur zwei Monaten zu erteilen – aktuell dauern Verfahren oft fünf Jahre. Diese Befristung bis Ende 2030 soll Flexibilität schaffen, gerade im dicht bebauten Innenbereich und auf der „grünen Wiese“.
Darüber hinaus ist das Ziel eine Lockerung bei bestehenden Bebauungsplänen (§ 31 Abs. 3 BauGB), Erleichterung in unbeplanten Innenbereichen (§ 34 Abs. 3b) und sogar vorsichtige Öffnungen im Außenbereich – sofern Umweltbelange beachtet werden. Daneben soll der Umwandlungsschutz verlängert und Lärmschutzkonflikte nach § 216a BauGB geregelt werden.
Das sind die Signale aus der Branche
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe begrüßt den Kurs und lobt die Verbesserungen: Wegfall der Mindestgröße für Projektvorhaben und klare Regelungen zu Lärmschutz schafften endlich "Rechtssicherheit für Wohnprojekte in lärmsensiblen Lagen
Der Hauptverband Deutsche Bauindustrie sieht das Gesetz als „Startschuss“, den Kommunen nun wirtschaftlich nutzen müssten
Auch die Bundesingenieurkammer spricht von einer nötigen Transformation: Weg mit der Bürokratie, her mit ordentlich Schwung in Sanierungs- und Neubauvorhaben.
Die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen spricht von einem „Tropfen auf den heißen Stein“ – Förderprogramme fürs soziale Wohnen fehlen, die Mietpreisbremse droht das Angebot zu verknappen.
Der Immobilienverband Deutschland hält die Verlängerung von Mietpreisbremse und Umwandlungsverbot für kontraproduktiv: „Gaspedal und Bremse zugleich“ führe ins Leere.
Wie es mit dem Bau-Turbo nun weitergeht
Der Gesetzesentwurf hat inzwischen das Kabinett passiert. Vergangene Woche beriet der Bundestag erstmals über das bis zum Jahr 2030 befristete Vorhaben. Voraussichtlich im Herbst wird der Bundestag das Gesetz beschließen. Danach hängt es von Bundesländern und Kommunen ab – sprich: von der Umsetzung vor Ort. Für die Gemeindeverwaltung heißt das: Bedarf erkennen, Flächen bereitstellen, Umweltaspekte abwägen, Fördermittel beantragen, Vergabeverfahren optimieren – um den Turbo wirklich zu starten.
KOMMUNAL-Checkliste für Kommunen - Das können Sie tun!
Aufgabenbereich | Handlungsempfehlung |
---|---|
Planungsrecht | § 246e nutzen: verbindliche 2‑Monats-Fristen setzen, Flächen identifizieren |
Förderprogramme | Sozialen Wohnungsbau intensiv beantragen, Mittel aus Bund/Ländern mobilisieren |
Vergabeverfahren | Flexibles Vergaberecht nutzen, Ausschreibungsprozesse entschlacken |
Umwelt & Beteiligung | Beteiligungsverfahren transparent gestalten, Lärmschutz validieren |
Bestandsentwicklung | Sanierungsoffensive starten, Nachverdichtung vorantreiben |
Monitoring & Reporting | Daten sammeln: Kosten, Flächennutzung, Genehmigungsdauer – Erfolg messbar machen |