Leitartikel
Wohnungsnot: Wir brauchen eine wirkliche Baurechtsreform
Nein, ich werde es mir verkneifen, darüber zu sprechen, dass die Umsiedlung schon häufiger beliebtes Erziehungsmittel war. Fakt ist: Trotz steigender Verdreckung in den Städten steigen die Mieten dort weiter. Nur Fakt ist auch: Im Umkreis von 100 Kilometern etwa rund um München wird es auch nicht viel günstiger. Bundesbauministerin Klara Geywitz hat also wohl eher die Altmark oder die Eifel im Kopf gehabt, als sie für den Umzug aufs Land warb. Nur stellt sich die Frage, welche Zielgruppe sie eigentlich im Sinn hatte. Denn Familien haben mindestens seit zehn Jahren die Vorteile des Landlebens erkannt. Schon vor knapp fünf Jahren hatte ich hier unter der Überschrift „Zieht aufs Land, bevor es zu spät ist“ davon geschrieben, dass die ländlichen Regionen massiven Zuzug junger Familien erleben und dadurch natürlich die Preise ansteigen. Das Land wächst also. In die Stadt will kaum eine Familie. Die Großstädte haben Wachstum – wenn überhaupt – dann nur durch Zuzug aus dem Ausland.
Wohnungsnot lindern mit 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr? Aber nicht unter diesen Voraussetzungen...
Und so hatte die Politik wohl gehofft, es gäbe pro Jahr 400.000 neue billige Wohnungen in den Städten. Finanziert von reichen Investoren. Wobei zwei von drei Vermietern in Deutschland Kleinvermieter sind, 40 Prozent von ihnen Rentner, die unter anderem ihren Lebensunterhalt damit bestreiten. Und die haben in Zeiten hoher Inflation und immer höherer werdenden Bauauflagen wenig Interesse, Wohnungen zu errichten, die in Städten immer häufiger von Menschen gesucht werden, deren Miete vom Amt gezahlt wird. Keine Frage, das sind sichere Mieteinnahmen, aber auch gedeckelt. Wobei noch folgendes Problem bleibt: Wer einmal in einer günstigen Wohnung lebt, zieht nur sehr ungerne in den freien Wohnungsmarkt. Auch dann nicht, wenn er inzwischen gut verdient.
Das Märchen von den Wohnungen im ländlichen Raum...
Bleibt die günstigere Wohnung in der Eifel oder in der Altmark. Ja, hier stehen teils auch Wohnungen leer. Zu folgenden Konditionen können sie vermietet werden: 100 Quadratmeter für 300 Euro kalt, aber 550 Euro Nebenkosten, weil energetisch auf dem Stand der 70er Jahre. Wenn überhaupt. Das sind Wohnungen, die von Liebhabern, die sie kaufen wollen, mit viel Eigenleistung schick saniert werden können. Zumeist wieder Familien, die sich ihren Traum vom Eigenheim samt großem Garten mit Sandkasten und Schaukel verwirklichen wollen. Noch, denn die Kosten steigen auch hier rasant.
Abhilfe soll nun eigentlich die Reform des Baugesetzbuches bringen, wie auch die Bauministerin versprochen hat. Es soll das Bauen schneller und einfacher machen. Und in der Tat gibt es für Städte und Gemeinden auch Verbesserungen. Der große Befreiungsschlag ist das aber nicht, im Gegenteil. Stattdessen enthält die Reform sogar neue Verschärfungen.
Bürger durch das Treiben von Inflation und durch staatliche Eingriffe künstlich arm zu machen, führt zur Pervertierung der Situation.
Die Baurechtsreform? Neue Verschärfungen schaffen keine neuen Wohnungen..
Positiv anzumerken ist in dem Entwurf, dass künftig Gebäude in einigen Regionen erweitert und aufgestockt werden können, ohne dass dafür der Bebauungsplan geändert werden muss. Zumindest in urbanen Regionen macht das Sinn. Außerdem soll einfacher in der sogenannten zweiten Reihe nachverdichtet werden können. Hat also eine Familie einen großen Garten und Platz genug für ein zweites Haus, können die Kinder dort schneller und einfacher bauen. Wobei es hier vor allem in den Speckgürteln schon wieder viele Kommunen gibt, die Mindestgrundstücksgrößen in ihren Satzungen fordern. Damit will man häufig den „grünen Charakter“ der Stadt erhalten.
Abzuwarten bleiben Regelungen wie etwa, dass die Kommunen den Bebauungsplan künftig innerhalb von zwölf Monaten veröffentlichen sollen. „Im Regelfall“ heißt es da im neuen Regelwerk. Denn da waren ja noch die Beteiligungsverfahren, die abgeschlossen sein müssen. Und da wären wir dann wieder bei den bekannten Anwohnern und selbsternannten Umweltschützern, die noch viele Änderungen haben und die Beteiligungsprozesse um Jahre verlängern.
Zunichte macht der neue Entwurf für das “schnelle Bauen” derweil die neue Auflage der sogenannten „Schwammstadt“. So sollen Kommunen künftig die „Schaffung von dezentralen Versickerungsanlagen“ auf einem Grundstück anordnen können oder die Anlage eines Gründaches zur Auflage machen können.
Die staatlichen Eingriffe führen zur Pervertierung der Situation - Aufforderung an die Bauministerin!
Und an der Stelle platzt er wieder, der Traum vom „Schöner Wohnen“ – egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Ein durch Bauvorschriften erzwungenes unbezahlbares Niedrig-Energiehaus ist nicht die Lösung. Auch dann nicht, wenn der Staat versucht, den Druck auf die Menschen durch künstlich in Fantasiehöhen getriebene Energiepreise weiter zu erhöhen. Bürger durch das Treiben von Inflation und durch staatliche Eingriffe künstlich arm zu machen, führt zur Pervertierung der Situation. Oder anders gesagt: Rausverarmen ist keine Lösung! Die Lösung heißt: Günstiger bauen!